Seit 33 Jahren Längster Prozess Düsseldorfs geht bald weiter

Düsseldorf · Im ältesten Prozess, der je am hiesigen Landgericht geführt wurde, steht in vier Wochen der nächste Verhandlungstermin an. Seit 1983, also seit inzwischen 33 Jahren, prozessieren zwei Erben des Arag-Gründers Heinrich Faßbender.

In dem Zivilverfahren geht es um dessen Hinterlassenschaft und um einen Millionenbetrag in noch unbekannter Höhe.

Ursprünglich war der Streitwert dieser Klage unter dem Aktenzeichen 5 O 487/83 noch mit rund 500.000 D-Mark beziffert worden, umgerechnet 255.000 Euro. Am Montag hieß es aus dem Landgericht allerdings, jener Streitwert müsse jetzt "noch angepasst werden".

Wie eine Zeitreise durch die Düsseldorfer Justizhistorie mutet der Millionenstreit inzwischen an. Denn die wahre Prozessgeschichte reicht sogar zurück bis ins Jahr 1966. Damals hatte der Arag-Gründer, Rechtsanwalt und Verleger Heinrich Faßbender, ein Testament aufgesetzt, in dem er verfügte, dass alle Anteile am Konzern nach seinem Tod in einer Hand bleiben sollten. Als Alleinerben setzte er einen seiner Nachkommen ein. Als der Patriarch 1972 starb, begann trotzdem ein angeblich erbittert geführter Streit ums Erbe oder Teile davon. Zehn Jahre suchten die Erben hinter den Kulissen nach einer gütlichen Einigung, doch offenbar vergebens.

Seit 1983 führt das Landgericht nun eine inzwischen üppig gewordene Akte über diesen Erbstreit. Ein anderes Familienmitglied ist nämlich der Ansicht, dass das Testament des Konzern-Gründers unmöglich auch für Arag-Anteile im Ausland wie in Italien, Belgien oder in den Niederlanden gelten könne. Per Zivilklage müsse der Alleinerbe daher verpflichtet werden, rund 15 Millionen Euro an jenes andere Familienmitglied auszuzahlen. Angeboten hat der Beklagte angeblich nur sieben Millionen Euro.

Ende 2010 hatte die damals 91-jährige Witwe des Gründers an beide Seiten appelliert, endlich Ruhe zu geben und 28 Jahre nach dem Tod ihres Mannes Frieden zu schließen. Sie ließ keinen Zweifel daran, dass ihr Mann wirklich alles in einer Hand sehen wollte, auch die Auslands-Anteile. Tatsächlich wurde der Prozess daraufhin für Jahre zum Ruhen gebracht. Ob es in dieser Zeit weitere Einigungs-Versuche gab, ist nicht bekannt.

Dass das Verfahren sich überhaupt derart lange hinzog, lag nicht an der Justiz. So soll die Klage-Seite (wohl mit Rücksicht auf den Familienfrieden) den Prozess gegen den Alleinerben eher halbherzig betrieben haben. Auch gab es nach Gerichtsangaben parallel immer neue Versuche der Streitparteien, doch noch einen gütlichen Kompromiss zu finden. Doch inzwischen ist einer der Sachverständigen, der einst eine Bewertung des gesamten Unternehmensgeflechts vornehmen sollte, an Demenz erkrankt.

Dann ist der Kläger-Anwalt gestorben. Dessen Nachfolger musste sich in die inzwischen immer weiter ausufernden Aktenkolonnen erst einarbeiten. Und jetzt steht ein neuer Sachverständiger bereit, um sich am 19. Oktober zur Teilungsanordnung aus dem Jahre 1966 zu äußern. Ob damit auch ein Schlusspunkt in der Auseinandersetzung in Sicht kommt, gilt aber als zweifelhaft. Mit einer abschließenden Bewertung durch das Landgericht per Urteil ist direkt danach wohl nicht zu rechnen.

(RP)
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