Düsseldorfer Raucher-Prozess Kündigung bei Kochgerüchen? Urteil hat Signalwirkung für Mieter

Düsseldorf · Seit 40 Jahren wohnt Friedhelm Adolfs in seiner Düsseldorfer Wohnung - nun muss der Kettenraucher raus, entschied das Landgericht. Die Berufung des 75-Jährigen wiesen die Richter damit zurück. Doch Adolfs will in Revision gehen.

Friedhelm Adolfs zündet sich eine Zigarette an
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Sein Anwalt misst dem Urteil Signalwirkung bei - für jede Form von Geruchsbelästigung.

Da Adolfs seit 40 Jahren Mieter der Wohnung ist, hat er bis Jahresende Zeit, die Wohnung zu räumen, befand das Gericht in seiner Urteilsbegründung. Die Räumung muss bis spätestens 31. Dezember 2014 erfolgen. Kurz nach dem Urteilsspruch (Az. 21 S 240/13) erklärte der 75-jährige Raucher, er werde Revision einlegen. "Ich will das so nicht hinnehmen." Sein Anwalt Martin Lauppe-Assmann erklärte: "Das Urteil entspricht nicht unseren Erwartungen."

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Das Landgericht ließ die Revision gegen das Urteil beim Bundesgerichtshof zu. Damit wollen die Richter eine grundsätzliche Klärung der Frage ermöglichen, ob die durch das Rauchen eines Mieters verursachten Immissionen innerhalb eines Mehrfamilienhauses einen Kündigungsgrund darstellen können.

"Das Urteil ist eine schlechte Nachricht für Mieter in Deutschland", sagte Anwalt Lauppe-Assmann. Eigentümer könnten sich durch das Urteil ermutigt fühlen, mit verhaltensbedingten Räumungsklagen gegen Mieter vorzugehen. "Sehr vieles spricht dafür, dass wir die Rechtsmittel ausschöpfen", sagte Lauppe-Assmann. Vor einer Entscheidung müsse er das schriftliche Urteil studieren.

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Foto: dpa, ve fpt

Ganz anderer Meinung ist da der SPD-Abgeordnete Lothar Binding. Er begrüßt das Urteil im Düsseldorfer Raucher-Prozess. "Das ist ein gutes Urteil, weil es versucht, eine wichtige Grenzziehung zu finden", sagte Binding unserere Redaktion. "Rauchen bleibt ja auch weiterhin in der Wohnung erlaubt. Aber Nachbarn dürfen davon nicht beeinträchtigt sein", so Binding, der sich für den Nichtraucherschutz engagiert. Erfolgsaussichten einer möglichen Revision vor dem Bundesgerichtshof sieht er nicht. "Ich glaube, dass eine Revision vor dem Bundesgerichtshof scheitern dürfte." Binding ist Mitglied im erweiterten Vorstand der SPD-Bundestagsfraktion und im Mieterbund. In dieser Funktion sagte er: "Auch aus Sicht des Mieterbundes ist das ein richtiges und wichtiges Urteil. Schließlich geht es um den Schutz Unbeteiligter. Insofern war es ein guter Tag für die Mieter."

Kettenraucher gut gelaunt am Morgen

Friedhelm Adolfs klagt in zweiter Instanz
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Foto: dpa, Rolf Vennenbernd

Am Morgen erschien Adolfs mit seiner 67-jährigen Lebensgefährtin, ebenfalls Raucherin, gut gelaunt am Landgericht an der Werdener Straße. Nach dem Urteilsspruch verfinsterte sich seine Miene sofort. Nach 40 Jahren muss er seine Wohnung verlassen. Ein Zusammenzug mit seiner Partnerin sei wohl keine Option, da auch sie nur in einer kleinen Wohnung lebt.

Das Gericht befand, das Rauchen eines Mieters in seiner Wohnung stelle für sich genommen kein vertragswidriges Verhalten dar und könne dementsprechend weder eine fristlose noch eine ordentliche Kündigung rechtfertigen.

Gericht: Mieter fördert Geruchsbelästigung

Adolfs habe jedoch einen schwerwiegenden Pflichtverstoß begangen: Der Rentner habe nicht versucht zu verhindern, dass Zigarettenrauch in den Hausflur zieht. Er habe die Geruchsbelästigung sogar noch gefördert, indem er seine Wohnung unzureichend gelüftet und seine zahlreichen Aschenbecher nicht geleert habe.

Sollte dieser Richterspruch rechtskräftig werden, weist Adolfs' Anwalt Lauppe-Assmann ihm eine weitreichendere Bedeutung zu: "Das ist auch ein Urteil gegen die Menschen, die aufgrund ihrer Herkunft oder kulturellen Ausrichtung Kochgerüche verbreiten, die von anderen Menschen als Geruchsbelästigung empfunden werden können."

Urteil mit Signalwirkung?

Auch nach dem Urteil bleibt das Rauchen in der Wohnung nach Einschätzung des Deutschen Mieterbundes grundsätzlich gestattet. "Rauchen in der Mietwohnung verstößt nicht gegen den Mietvertrag und bleibt weiterhin erlaubt", erklärte der Mieterbund-Direktor Lukas Siebenkotten in Berlin.

Und doch: Dieses Urteil werde Signalwirkung haben, über das Rauchen hinaus, glaubt Lauppe-Assmann: So könnten dann auch Mieter eines Hauses, die sich durch Kochgerüche oder andere Ausdünstungen belästigt fühlen, den Gang vors Gericht anstreben.

Im Berufungsverfahren vor dem Landgericht hatte der 75-jährige Adolfs bestritten, vor der Kündigung mehrfach mündlich abgemahnt worden zu sein. Adolfs' Verteidiger erklärte: "Das Gericht hält die mündlichen Abmahnungen der Vermieterin offenbar für rechtmäßig."

Das Amtsgericht hatte der Eigentümerin Recht gegeben und im vergangenen Sommer in einem viel beachteten Urteil entschieden, dass der Rentner nach 40 Jahren ausziehen muss. Das Landgericht verhandelte den Fall nun in zweiter Instanz.

Als Warnschuss für Millionen Raucher verursachte bereits das erstinstanzliche Urteil erhebliches Aufsehen. Adolfs wurde seinem Anwalt zufolge zum "zweitbekanntesten Raucher nach Helmut Schmidt".

(RP/mit Material von afp/dpa)
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