Hochhäuser in Düsseldorf Landtagsbüros statt Wohnen am Rhein

Zwölf Teams haben teils sechsstellige Summen investiert, um beim Wettbewerb um die Wohnhochhäuser am Rheinturm eine Chance zu haben. Der Landtag protestierte bei der Stadt - und erhält jetzt vielleicht den Zuschlag.

 Übersicht über die markanten Gebäude neben dem Landtag.

Übersicht über die markanten Gebäude neben dem Landtag.

Foto: Nellessen/Grafik: Zörner

Bekommt der Landtag ein Reservegrundstück für Ausbaupläne an der Stelle, wo die Stadt gerade Wohnhochhäuser plant? Alle Zeichen deuten daraufhin, dass dem Drängen von Landtagspräsidentin Carina Gödecke (SPD) nachgegeben wird. Sie hatte im November einen fünfseitigen Brandbrief ins Rathaus geschickt. Gödecke sprach Platz- und Verkehrsprobleme sowie Terrorgefahr an, da von den Wohnhäusern aus das Parlament attackiert werden könnte. Oberbürgermeister Thomas Geisel sagt jetzt: "Wenn das Land bereit ist, einen erzielbaren Preis zu bezahlen, dann kann es ein Mitbewerber sein." Das hieße am Ende vermutlich: Es wird nichts mit dem Wohnen am Rheinturm. Geisel selbst hatte die Wohnpläne voriges Jahr auf der Immobilienmesse Mipim in Cannes präsentiert.

Die Wende zum Land ist erwartbar, aber auch spektakulär. Erwartbar, weil das Land unmittelbarer Nachbar ist und dort die Verwunderung groß war, nicht in die Überlegungen der Stadt einbezogen worden zu sein. Spektakulär, weil die Stadt über ihr Unternehmen Industrieterrains Düsseldorf-Reisholz (IDR), eine hundertprozentige Tochtergesellschaft, einen Wettbewerb ausgerufen hatte. Daran beteiligten sich zwölf Teams, die jeweils aus einem Architekturbüro und einem Entwickler bestanden. Darunter waren große Namen wie Daniel Libeskind, der den Kö-Bogen geplant hat, oder Hadi Teherani. Vier Teams sind im Finale, in Kürze soll es eine Entscheidung geben.

Dieser Wettbewerb wäre Makulatur, wenn man nun dem Land den Zugriff auf das 3000 Quadratmeter große Grundstück ermöglichte. Die Wohntürme werden als Gesamtprojekt auf 100 Millionen Euro geschätzt, für das Grundstück sind nach Informationen unserer Redaktion bis zu 32 Millionen Euro geboten worden. Diese Summe müsste das Land nun aufbringen, hat aber Brancheninsidern zufolge bislang "nur" 20 Millionen Euro aufgerufen.

Eine andere Variante wäre eine Grundstücksrochade. So erwog man, das Rheinturm-Areal gegen das Finanzministerium an der Jägerhofstraße zu tauschen. Dessen Umzug zur Haroldstraße könnte aber frühestens 2021 erfolgen, weil im dortigen alten Innenministerium jetzt erst einmal Düsseldorfs Polizeizentrale eingerichtet wird - das Präsidium wird saniert. Da diese Zeitpunkte zu weit auseinanderliegen und die IDR schon am liebsten im Dezember eine Entscheidung für das Wohnprojekt gehabt hätte, wird nun diskutiert, ob nicht das Land das Areal am Rheinturm erwirbt.

 Simulation von Ingenhoven: Die Wohntürme dürfen bis zu 60 Meter hoch gebaut werden.

Simulation von Ingenhoven: Die Wohntürme dürfen bis zu 60 Meter hoch gebaut werden.

Foto: ingenhoven architects

Auf Landesseite verhandeln Landtagspräsidentin und Finanzminister mit der Stadt. Während Gödecke aktuell keine Stellungnahme abgeben möchte, ist Geisel das Interesse des Landes nicht unbekannt und er sagt, das Areal sei für dessen Interessen "tauglich". Markus Raub, Fraktionschef der SPD im Rathaus, meint, "als Nachbar ist das Land im Spiel", man könne dessen Interesse nicht ignorieren. Raub macht hinter die Wohnpläne zudem ein Fragezeichen, weil die meisten Bewerber die Vorgaben zum preiswerten Wohnen nur unzureichend umgesetzt hätten. Raubs CDU-Pendant Rüdiger Gutt wundert sich, dass das Land nicht früher die Hand gehoben hat, "die Wohnpläne sind alt und die Neuordnung des Regierungsviertels steht doch an". Gutt hält die Wettbewerbsentwürfe insgesamt für "zu voluminös an dieser Stelle" und verweist auch auf die Ablehnung der 60-Meter-Komplexe durch Anwohner und die zuständige Bezirksvertretung.

Seit Jahren hat der Landtag Platzprobleme. Bei der Landtagswahl 2012 erhöhte sich die Zahl der Abgeordneten durch Überhang- und Ausgleichmandate von 181 auf 237. Da der Platz im Landtag nicht reicht, wurden in Bürogebäuden an der Lippestraße und am Fürstenwall 120 Büroräume angemietet. Dort sind zurzeit auf 5600 Quadratmetern 180 Personen untergebracht. Zudem fehlen Sitzungs- und Veranstaltungsräume.

Für die Bewerberteams des Wohnvorhabens ist die Entwicklung ernüchternd. "Wenn ich das gewusst hätte", so Stefan Mühling (Kö-Bogen), "dann hätte ich nicht teilgenommen und mir eine sechsstellige Ausgabe erspart." Es ist auch unwahrscheinlich, dass einer der teilnehmenden Architekten bei einer Landtagserweiterung zum Zuge kommt. Die Düsseldorfer Planer des Büros Eller + Eller haben bessere Chancen - sie schmücken sich nicht umsonst mit den Plänen des Landtagsneubaus auf ihrer Homepage.

(ujr)
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