Rosenmontagszug in Köln Liebe Kölner, bleibt einfach bei den Fußtruppen!

Meinung | Düsseldorf · In Köln wurden am Freitagvormittag die Entwürfe für die politischen Wagen beim Rosenmontagszug vorgestellt. Unsere Autorin - Düsseldorferin und Karnevalistin - hat einen Appell an die Nachbarn: Lasst es einfach bleiben. An uns kommt ihr sowieso nicht ran.

Rosenmontag 2018 in Köln: Entwürfe der Mottowagen für den Rosenmontagszug
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Entwürfe der Mottowagen für den Rosenmontagszug 2018 in Köln

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Foto: Festkomitee Kölner Karneval/dpa

Liebe Kölner,

eigentlich könnt ihr Karneval doch. Das erkennen wir Düsseldorfer neidlos an. Die Stimmung bei Euch im Straßenkarneval - super. Die ganze Stadt ist zwischen Altweiber und Aschermittwoch ein buntes Meer gut gelaunter Jecken, und auch ich habe mich dafür schon mehrfach in die verbotene Stadt gewagt. Eines aber könnt Ihr nicht, und zwar so gar nicht: bissig bösen, politischen Karneval im Zoch.

Fassungslos habe ich mir Eure diesjährigen Entwürfe angeschaut und frage mich seitdem unentwegt: Ist das Euer Ernst? Schweinchen, die die #MeToo-Debatte um sexuelle Belästigung von Frauen thematisieren, tanzende Eisbären gegen den Klimawandel und Kim Jong Un, der eine Atomrakete wie bei Dirty Dancing in die Luft hebt? Was bitte ist die Botschaft dahinter? Und wieso sollte das witzig sein?

Eure Wagen sind weder witzig, noch klug, noch schön

Denn das sollen Mottowagen doch sein: ernst und witzig. Satire eben. Eure Wagen greifen ernste Themen auf, keine Frage. Aber Karikatur, wie es Euer Zugleiter Alex Dieper am Freitagmorgen so nett angekündigt hat, sieht anders aus. Frischer. Böser. Ich bin echt enttäuscht: Ihr habt den größten Karnevalszug im Rheinland. Und jedes Jahr sind Eure Wagen weder witzig, noch klug, noch - wichtiger Faktor: schön anzusehen.

Gut, Ihr habt es auch nicht leicht: Wir haben Tilly. Der ist ja sowas wie der Picasso des Winterbrauchtums und - nehmt es mir nicht krumm - Eure Kreativen erinnern eher an die Teilnehmer eines Malen-nach-Zahlen-Einsteiger-Kurses. Jacques Tilly, Kopf hinter den Düsseldorfer Mottowagen, ist nicht nur kreativer als Ihr, seine Wagen sehen auch viel schöner aus - mit den typischen, riesigen Gesichtern, Augen und Mündern der Protagonisten, der klaren Form, den bunten Farben.

Ihr greift der Freiheitsstatue unter den Rock, wir vergreifen uns an ihr

Und Tilly ist auch sehr viel mutiger als Ihr. Ich meine: Vergleicht doch nur mal euren Trump-Wagen aus dem vergangenen Jahr mit unserem Trump-Wagen. Ihr greift der Freiheitsstatue unter den Rock. Wir vergehen uns an ihr — und zum Dank reißt die Freiheitsstatue Trump sogar den Kopf ab. Das ist mutig, das ist sogar ein bisschen drüber. Aber genau das ist politischer Karneval.

Und noch etwas: Wieso zum Teufel stellt Ihr eigentlich eure Mottowagen schon zweieinhalb Wochen vor dem Rosenmontag vor? Wer macht denn sowas? Tilly hält das, was er baut, bis zum Rosenmontagmorgen geheim. Heute haben wir keine Ahnung, was da in zwei Wochen aus der Wagenbauhalle rollt. Wir ahnen aber: Es wird groß.

Ich meine: Was macht Ihr denn in Sachen GroKo? Einen Wagen mit Schulz und Merkel habt Ihr schon, dabei gehen die Koalitionsverhandlungen doch gerade erst los! Herrlicher karnevalistischer Stoff erwartet uns da in den nächsten zwei Wochen, und Tilly steht bereit: Wenn es einen großen Kracher gibt, wird er alles daran setzen, noch einen neuen politischen Mottowagen zu bauen. Bis zur letzten Minute wird er daran arbeiten. Unermüdlich.

Weltweite Aufmerksamkeit ist ihm dafür gewiss. Unseren Theresa-May-Brexit-Wagen haben wir bereits an die Briten für Demos ausgeliehen. Wir waren in London. Mit einem Karnevalswagen. Die BBC war schon bei uns zu Gast und hat einen Beitrag über Tilly gedreht. Die Bilder unserer Wagen gehen um die Welt. Die Bilder eurer Wagen schaffen es gerade so über den Rhein.

Ich will jetzt aber auch nicht zu gemein sein. Ihr habt es schwer. Ihr habt keinen Tilly, und Düsseldorf ist natürlich sehr viel bedeutsamer als Köln. Landeshauptstadt und so. Ihr wisst schon. Ich will nicht weiter darauf rumreiten.

Ich möchte Euch aber einen Rat geben, der von Herzen kommt. Lasst das einfach mit den Mottowagen. Es hat keinen Zweck. Uns werdet Ihr niemals das Wasser reichen können. Und das ist auch gar nicht schlimm: Die Stimmung bei Euch ist super, und im Zoch seid Ihr echt in Geberlaune. Meine Güte, was habe ich da schon Kamelle nach Hause geschleppt (und das, obwohl ich "Helau" gerufen habe)! Eure Fußtruppen sind bunt, Eure Musikkapellen so richtig schön laut — was wollt ihr mehr? Schuster, bleib bei Deinen Leisten. Es ist das Beste für uns alle.

(lai)
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