Flüchtlinge in Düsseldorf Lichtenbroicher fürchten Überforderung

Düsseldorf · In dem Stadtteil sollen an drei Standorten demnächst rund 1000 Flüchtlinge untergebracht werden - ein Fünftel aller Flüchtlinge in Düsseldorf. Die Bürger machen sich Sorgen, ob die Integration im strukturschwachen Stadtteil gelingt.

 Christiane Kirschey,Andreas Beier und Gerd Weber (v.l.) an der Stelle, an der in ihrer direkten Nachbarschaft ein Wohncontainer stehen soll

Christiane Kirschey,Andreas Beier und Gerd Weber (v.l.) an der Stelle, an der in ihrer direkten Nachbarschaft ein Wohncontainer stehen soll

Foto: David Young.

Mit 5500 Bewohnern zählt Lichtenbroich zu den kleineren Stadtteilen in Düsseldorf. Nun sollen demnächst rund 1000 Flüchtlinge dazukommen. In dem Ort, der in weiten Teilen durch Wohngebiete mit Einfamilienhäusern geprägt ist, sorgt das für Unmut. Die Lichtenbroicher fürchten, dass die Infrastruktur in ihrem Stadtteil, der erst in den 1950er Jahren entstand, dafür nicht reicht. "Hier gibt es jetzt schon zu wenige Freizeitangebote, nur einige Vereine und nur eine Grundschule. Wie will man bei solchen Voraussetzungen so viele Menschen integrieren?", fragen sich viele.

Lichtenbroich hat ein kleines Einkaufszentrum und auch einen Wochenmarkt. Doch die einst benachbarte evangelische Kirchengemeinde mit ihrer Jugendarbeit wurde geschlossen. Es gibt keinen Versammlungsort oder einen Veranstaltungssaal, die Jugendfreizeiteinrichtung ist seit Jahren stark sanierungsbedürftig. In Nachbarstadtteile auszuweichen, ist auch nicht für jedermann einfach, denn die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sei ebenfalls schlecht, heißt es.

Von der kleinen Ortsmitte ein paar hundert Meter entfernt, sollen nun drei Unterkünfte für Flüchtlinge entstehen. Andreas Beier hält das für unklug. Die Unterkünfte lägen zu dicht beieinander, sagt er. "Ich habe Verständnis für die Flüchtlinge, schließlich ist mein Vater auch im Krieg auf der Flucht gewesen, und er hat immer wieder von dieser schweren Zeit erzählt. Aber warum soll Lichtenbroich allein rund 19 Prozent aller Flüchtlinge in Düsseldorf aufnehmen?"

Am Kieshecker Weg, wo auch Aldi eine Filiale betreibt, ziehen derzeit nach und nach Flüchtlinge ein. 292 sollen dort ein Zuhause finden. Die ersten sind längst da, aber das haben einige im Stadtteil noch gar nicht wahrgenommen. "Ich habe keine Ahnung, ob da schon jemand wohnt", sagt eine Kassiererin in dem Discounter. Kundin Martha Klein hält den Standort für wenig problematisch. "Das ist ja hier gefühlt nicht mehr Lichtenbroich", sagt sie. Denn zwischen der Ortsmitte und der Unterkunft liege ja die Bahnlinie. Sie könne sich gut vorstellen, dass sich die Bewohner deshalb auch nach Unterrath hin orientieren. Und weil der Standort im Gewerbegebiet liegt, würden auch Anwohner nicht gestört.

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Foto: dpa, fg jai

Der Standort am Franz-Rennefeld-Weg bietet ähnliche Voraussetzungen. Das Areal liegt hinter der Sportanlage der SG Unterrath 12/24 in der Nähe eines Baumarkts. Direkte Anlieger gibt es dort nicht. Ein älterer Herr, der dort spazieren geht, glaubt dennoch nicht, dass sich die rund 260 Flüchtlinge, die dort wohnen sollen, im Abseits fühlen. Schließlich sei das Stadtteilzentrum schnell erreichbar. "Wenn die sich benehmen und die benachbarten Grünanlagen nicht verwüsten, finde ich die Pläne in Ordnung", sagt er. "Aber nur, wenn dafür andere Standorte wegfallen."

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Foto: Dieter Weber

Andreas Beier wohnt unmittelbar in der Nähe des dritten geplanten Standorts In der Nießdonk/Am Kirschbaum. Direkt an die Gärten der Einfamilienhäuser dort werden den Plänen zufolge die Wohnmodule angrenzen, in die bis zu 496 Flüchtlinge einziehen sollen. Beier und seine Nachbarn sind entsetzt. "Bisher hat die Stadt selbst gesagt, dass sie keine großen Unterkünfte will, weil das zu einer Ghetto-Bildung führen kann", sagt Beier. "Das hier ist viel zu groß geplant."

(brab)
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