Düsseldorf "Medienhafen ist Vorzeigeprojekt"

Düsseldorf · Beigeordneter Gregor Bonin und Planungsamtsleiter Richard Erben sprechen über die Ausstrahlungskraft des modernen Viertels für den Standort Düsseldorf, die Urbanität durch neue Wohnhäuser, Architektur als Kulturform und den natürlichen Wandel der Nutzung.

Planungsamtsleiter Richard Erben (l.) und Beigeordneter Gregor Bonin sind froh, dass die Entwicklungskonzepte für den Medienhafen aufgegangen sind.

Planungsamtsleiter Richard Erben (l.) und Beigeordneter Gregor Bonin sind froh, dass die Entwicklungskonzepte für den Medienhafen aufgegangen sind.

Foto: Bußkamp, Thomas

Herr Bonin, Sie haben Ihr Büro nicht im Rathaus, sondern im Medienhafen. Ist dieses Privileg der Lohn für erfolgreiche Planungspolitik?

Bonin (lacht) Das müssen andere beurteilen. Richtig ist aber, dass das Planungsdezernat an einem Ort ist, der die Planungskultur in Düsseldorf darstellt. Die Umstrukturierung des Hafens ist ein Vorzeigeprojekt, das weit über Düsseldorf hinaus Beachtung findet. Im Medienhafen ist die wirtschaftliche Stärke abzulesen und das erkennbare Bestreben, Architektur als Kulturform für eine Stadt zu nutzen.

Fühlen Sie sich von der Atmosphäre des Hafens inspiriert?

Bonin Unbedingt. Wenn man als Planer sieht, dass hier Konzepte umgesetzt worden sind, die sonst oft leider in der Schublade liegenbleiben, ist das anregend. Und die hervorragende Lage direkt am Wasser, nicht weit entfernt von Königsallee und im Schatten der Industrie, ist reizvoll und inspirierend.

Herr Erben, Sie haben miterlebt, wie 1990 die ersten Gebäude des Medienhafens errichtet wurden. Haben Sie damals mit dieser Entwicklung gerechnet?

Erben Sicher nicht mit dieser Dynamik, mit der sich der alte aufgegebene Hafen zu einem neuen Viertel gewandelt hat. Es hat ein unglaubliches Potenzial, das unbedingt genutzt werden muss.

Welches Konzept steht hinter der Umwandlung von Teilen des Hafengebietes?

Erben Grundlage war die Erkenntnis in den 1970er Jahren, dass der Hafen zu groß war. Ein Gutachter empfahl, die ältesten Teile des Hafens — Berger- und Zollhafen — aufzugeben. Die Empfehlung überlagerte sich mit der Entscheidung, den Landtag an den Rhein zu verlegen. Diese Entscheidung hat Geschichte gemacht, weil in einer ersten Freistellungsphase der Bergerhafen zugeschüttet und dort Landtag, Rheinturm und das WDR-Landesstudio gebaut wurden.

Bonin Damit war auch links und rechts neben dem Landtag Qualität verlangt. Die Rheinuferstraße wurde tiefergelegt und auf der anderen Seite der Medienhafen gebaut.

Warum ein Medienhafen?

Erben Der WDR hatte dort gebaut, und RTL hatte sich damals in einem alten Gebäude eingenistet. Diese Ansätze sollten weiter entwickelt und durch ergänzende Nutzungen wie Studios, Produktionstechnik und zugehörige Dienstleistungen angereichert werden.

Aber die Medien haben heute mit Antenne Düsseldorf, Focus und dem Kanal QVC nur einen geringen Anteil. Ist das ein Rückschlag?

Bonin Das ist nicht zu erkennen. Die Vielfalt der Anfragen zeigt, dass der Standort mit seiner Gestaltung gut ist. In drei weiteren Phasen wurden Flächen des Hafens für neue Nutzung freigestellt. Es sind das Gebiet entlang der Hammer Straße und Hafenbecken, dann die Speditionstraße und zuletzt der Bereich Kesselstraße. Der Medienhafen ist eine Meile der Kreativen mit Mode, Architekten, Werbe-Agenturen. Der Branchenmix schafft die Sicherheit, dass nicht plötzlich Gebäude leerstehen. Der Hafen ist mit seiner außergewöhnlichen Architektur ein lebendiges und attraktives Viertel.

Kritiker sagen, dass die Gebäude des Medienhafens wie eine bunte Spielwiese für Architekten wirken.

Erben In diesem Zusammenhang wird oft der Hamburger Hafen mit seiner einheitlichen Architektur genannt. Aber in Düsseldorf waren die Voraussetzungen anders. Hier im Hafen gab es keine einheitliche Ziegelarchitektur, sondern die Architektur der Gebäude war bunt gemischt. Lagerhallen und Silogebäude waren unterschiedlich gestaltet. Dieser Eindruck sollte durch eine bunte Vielfalt der modernen Häuser erhalten bleiben.

Der Zufall war programmiert.

Erben Nein. Es wurde ein Bebauungsplan mit ruhigen, klaren Strukturen entwickelt. In diesen Strukturen wurden dann mit Architekten und Investoren die einzelnen, individuellen Einzelprojekte entwickelt. Sie sind, wie beabsichtigt, sehr verschieden, fügen sich aber zu einer Gesamtstruktur. Die Vielfalt ist gelungen. Die Silhouette der Hochhäuser ist harmonisch.

Kritisiert werden auch die schmalen, engen Straßen.

Bonin Wir wollten aber im Hafenviertel auch keine Tabula rasa machen, sondern Erinnerungen an das Hafenviertel mit seinem Straßennetz und den Krangleisen wachhalten. Hierzu gehört auch die Dimensionierung der Straßen.

Erben Es gab auch einen pragmatischen Grund. Denkmalgeschützte Bauten wie das schöne Haus Kaistraße 3 standen genau zwischen zwei Straßen. Es war sinnvoll, das Straßenraster zu erhalten.

Vermisst wird auch das Wohnen im Hafen.

Bonin Wohnen im Hafen ist ein langgehegter Wunsch, schon in den 80er Jahren wurde überlegt, an der Stelle der Gehry-Bauten Wohnhäuser zu bauen. Der Wunsch kann jetzt auf der Speditionstraße erfüllt werden.

Erben Hinter der Diskussion um Wohnen im Hafen steht die Frage, wie Urbanität entsteht. Eine Vermischung mit dem Wohnen gehört dazu. Die war aber in der Entstehungszeit nicht möglich, weil an der Hammerstraße und auf der Speditionstraße noch Industriebetriebe arbeiteten. Für die Urbanität rückte dann Freizeitgestaltung in den Fokus. Deshalb wurde das Multiplex-Kino gebaut. Diskotheken kamen nach. Und die Gastronomie machte sich an der Hammer Straße breit und verzahnte sich mit dem Hafen.

Wohnen im Hafen wurde als Nutzung dann doch festgelegt. War der Konflikt mit der Hafenwirtschaft einkalkuliert?

Bonin Wir haben in Gesprächen mit der Hafenwirtschaft gelernt, dass — selbst wenn es rechtlich regelbar ist — die Industrie Klagen der Anwohner befürchtet. Es gibt nun den Kompromiss, in ausreichender Entfernung auf der Speditionstraße Wohnen zuzulassen. Für die näher gelegene Kesselstraße werden andere Nutzungen gesucht.

An anderer Stelle wird Urbanität aber geringer. Die Diskotheken schließen.

Erben Der Wegzug der Diskotheken darf nicht überbewertet werden. Oft führt auch das individuelle Geschäftskonzept zu einer Veränderung. Wandel ist normal. So war das Fischhaus Maassen in der Anfangszeit ein Pionier für die Hafengastronomie. Es wurde geschlossen. Für den Hafen war das aber nicht dramatisch.

Was war bei der Hafenentwicklung eine große Überraschung für Sie?

Bonin Die Vision des Werbefachmanns Thomas Rempen für ein herausragendes Gebäude am Hafen. Er hat mit großem Engagement die Gehry-Bauten durchgesetzt.

Erben Sie sind für die öffentliche Wahrnehmung von Düsseldorf unschätzbar. Die Gehry-Bauten werden mit Düsseldorf verbunden wie die Tower-Bridge mit London oder der Dom mit Köln.

Michael Brockerhoff führte das Gespräch.

(RP/anch/top)
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