Düsseldorf "Mein Lebensmotto: Niemals aufgeben"

Düsseldorf · Alessio (24) leidet an einer unheilbaren Muskelerkrankung. Trotzdem genießt er sein Leben und will anderen Mut machen. Jetzt ließ er sich sein Motto tätowieren. Mit dabei sein ziemlich bester Freund Andreas Vogt.

 Tätowierer Oliver hat Alessio Lunetto (Mitte) "Niemals aufgeben" auf den Arm geschrieben. Andreas Vogt (links) unterstützt den 24-Jährigen.

Tätowierer Oliver hat Alessio Lunetto (Mitte) "Niemals aufgeben" auf den Arm geschrieben. Andreas Vogt (links) unterstützt den 24-Jährigen.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Sie sind "ziemlich beste Freunde", obwohl sie auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein könnten: Alessio Lunetto (24) ist ein junger Mann, der die Fortuna, Rap-Musik, Actionfilme und Comedy liebt. Seit seinem sechsten Lebensjahr leidet er an der seltenen, unheilbaren Duchenne-Krankheit, die nach und nach all seine Muskeln schwächt. Mit 13 Jahren saß er im Rollstuhl, mittlerweile kann er sich nicht mal selbst die Haare kämmen. Und Andreas Vogt (50), der ebenfalls die Fortuna, Rap-Musik, Actionfilme und Comedy liebt und dessen beeindruckende Muskeln verraten, dass er außerdem regelmäßig seine Fitness trainiert, ist der ehrenamtliche Begleiter von Alessio - Freizeit-Manager würde vielleicht eher passen. Und ein Freund, der gelegentlich auch Träume erfüllt.

Ein Tattoo-Studio an der Corneliusstraße vergangene Woche. Alles ist bereit für Alessio, der sich schon lange eine Tätowierung wünscht und ganz genaue Vorstellungen hat, wie die auszusehen hat. "Niemals aufgeben" soll unauslöschlich auf seinem rechten Unterarm stehen, eine Botschaft für andere, aber auch für ihn selbst. "Das ist mein Lebensmotto", sagt er, "aber ich will es nicht nur denken, ich will es auch sehen." Dieser Satz ist eine Mischung aus Durchhalteparole und Motivationshilfe. Gibt's einen besseren Grund für ein Tattoo?

Während Alessio auf die unterschiedlichen Entwürfe für sein neues Hautbild wartet, berichtet er von seinem Leben, seiner Kindheit: Bis er in die Schule ging, war er ein ganz normal entwickelter Junge. Aber plötzlich konnte er mit den anderen nicht mehr mithalten, stolperte oft, hatte Schmerzen in den Beinen. Schließlich brachte die Diagnose Gewissheit: Er leidet an der Muskelerkrankung Duchenne. Die Ärzte sagten seiner Mutter, dass er wohl kaum noch länger als zehn, vielleicht zwölf Jahre leben würde. Doch Alessio ging erst mal zur Schule, schaffte seinen Abschluss und arbeitete eine Zeit lang in einer Behindertenwerkstatt. Bis auch die Muskelkraft in seinen Händen immer mehr nachließ.

"Er ist ein ausgesprochen lebenslustiger junger Mann", bestätigt sein Freund Andreas Vogt. Neulich begleitete er Alessio zu dessen erstem Rockkonzert nach Köln. Aus Sicherheitsgründen durfte er mit seinem Rollstuhl nicht mittendrin sitzen, sondern musste ganz nach hinten. Aber an solche Stolpersteine ist er längst gewöhnt. "Ich hab's trotzdem genossen." Wie auch die Kinoabende mit Andreas, an denen die beiden meist ganz vorn sitzen müssen - Genickstarre inbegriffen. So haben sie auch "Ziemlich beste Freunde", den Filmhit über einen Mann im Rollstuhl und seinen Betreuer gesehen. Und viele Parallelen zu ihrer eigenen Freundschaft entdeckt.

Die beiden sind viel unterwegs, mal im Stadion bei Fortuna, mal im Rheinturm mit einem Cocktail zum Sonnenuntergang - wobei das Wort "Happy hour" eine ganz neue Bedeutung bekommt. Und immer wieder treffen sie auf Menschen "mit Herz und Verständnis." Der Komiker Atze Schröder, dessen Auftritt die Freunde im April 2015 auf keinen Fall verpassen wollen, hat Alessio hinter die Bühne eingeladen. Und die Aktion "Kinderwünsche" spendierte ihm neulich einen Helikopter-Rundflug über Düsseldorf. Danach erfuhr er von den Hooligan-Krawallen in Köln am selben Tag und meinte kopfschüttelnd: "Ich versteh' das nicht, die sind kerngesund und schlagen sich die Köpfe ein. Die müssten mal eine Woche in meinem Rollstuhl sitzen." Welche Träume würde er sich gern erfüllen? Da ist es wieder, dieses optimistische Lachen. "Eigentlich hab' ich ja alles." Aber dann fällt ihm doch was ein: "Ich würde mich so gern verlieben." Pause. "Aber ich bin ja noch jung."

(RP)
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