Kabarettist Dieter Nuhr im Interview „Meine Frau ist das härteste Publikum“

Düsseldorf · Kabarettist Dieter Nuhr über sein neues Programm "Nuhr unter uns", das er im Januar in Düsseldorf präsentiert. Der 52-Jährige erklärt, was ein guter Scherz haben muss, er berichtet von seiner Leidenschaft für die Fotografie und verrät, wann ihm die besten Ideen kommen.

Als Rheinländer fühlt man sich bei dem Titel des aktuellen Programms von Dieter Nuhr gleich angesprochen: "Nuhr unter uns" — damit sind sicher wir gemeint, denn der Kabarettist wohnt schließlich mitten unter uns. Und er kündigt an, auszusprechen, was andere oft nicht mal zu denken wagen.

Man darf also auf das Heimspiel des 52-Jährigen am 17. Januar 2013 in der Düsseldorfer Mitsubishi Electric Hall gespannt sein — im Interview gibt er schon einmal einen Vorgeschmack darauf.

Sie sind Rheinländer, in Wesel geboren und in Düsseldorf aufgewachsen. Mögen Sie den typischen rheinischen Frohsinn — und wie sieht der überhaupt aus?

Dieter Nuhr Ich mag es ganz gerne, wenn nach der Pointe die Kapelle nicht gleich ein Tataaa anstimmt! Ansonsten liegt mir das Rheinische. Es ist bei uns im Rheinland lustiger als in Saudi-Arabien oder Nordkorea, soweit ich das beurteilen kann. Der Rheinländer lacht ja oft grundlos und ohne genau zu wissen, worüber. Das ist prima.

Ist die Region Düsseldorf der beste Ort zum Leben — oder wohnen Sie mit Ihrer Familie nur hier in Ratingen, weil der Flughafen so nah liegt?

Nuhr Ich wohne in Ratingen aus tiefer Überzeugung. Die Skigebiete sind großartig, und sie liegen nur knapp 700 Kilometer entfernt. Mit dem Flugzeug ist man in acht Stunden in New York. Ratingen liegt sehr zentral. Und dass es auch hübsch ist, sage ich nicht weiter, sonst wollen alle hier wohnen.

Haben Sie inzwischen ein sicheres Gespür dafür, welche Geschichten beim Publikum ankommen — und wie probieren Sie aus, ob Sie tatsächlich richtig liegen?

Nuhr Ich lese das Ganze meiner Frau vor. Sie ist das härteste Publikum, das ich kenne. Danach geht es in die Öffentlichkeit, also aufwärts.

Sie gelten als Philosoph unter den Kabarettisten. Was kennzeichnet einen guten Scherz? Und würden Sie für einen solchen — natürlich auch im übertragenen Sinne — Ihre Großmutter verkaufen?
Nuhr Meine Großmütter sind beide schon verstorben, da ließe sich selbst bei Ebay nicht mehr allzu viel erzielen. Sie wurden deshalb im beiderseitigen Einvernehmen begraben. Die Frage stellt sich also nicht mehr. Ein guter Scherz darf übrigens gerne auch ein bisschen makaber sein. Das ist Geschmackssache.

Wo kommen Ihnen die besten Ideen — in der Badewanne vielleicht, im Bus, im Schlaf?
Nuhr Im Schlaf. Leider vergesse ich die besten Pointen beim Aufwachen wieder. Sehr ärgerlich! Deshalb muss ich mir meine Witze mit dem Kartoffelmesser schnitzen. Das ist pures Handwerk. Selten benutze ich auch die Säge oder das Schweißgerät. Man muss ja auch mal ein bisschen Lärm machen.
Wünschen Sie sich manchmal, nicht immer allein auf der Bühne zu stehen — und was müsste ein idealer Partner beziehungsweise eine Partnerin für einen Auftritt mitbringen?
Nuhr Ich habe Auftritte mit mehreren Leuten hinter mir und halte mich heute für den geborenen Solisten. Der ideale Partner für mich ist stumm und unsichtbar.

Vom Kabarettisten zum Quizmaster — ist mit der Fernsehsendung "Null gewinnt" jetzt der Weg zu einer neuen Karriere geebnet?

Nuhr Keinesfalls. Ich mache das aus Spaß nebenher. Abwechslung hat dem Leben noch nie geschadet.

Fotografieren ist Ihre Leidenschaft. Von welchem Motiv träumen Sie?

Nuhr Ich suche eigentlich gar nicht bestimmte Motive. Ich nehme auf, was ich sehe. Ich reise ja sehr gerne, von Chile bist Bhutan, und anschließend verarbeite ich, was ich gesehen habe, in Texten, Bildern oder sonstwie. Das ist meine Lebensform.

Angenommen, es gäbe eine Möglichkeit, durch die Zeit zu reisen. Wohin würde Sie die Maschine tragen, wenn Sie es sich aussuchen dürften?

Nuhr Auf jeden Fall nicht nach hinten. Ich lege Wert auf fließendWasser, motorgetriebene Verkehrsmittel und Elektrizität. Auch auf Krieg kann ich verzichten. Wir haben ja noch nie so lange Frieden gehabt wie in den letzten fast 70 Jahren. Deshalb ist mir gerade, gemeinsam mit meinen europäischen Mitbürgern, der Friedensnobelpreis verliehen worden. Das macht mich schon ein bisschen stolz. Den hatte ich noch nicht.

Sie haben schon eine Menge Interviewfragen zu hören und zu lesen bekommen. Welche haben Sie immer vermisst — und wie lautet die Antwort darauf?

Nuhr Exakt diese Frage ist mir so oft gestellt worden, dass mir keine neue Antwort mehr darauf einfällt. Oder vielleicht doch: Da ich selten mit der Kirchenzeitung rede, ist mir noch nie die Frage gestellt worden, wo ich denn nach meinem Tod leben möchte. Die Antwort lautet: in Ratingen. Da hab ich endlich mal Zeit, in Ruhe über den Markt zu gehen.

Natascha Plankermann führte das Interview.

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