Düsseldorf Menschen mit Handicap kritisieren gefährliche Haltestellen

Düsseldorf · Der Behindertenbeirat rügt Autofahrer, die Stationen zuparken, und fordert ein härteres Durchgreifen des Ordnungsamtes. Scharfe Kritik gibt es auch an der fehlenden Barrierefreiheit.

 Weiter Weg zur Bahn: Christiane Andrée ist auf den Elektrorollstuhl angewiesen, Haltestellen wie die Lindemannstraße machen ihr Angst.

Weiter Weg zur Bahn: Christiane Andrée ist auf den Elektrorollstuhl angewiesen, Haltestellen wie die Lindemannstraße machen ihr Angst.

Foto: Anne Orthen

Fährt Christiane Andrée mit Bus und Bahn, ist sie nervös. "Eigentlich weiß ich nie, ob ich an einer bestimmten Haltestelle in eine Bahn hinein beziehungsweise aus ihr heraus komme", sagt die Rollstuhlfahrerin. Mal parken eng aneinander gestellte Autos die Haltepunkte einfach zu ("mit dem Elektro-Rollstuhl passe ich nicht zwischen die Stoßstangen"), mal rauschen Fahrer mit hohem Tempo an einer bereits stehenden Bahn vorbei ("bis ich mich schließlich auf die Fahrbahn traue, ist die Bahn wieder weg").

Hinzu kommt: Menschen wie die 55-Jährige, die in Oberbilk lebt, sind auf barrierefreie Bahnsteige angewiesen. Bei Hochbahnsteigen ist das gegeben. Dort führen flach ansteigende Rampen auf die Einstiegshöhe. Bei den Niederflurhaltestellen klappt das nur dort, wo Gehsteige entsprechend angehoben wurden. Erfahrungen, die den Behindertenbeirat auf den Plan rufen. Die Interessenvertretung sorgt sich um die Verkehrssicherheit von Menschen, die mit Rollstuhl, Rollator, Gehhilfe und Kinderwagen unterwegs sind. Und um Defizite bei der Umsetzung der Barrierefreiheit im öffentlichen Nahverkehr. "Im vergangenen Jahr hat die Verwaltung vermehrt ,Knöllchen' geschrieben. Unserem Eindruck nach ist die Aktion inzwischen verpufft", meint Norbert Zielonka, im Beirat Sprecher des Runden Tischs Verkehr. Er fordert ein energischeres Vorgehen und wird Oberbürgermeister Thomas Geisel einen Brief schreiben.

Im Fokus der Kritik steht - jenseits des Parkproblems - die Situation an drei aus Sicht des Beirats besonders gefährlichen Haltestellen. So komme es an der Lindemannstraße immer wieder zu Beinahe-Unfällen, weil Autos an den bereits stehenden Straßenbahnen vorbeiführen. Schüler und Senioren, vor allem jene aus dem nahe gelegenen Zentrum plus, müssten hier schnellstmöglich besser geschützt werden.

Vergleichbare Probleme gebe es an der Haltestelle am S-Bahnhof Zoo, obwohl diese für den Ein- und Ausstieg durch eine Vorampel gesichert werde. Unhaltbar sei auch die Situation vor dem St. Vinzenz-Krankenhaus in Pempelfort. "Autofahrer unterschätzten, dass hier Menschen mit ganz erheblichen Einschränkungen den Bürgersteig nur unter erschwerten Bedingungen erreichen können", sagt Zielonka und bemängelt, dass die Haltestelle "nach der aktuellen Planung erst 2021 barrierefrei werden soll". Thomas Großheinrich und André Treichel vom städtischen Verkehrsmanagement machten den Mitgliedern des Beirats wenig Hoffnung, die Barrierefreiheit an den bemängelten Haltestellen schneller umsetzen zu können. Aktuell gebe es "keinen Anlass", in der vorliegenden Liste zur Umsetzung der Barrierefreiheit "neue Prioritäten festzulegen". In einem Abschnitt dieser Liste steht die Haltestelle am Zoo auf Nummer 67, das St. Vinzenz Krankenhaus auf Nr. 25. Auf den ersten Blick besser sieht es an der Lindemannstraße aus (Nr. 4). Doch ein Planfeststellungsverfahren verzögere auch hier die Abläufe. "Die vollständige Barrierefreiheit kann sich noch bis 2020/21 hinziehen", sagten die Verkehrsexperten. Die Behinderten forderten sie auf, mit Blick auf zugeparkte Haltestellen konkrete Straßen zu benennen. "Dann können wir beim Ordnungsamt anregen, eben dort Zickzack-Markierungen für Parkverbote anzubringen oder verschärft Bußgelder zu verhängen."

Kritik an der Antwort der Experten übte Beiratsvorsitzender Andreas-Paul Stieber. "Ich hätte mir gewünscht, dass man uns heute konkrete Lösungen für die benannten Haltepunkte aufgezeigt hätte", sagte der CDU-Ratsherr. Rheinbahn-Sprecher Georg Schumacher widerspricht dem Eindruck, Parksünden an Haltestellen würden wieder weniger geahndet. "Unsere Verkehrsmeister melden solche Verstöße auf kurzen und etablierten Wegen dem Ordnungsamt, das dann die Bußgelder verhängt." Daran habe sich in den letzten Monaten nichts geändert. Und zum Thema Barrierefreiheit sagt er: "Mehr als 50 Prozent der Haltestellen sind inzwischen barrierefreie Hochbahnsteige. Früher haben wir einen davon pro Jahr gebaut, inzwischen sind es vier."

(jj)
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