"Carspotting" Mit der Kamera auf Autojagd

Düsseldorf · "Carspotting" nennt sich das Hobby, für das sich besonders junge Männer begeistern können: Sie warten in der Innenstadt, vor Hotels und an Kreuzungen auf exotische, exklusive Autos, um sie abzulichten. Die besten Bilder werden anschließend ins Internet gestellt.

 Der Martin-Luther-Platz an der Kreuzung von Königstraße und Blumenstraße ist eine der beliebtesten Standorte der „Carspotter“. Hier kommen regelmäßig exklusive Boliden vorbei und stoppen vor der Ampel.

Der Martin-Luther-Platz an der Kreuzung von Königstraße und Blumenstraße ist eine der beliebtesten Standorte der „Carspotter“. Hier kommen regelmäßig exklusive Boliden vorbei und stoppen vor der Ampel.

Foto: Jacob Sablotny

Die Ampel auf der Königsallee springt auf Rot. Ein Aston Martin rollt heran, kommt zum Stehen. Plötzlich springt ein junger Mann auf die belebte Kreuzung. Er trägt ein weißes T-Shirt, eine kurze Hose und lässige Sommersneaker.

Sein besonderes Kennzeichen aber ist die große schwarze Kameratasche, die er sich um den Hals geschlungen hat. Der Junge nutzt die Rotphase, um schnell ein Foto von dem edlen Gefährt zu knipsen. Er ist auf der Jagd nach Bildern von besonderen Autos — und dabei ist er bei weitem nicht der Einzige.

Kennzeichen und Zulassung

In der Innenstadt, in den Seitenstraßen, vor Hotels und an Straßenkreuzungen trifft man sie, die "Carspotter" — autoverrückte Hobbyfotografen, mit hochwertigen Kameras und Objektiven ausgerüstet, auf der Jagd nach dem besten Schuss und dem seltensten Bild. Sie alle haben sich auf das Fotografieren exotischer und exklusiver Fahrzeuge spezialisiert. Eine wichtige Regel in der Szene lautet, dass die Wagen Kennzeichen und Straßenzulassung haben müssen.

Spotter sind fast ausschließlich Männer, meistens junge mit viel Jagdinstinkt. Kaum hält ein Objekt ihrer Begierde an einer roten Ampel oder parkt in einer der raren freien Parkbuchten, stürmen die sie auf die Straße, manchmal mit zehn Mann gleichzeitig.

Es ist so ähnlich wie bei der Oscar-Verleihung, nur dass der Rote Teppich in diesem Fall die Königsallee ist und der Star ein schwarzer Ferrari. Die Spotter sind die sensationssüchtigen Paparazzi: Jeder will das erste und beste Bild schießen. Hollywoods Paparazzi verdienen jedoch Geld mit ihren Aufnahmen, die Düsseldorfer Autoknipser hingegen keinen Cent.

Jonas, der junge Mann mit dem weißen Shirt, hat das Hobby während eines Monaco-Urlaubs vor vier Jahren für sich entdeckt. Seitdem ist er fast jedes Wochenende mit seinen Kumpeln in Düsseldorf unterwegs. Schnell kommen dabei ein Dutzend oder mehr Gleichgesinnte zusammen. Sie nennen sich Murphy, Lücke, Keno oder Mauto. Unter diesen Pseudonymen kommentieren und bewerten sie ihre Aufnahmen in speziellen Internetforen. Porsches gibt es in Düsseldorf ihrer Meinung nach fast oft wie Polos beim VW-Händler.

Die Gruppe ist gut aufeinander eingespielt. "Hey Jungs, ein Gallardo!", ruft Murphy, und macht einen großen Satz an den Fahrbahnrand. In Windeseile sind seine Kollegen zur Stelle. Aufdringlich röhrend kriecht ein weißer Lamborghini im Schritttempo auf sie zu. Die Beute ist zum Greifen nahe. Keno und Lücke sind für diesen Nachmittag extra aus Hannover angereist. Sie haben sich in der City verteilt und geben sich gegenseitig per Handy Tipps, wo man etwas Interessantes vor die Linse bekommen kann.

Nachdem die Jungs ihre Fotos geschossen haben, ziehen sie weiter. "Interconti, Kirche oder Kö?", fragt Jonas in die Runde. Doch Keno will raus aus dem Innenstadtchaos, zum Meilenwerk.

Was wollen "Carspotter" in einem Showroom exklusiver Fahrzeuge mit Cafés und Werkstätten? "Die Besitzer haben meist noch andere Autos, und die stehen dann neben dem Café auf dem Parkplatz", sagt Lücke. Die meisten Besitzer der rollenden Schmuckstücke sonnen sich im Interesse der Spotter und geben meist mit Absicht ein wenig zu viel Gas, um den Jungs mit ihren Spiegelreflexkameras eine kleine Freude zu bereiten und um sich ein bisschen zu profilieren. Schließlich haben sie viel Geld für die Aufmerksamkeit investiert.

(RP)
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