Düsseldorf Mit Jan Wagner vom Koala zum Dachshund

Düsseldorf · Wer sich an einem sonnigen Samstag durch die überaus belebte Altstadt ins Heine-Institut begibt, bekommt einen guten Eindruck davon, was Lyrik ist. Von den Junggesellenabschieden hinein in eine Nische, ja eine Oase, in der das Wort regiert. Jan Wagner ist gekommen, der diesjährige Preisträger der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik. Eine kleine Sensation, denn Wagner hat die Auszeichnung für seinen Gedichtband "Regentonnenvariationen" erhalten.

Im Titel steckt bereits die Methode. Denn da schweift der Blick vom Trivialen, vom Ding in der Natur, zum Melodiösen, da denkt man an Glenn Gould, und das Wort von der Sprachmelodie ist nah. Und Wagner musste neben viel Lob auch erleben, wie es ist, wenn man aus dem "windstillen Winkel" der Lyrik in den Kritikersturm geschubst wird. Mangelnde politische Relevanz wurde ihm vorgeworfen, so als wäre es wichtiger, worüber man nicht schreibt.

Wagner kann lesend solche Einwände beiseitewischen. Er verfügt über eine wunderbare Lesestimme, akzentuiert einnehmend, die richtigen Stellen betonend. Er überzeugt - und das ist das Frappierende - neben immensem technischen Können und Wissen über besondere Reimformen vor allem mit Bildern, die erst durch ihn entstehen.

So nennt er im Gedicht vom Dachshund den Dachs einen "plumpen ängstlichen Riesen" - fast ein Schock, als Hund und Dachs aus dem Bau gerissen werden, ans Licht. Wagner entdeckt Welten, und er gibt ihnen Namen. Über den trägen Koala heißt es: "So viel Schlaf auf einem Baum." Da ist eine große Empathie mit der Natur. Kritiker Hubert Winkels vergleicht Wagner im Gespräch mit einem Schamanen, der mit den Naturgeistern in Verbindung steht. Zur Lyrik ist der Autor über den walisischen Dichter Dylan Thomas gekommen. Kein schlechter Start. Thomas Hag

(RP)
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