Düsseldorf Mit Mathe gegen Krebs

Düsseldorf · Wie die Wissenschaften heute fächerübergreifend kooperieren: Der Informatiker Gunnar Klau will mit Algorithmen die Prozesse im menschlichen Körper besser verstehen.

 Gunnar Klau steht vor seinem Hochleistungscomputer für komplexe Berechnungen.

Gunnar Klau steht vor seinem Hochleistungscomputer für komplexe Berechnungen.

Foto: Andreas Bretz

Noch sind nicht alle Umzugskartons ausgepackt, noch wirkt das Büro ein wenig provisorisch. Andere Arbeiten waren bisher wichtiger. Vor gut vier Monaten wurde Gunnar Klau zum Professor für Algorithmische Bioinformatik an die Uni berufen, ein Fach, unter dem sich kaum ein Laie etwas vorstellen kann. Noch pendelt er zwischen seinem bisherigen Arbeitsort Amsterdam und Düsseldorf. Aber sein wichtigstes Arbeitsgerät, ein spezieller Hochleistungsrechner, ist bereits installiert. So kann Gunnar Klau seine international vernetzten Projekte fortsetzen. Dabei geht es um neue Möglichkeiten in der Krebsforschung - mit den Mitteln der Mathematik.

Krebserkrankungen entstehen durch eine Veränderung im Erbgut. Solche Mutationen passieren ständig im menschlichen Körper, meist sind sie gutartig, "oder sogar notwendig für die Evolution, für Weiterentwicklung", so Klau. Aber was geschieht, wenn solche Mutationen Krebs auslösen? Und welche Unterschiede existieren zwischen den verschiedenen Tumorarten? "Auf solche Fragen versuchen wir, mit unseren Methoden Antworten zu finden." Dazu entwickelt der Informatiker mathematische Modelle und Algorithmen, also Rezepte für Computerprogramme, um solche biologischen Prozesse zu verstehen.

Dazu braucht der Wissenschaftler riesige Datenmengen, wobei in einem ersten Schritt Tumorgewebe mit gesundem Gewebe verglichen wird - "da kann man sich auf Veränderungen konzentrieren, die relevant sein könnten." Mit diesen Daten werden schließlich Computerprogramme gefüttert, um weitere Vergleichsmöglichkeiten zu entwickeln. Dadurch lässt sich erkennen: "Es gibt tatsächliche einige wenige Gene, die man bei allen Krebsarten findet." Aber was ist mit den übrigen? Welche Gemeinsamkeiten haben sie möglicherweise?

Um diesem Rätsel auf die Spur zu kommen, will der Wissenschaftler bestimmte Muster in den Massendaten finden. "Wir bauen unsere komplexen mathematischen Modelle, um zu erkennen, welche Faktoren einen Tumor entstehen lassen." Klingt kompliziert, ist kompliziert. "Einzelne interessante Gene zu finden, ist einfach. Aber fünf Gene aus 20.000 möglichen auszusuchen, die zusammen ein vielversprechendes Muster bilden, gleicht der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen von der Größe Europas." Überhaupt sind solche Berechnungen nur mit speziellen Computern mit hoher Speicherkapazität möglich. Ein solches Hochleistungsgerät hat soeben die Anton-Betz-Stiftung der Rheinischen Post mit 20.000 Euro finanziert.

Seit langem arbeitet der Informatiker mit Forschern der Princeton University in USA zusammen. "Jetzt suchen wir auch in Düsseldorf Kooperationspartner aus Medizin und Biologie." Interdisziplinär zu arbeiten, ist sein Anspruch, aber auch geradezu eine Grundlage seiner Arbeit. Sie zeigt auch, wie die Medizin von den Methoden der Mathematik profitieren kann. So sollen die Algorithmen von Gunnar Klau die Basis schaffen für die Arbeit von Krebsforschern aus der Medizin. Oder für die Entwicklung neuer Therapien. Dafür testet er an Krebszellen, die im Labor erzeugt wurden, wie sie auf Medikamente reagieren.

Zwischendurch wird er irgendwann auch seine Umzugskisten auspacken.

(RP)
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