Düsseldorf Mit Ruhe und Geduld am Krankenbett

Düsseldorf · Seit zehn Jahren kümmert sich eine Gruppe Frauen im Sana-Krankenhaus Gerresheim um die Nahrungsaufnahme schwerstkranker Patienten. Doch die Ehrenamtlerinnen leisten weit mehr, hören zu, nehmen sich Zeit, sind einfach da.

 Seit zehn Jahren opfern die Frauen von EriK im Sana-Krankenhaus in Gerresheim einen Teil ihrer Freizeit, um Patienten bei der Essensaufnahme zu helfen.

Seit zehn Jahren opfern die Frauen von EriK im Sana-Krankenhaus in Gerresheim einen Teil ihrer Freizeit, um Patienten bei der Essensaufnahme zu helfen.

Foto: Andreas Endermann

Es klingt erst einmal vergleichsweise profan: Essen reichen im Krankenhaus, kurz "EriK". Was die 19 Frauen dieser ehrenamtlich tätigen Gruppe im Sana-Krankenhaus in Gerresheim jedoch seit zehn Jahren leisten, geht weit über die Hilfe bei der Nahrungsaufnahme hinaus. Sie hören zu und verbringen Zeit mit den Patienten, beweisen auch bei Demenzerkrankten Geduld, halten damit dem Pflegepersonal den Rücken frei - und sind nicht zuletzt für Sterbende der womöglich letzte Ansprechpartner, der mehr als nur eine Minute an ihrem Bett verbringt.

"Man beruhigt die Patienten, wenn sie aufgeregt sind, spricht mit ihnen, damit sie ihre Sorgen für einen Moment vergessen können", berichtet Walburg Mansolf von ihrer Tätigkeit. "Wir müssen natürlich viel Zeit mitbringen, dürfen nicht barsch werden, wenn der- oder diejenige die Nahrungasaufnahme verweigert", sagt die 75-Jährige, deren Tochter als Krankenschwester in der Notaufnahme arbeitet. "Auch meine Enkel haben hier ihrer Ausbildung absolviert", sagt sie und beweist damit ihre Nähe zum Gerresheimer Krankenhaus.

Frauke Hütker ist die Jüngste bei EriK. "Ich habe mir gedacht, diese anderthalb Stunden in der Woche, die ich hier verbringe, sind immer irgendwie drin." Oft genug ist es mehr Zeit, die sie investiert, weil die Patienten gerne reden und die 48-Jährige nicht einfach das Gespräch abbrechen will. "Das kann alles schon sehr emotional werden, da darf man auch nicht zu viel an sich heranlassen", erzählt Hütker. Bei ihren Besuchen gehe sie regelmäßig in die Kapelle, schaue auf eine Liste, wer von den in der Regel alten Menschen, die sie betreut, überhaupt noch lebt.

"Der erste Kontakt ist meist der schwerste", sagt die Mutter eines zehnjährigen Jungen. Denn die Diagnose kenne sie vorher nicht. "Ich weiß nicht, liegt in dem Bett jemand, der geistig noch total fit ist und nur ein körperliches Gebrechen hat, oder nimmt der Patient kaum noch etwas wahr." Natürlich sei sie vorher geschult worden, weiß alles über Hygieneverordnung oder verschiedene Stadien der Demenzerkrankung. "Und doch kann ich diese persönlichen Erfahrungen nicht einfach von mir schieben. Man gerät auch selbst ins Grübeln darüber, wie es mit einem weitergeht und was dich im Alter womöglich für ein Leben erwartet."

Margarethe Fengler war Initiatorin der ehrenamtlichen Gruppe. Die ehemalige Mitarbeiterin des Sozialdienstes im Pflegeheim Manthenstrasse hatte entsprechende Erfahrungen mit einer dementen Bewohnerin ihres Heimes im Krankenhaus gesammelt und so vor zehn Jahren die Notwendigkeit dieser Aufgabe erkannt. Gemeinsam mit dem damaligen evangelischen Krankenhausseelsorger Paul Schnapp wurde der Kontakt zur Pflegedirektion im Sana-Krankenhaus gesucht. Sie wurden mit offenen Armen empfangen.

Mit zunächst elf Mitstreiterinnen auf einer Station der Inneren Medizin ging es los. In den folgenden Jahren erfuhr die Gruppe immer weiteren Zuwachs - hatte aber natürlich auch Abgänge zu verzeichnen. "Ich bin mit inzwischen 70 Jahren weitaus nicht die Älteste hier. Da fragt man sich schon, wie es mit der Gruppe weitergeht", sagt Fengler. Was sie allzeit motiviert habe, weiterzumachen, sei nicht nur der Dank des Pflegepersonals, sondern auch die Anerkennung der Ärzte des Krankenhauses: "Wir fühlen uns hier als Teil des Teams, werden wertgeschätzt. Nur so kann diese nicht immer einfache Aufgabe auch persönlich als Bereicherung angesehen werden."

(RP)
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