Düsseldorf "Mit Sahne?" - "Mit Sahne!"

Düsseldorf · Ein Besuch bei Otto Bittner - ein Jahr nach der Rettung. Bäckerei-Unternehmer Norbert Büsch hatte das Traditionscafé übernommen.

 Filialleiterin Silvija Cüba (l.) und Mitarbeiterin Eun-Hee Mikangou kümmern sich im Café Bittner um die Bestellungen.

Filialleiterin Silvija Cüba (l.) und Mitarbeiterin Eun-Hee Mikangou kümmern sich im Café Bittner um die Bestellungen.

Foto: Andreas Endermann

Eine Dame mit kurzem schwarzen Haar und ärmellosem schwarzen Kleid hat sich genau an den Tisch gesetzt, über dem an der Wand ein Sinnspruch geschrieben steht. "Essen ist ein Bedürfnis, Genießen ist eine Kunst." Der erste Teil ist in schwarzen Druckbuchstaben auf die beigefarben getünchte Wand geschrieben, der zweite genießerische Teil in ausladend geschwungener Schrift. Die Dame scheint das Motto bereits verinnerlicht zu haben. Mit großer Ruhe isst sie einen Blaubeerpfannekuchen und schaut dabei gelegentlich in die daneben liegende Zeitung. Es gibt Menschen, die können nur in großer Eile essen und wissen gar nicht, wie es langsam und bedächtig geht. Die Dame wäre ein gutes Vorbild.

Ein Jahr, nachdem das Café Otto Bittner am Carlsplatz vor der Schließung gerettet und unter neuer Leitung umgebaut wurde, läuft der Laden, als wäre es nie anders gewesen. Und für einen warmen Sommertag spätmittags läuft er erstaunlich gut. Wer setzt sich um diese Zeit schon ins Café, um Sahnekuchen zu essen? Einige Tische weiter von der Dame mit dem Pfannkuchen weg sitzt ein junges holländisches Paar. Er isst Erdbeerkuchen, sie ein großes Stück Zitronenrolle. Und als sie fertig sind, bestellen sie einen Eiskaffee und einen frischen Minztee. Sie reden ab und zu in gedämpftem Ton miteinander, oft schweigen sie. Es ist ein friedliches angenehmes Schweigen, das gut zur gepflegten Atmosphäre im Café passt. Es herrscht hier kein stetiges Kommen und Gehen, die Menschen hier haben Zeit oder nehmen sie sich. Eine ältere Dame, sorgfältig frisiert und mit Brille, liest ausgiebig die Zeitung. Später bestellt sie einen französischen Sommersalat von der Tageskarte. Danach liest sie weiter in der Zeitung. Später ordert sie eine Tasse Kaffee, die sie mit viel Ruhe zu sich nimmt. Schepperndes Geschirr oder Besteck ist an diesem Mittag ebenso wenig zu hören wie eine laut fauchende Espressomaschine.

Demonstrativ edel ist vor allem der Eingangsbereich des Cafés gestaltet. Dort fallen sofort die goldenen Kaffeeschütten ins Auge. Eine Aufschrift verrät, dass der Kaffee aus dem Hause Zurheide kommt. Der Name dürfte Carlsplatz-Kunden, die bekanntermaßen dazu bereit sind, für Qualität etwas mehr zu zahlen, vertraut sein. Passend zu den Kaffeeschütten hängen über der Verkaufstheke große kugelige golden schimmernde Lampen. Das hat man nicht überall, auch nicht in Düsseldorf.

Mehr als eine halbe Million Euro hatte Norbert Büsch vor einem Jahr in den Umbau des Traditionslokals investiert. "Die Umsätze haben sich verdoppelt", sagt der Bäcker aus Kamp-Lintfort nach dem Café-Besuch. Entsprechend habe er das Personal aufgestockt. Vor dem Umbau waren dort 14 Mitarbeiter im Einsatz, nun sind es 24. Im Sommer zöge es die Gäste zwar eher an den Rhein als an den Carlsplatz, aber in den kälteren Monaten sei es umgekehrt. "Wir haben es uns in Düsseldorf schwieriger vorgestellt", sagt Büsch, dessen Frau am Carlsplatz mitarbeitet. Die Erfahrung der beiden: "Die Düsseldorfer sind bodenständig, ehrlich und sachlich. Wenn etwas mal nicht gut ist, sagen sie es auch. Und sie lassen sich gut ansprechen und beraten."

Als es im Café auf den frühen Nachmittag zugeht, füllt es sich. Beliebt sind auch die Plätze an den Fenstern mit Blick auf den Platz. Zwei junge Japanerinnen haben sich dort niedergelassen ebenso wie drei Frauen um die 50 mit Pagenkopf und Brille. Eine ältere Dame mit Stock überlässt ihrer Bekannten den Blick nach draußen, die gegenüberliegende Wand schmückt eine weiße Sprossentür mit dem eingelassenen Bild von einer Allee, als führe der Hinterausgang ins Grüne.

"Was darf ich Ihnen Gutes tun?" fragt die Kellnerin. Beide bestellen Eis. "Schoko, Nuss, Zitrone. Ham se dat?", fragt die Ältere, die wohl aus dem Ruhrgebiet stammt. Die Kellnerin nickt und fragt: "Mit Sahne?"- "Mit Sahne", kommt es zurück. Dann geht die Kellnerin bei der Dame mit dem Pfannkuchen vorbei. Ein Rest ist auf dem Teller geblieben. "War wieder lecker?", fragt sie. "Ja, war sehr lecker", sagt die Frau. "Schaffen Sie nicht mehr?"- "Nee, das schaffe ich nicht mehr."

(RP)
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