Düsseldorf Mittelstandsanleihen in der Krise

Düsseldorf · Die Anlageform sollte die Nische für Düsseldorfs Börse werden. Doch in dem Segment steigt die Zahl der Insolvenzen deutschlandweit rasant - zuletzt ging der Suppenhersteller Zamek pleite. Die Anleger bangen um ihr Geld.

 Düsseldorfs Börsenchef Dirk Elberskirch verteidigt das Segment "Mittelstandsmarkt".

Düsseldorfs Börsenchef Dirk Elberskirch verteidigt das Segment "Mittelstandsmarkt".

Foto: Andreas Bretz

Die Insolvenz des Düsseldorfer Familienunternehmens Zamek hat nicht nur Mitarbeiter, sondern auch Anleger geschockt. Vor zwei Jahren hatte sich Zamek an der Düsseldorfer Börse mehr als 40 Millionen Euro an Fremdkapital besorgt. An dem damals neuen Börsensegment "Mittelstandsmarkt" legte Zamek eine Anleihe auf. Es gab mehr Interessenten als Anleihen. Das Papier lockte mit einer Verzinsung von 7,75 Prozent pro Jahr. Angesichts von Sparbuchzinsen nahe null ein verführerisches Angebot. Doch nach der Pleite ist derzeit offen, wie viel oder ob die Anleger Geld zurückerhalten.

Zamek ist kein Einzelfall. 16 Unternehmen besorgten sich bislang Geld im Mittelstandsmarkt der Düsseldorfer Börse. Drei davon sind bereits insolvent. Deutschlandweit sieht man das gleiche Bild. 14 mittelständische Unternehmen, die sich in den vergangenen Monaten Geld durch Mittelstandsanleihen besorgten, mussten zum Amtsgericht gehen und Insolvenz anmelden. Insgesamt entstand den Anlegern dadurch ein Verlust von mehr als 630 Millionen Euro. Der Gesamtmarkt hat ein Volumen von fünf Milliarden Euro deutschlandweit.

Dirk Elberskirch, Vorstandsvorsitzender der Börse Düsseldorf, verteidigt das Segment Mittelstandsanleihe. "Im Moment gibt es Schwierigkeiten. Aber das Segment hat langfristig Zukunft", sagt der Börsenchef. 360 Millionen Euro der Verluste seien der Branche der Erneuerbaren Energien zuzuschreiben. 50 Millionen seien durch möglicherweise betrügerische Geschäfte entstanden. "Rechnet man das raus, liegt die Ausfallquote bei 4,5 Prozent. Das ist hoch, aber angesichts der Renditen nicht unangemessen", sagt Elberskirch. Zurzeit sei zwar die Nachfrage sowohl vonseiten der Anleger als auch der Emittenten gering. Das sei aber vor allem die Folge von günstigen Bankkrediten. "80 Prozent der Düsseldorfer Mittelstandsanleihen notieren zwischen 90 und 100, das ist ein gutes Zeichen", sagt Elberskirch.

Doch die Stimmen, die vor der Anlage in Mittelstandsanleihen warnen, werden immer lauter. "Viele Mittelstandsanleihen sind hochriskant. Auch als Beimischung halte ich diese Papiere nicht mehr für geeignet. Ich persönlich würde versuchen, diese Papiere zu verkaufen", sagt der Düsseldorfer Anwalt Julius Reiter, der Kapitalanleger vertritt. "Die Handelbarkeit wird sinken", sagt Reiter. Er warnt vor weiteren Pleiten: "Die Wenigsten werden es schaffen, aus ihrer Liquidität heraus die Anleihen zurückzuzahlen. Sie haben sich das Geld ja in der Regel auf dem Kapitalmarkt besorgt, weil sie es von den Banken wegen ihrer schlechten Bonität zu diesen Konditionen nicht bekommen hätten", so der Anwalt. Reiter vertritt auch Inhaber von Zamek-Anleihen. Dort will er die Hoffnung nicht aufgeben und versuchen, das Geld der Anleger zu retten. Es gehe um Schadensbegrenzung. Er rät Anlegern, an der Gläubigerversammlung teilzunehmen.

Unterdessen übt die Partei Die Linke harsche Kritik am neuen Management von Zamek, das 124 Mitarbeiter freigestellt hat. "Es kann nicht sein, dass Betriebsleitung und Insolvenzverwalter die Sanierung dadurch zu erreichen versuchen, dass sie große Teil der kämpferischen Belegschaft auf die Straße setzen, um so die Attraktivität für mögliche Investoren zu steigern", sagt die Linke-Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht. "Ich fordere den Zamek-Geschäftsführer Wenz auf, die fristlosen Freistellungen sofort zurückzunehmen und die Entlassungspläne aufzugeben", sagte der Linke-OB-Kandidat Helmut Born.

(RP)
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