Düsseldorf Musikerin vermisst 8000-Euro-Flöte

Düsseldorf · In der U72 auf dem Weg von Düsseldorf nach Ratingen wurde der Japanerin Miho Shirai ihre Querflöte gestohlen. Ein finanzieller Verlust für die 33-Jährige, vor allem aber ein persönlicher. 15 Jahre war das Instrument ihr Begleiter.

Düsseldorf: Musikerin vermisst 8000-Euro-Flöte
Foto: Bretz Andreas

Der Dieb hätte alles nehmen können. Das Portemonnaie, Geld, ihr nagelneues iPhone. "Das ist alles ersetzbar", sagt Miho Shirai. Stattdessen hat er ihre Querflöte gestohlen - ihr liebstes Stück, für die Musikerin unersetzlich. Miho Shirai kommen die Tränen, wenn sie an ihr Instrument denkt. Von ihren Eltern hat sie es vor 15 Jahren bekommen, für ihr Musik-Studium, das sie in Japan begann und an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf fortsetzte. "Die Flöte hat mich sehr lang begleitet", sagt die 33-Jährige, die seit zwei Wochen hofft und bangt, dass irgendjemand ihr die Flöte wiederbringt. Wenn sie eine freie Minute hat, durchforstet sie das Internet danach. "Ich schaue, ob sie zum Verkauf angeboten wird", sagt sie. Bisher ohne Erfolg.

Am 20. Januar war Miho Shirai auf dem Weg nach Ratingen, in einem Kindergarten unterrichtet sie musikalische Früherziehung. An jenem Montag hatte sie Glück, bekam schnell einen Sitzplatz, obwohl die Bahn schrecklich voll war. Ihre Handtasche legte sie auf ihrem Schoß ab, einen kleinen Koffer hatte sie bei sich mit Unterrichtsmaterial, den sie zwischen die Beine klemmte. An ihrer linken Schulter lehnte der Rucksack, in dem die Querflöte verstaut war. Ein Mann setzte sich, stand wieder auf, dann kam der nächste. Irgendwann kurz vor Ratingen merkte Miho Shirai, dass der Rucksack weg war.

"Ich wusste nicht, was ich tun soll", sagt sie. Deswegen fuhr sie weiter in den Kindergarten, gab dort ihren Unterricht. Zu diesem Zeitpunkt glaubte sie, dass der Dieb nichts mit der Flöte anfangen kann, den Rucksack wegwirft. Eine Quittung mit ihrer Adresse von ihrem neuen Handy hatte noch in einer Seitentasche des Rucksacks gelegen, "ich dachte, vielleicht bringt mir jemand die Flöte zurück, weil er nichts damit anfangen kann". Gemeldet hat sich niemand bei der Japanerin. Im Rheinbahnfundbüro ist nichts abgegeben worden, auch nicht im städtischen. Einen Tag später erstattete Miho Shirai Anzeige bei der Polizei. Ihre Versicherung weiß Bescheid, ob sie zahlt, wird sich zeigen. Und wenn, dann wird sie nur den Zeitwert bekommen. Viel Papierkram wartet nun auf die 33-Jährige. "Und ich verstehe das alles nicht so gut", sagt Shirai, die 2007 nach Düsseldorf gezogen ist.

8230 Euro hat die Querflöte gekostet, als ihre Eltern sie kauften. "Heute müsste ich 14.000 Euro für das Modell zahlen", sagt Shirai. Das Silber ist teurer geworden. Viel Geld für die 33-Jährige - schmerzlicher aber ist der persönliche Verlust. "Ich kenne die Flöte, habe sie viele Jahre eingespielt, tolle Konzerte gegeben wie bei der Abschlussprüfung der Hochschule", erzählt die Flötistin. Wieder kommen ihr die Tränen, viel geweint hat Miho Shirai in den letzten Wochen. Als sie von ihrem Ersatzinstrument erzählt, bricht ihr die Stimme. Jeden Tag muss sie mit einer Schülerflöte unterrichten, "die klingt nicht gut, das macht mich fertig".

Finderlohn will Miho Shirai bezahlen, "so hätte der Räuber einen Gewinn gemacht". Einfach wird es nicht, eine Flöte zu verkaufen, weiß die Musikerin. "Weil sie keine schrägen Klappen hat." Zerlegt in drei Teile hat die Querflöte in einem dunkelroten Kasten gelegen, als sie gestohlen wurde. Darauf seien Unterschriften zweier bekannter Flötisten zu lesen; beim Franzosen Vincent Lucas belegte Shirai einen Meisterkurs, den Schweizer Emmanuel Pahud traf sie bei einem Konzert. "Den Kasten hat der Dieb sicher schon weggeworfen", sagt die Japanerin, die seit dem Vorfall an jenem Montag in der U72 ein bisschen vorsichtiger, misstrauischer geworden ist.

Dutzende Male hat sie sich schon dabei erwischt, wie sie Fremden nachguckte und sich fragte: "Wer hat meine Flöte geklaut?"

(RP)
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