Konvertit aus Tönisvorst Mutmaßlicher Islamist beim Verfassungsschutz angeklagt

Düsseldorf · Eigentlich sollte der Mann die islamistische Szene durchleuchten - doch der neue Verfassungsschutz-Mitarbeiter war wohl selbst Islamist. Nun hat die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft Anklage gegen ihn erhoben. Der Mann war vor zwei Jahren unbemerkt zum Islam konvertiert.

 Der Eingang zum Gelände des Bundesamts für Verfassungsschutz. (Symbolbild)

Der Eingang zum Gelände des Bundesamts für Verfassungsschutz. (Symbolbild)

Foto: ap, mm

Gegen den mutmaßlichen islamistischen "Maulwurf" beim Bundesamt für Verfassungsschutz ist Anklage erhoben worden. Das hat die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft am Freitag mitgeteilt. Dem 51-Jährigen wird vorgeworfen, sich beim Verfassungsschutz eingeschlichen zu haben, um Islamisten vor Polizeiaktionen zu warnen und ihnen einen Anschlag auf das Bundesamt zu ermöglichen.

Der Mann soll dabei Dienstgeheimnisse verraten haben. Er war im April 2016 eingestellt worden, um die islamistische Szene in Deutschland zu observieren. Laut Anklage hatte er im November 2016 einen Terroristen der "Junud Al-Sham" kontaktiert, bevor er von verdeckt agierenden Mitarbeitern des Verfassungsschutzes entdeckt worden war.

In mehreren Chat-Kontakten mit diesen habe er sich bereit erklärt, sich der Terrormiliz Islamischer Staat anzuschließen und ihnen zu einem Anschlag in der Kölner Zentrale des Geheimdienstes zu verhelfen. Der 51-Jährige soll vorgeschlagen haben, Gleichgesinnten Zugang zur Behörde für eine Gewalttat gegen "Ungläubige" zu ermöglichen. Dies sei "sicher im Sinne Allahs". Er sei zu allem bereit, "um den Brüdern zu helfen".

Voll schuldfähig

Die Anklage wirft dem 51-Jährigen aus Tönisvorst die Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, den Versuch der Beteiligung an einem Verbrechen und den Verrat von Dienstgeheimnissen vor. Ein Psychiater hatte ihn in einer vorläufigen Bewertung für voll schuldfähig befunden.

Ein Sprecher des Bundesamtes hatte nach der Festnahme erklärt, der Verdächtige habe sich im Bewerbungsverfahren, bei der Ausbildung und in seinem Einsatzbereich unauffällig verhalten.
Zu einer tatsächlichen Gefährdung sei es nicht gekommen, da er am 16. November 2016 festgenommen worden sei.

Familienvater mit Porno-Vergangenheit

Bei dem Familienvater soll es sich um eine auffällige Persönlichkeit handeln. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung war Pornofilm-Material gefunden worden, auf dem er als Darsteller agiert. Vor gut acht Jahren war er als Mitglied bei den Grünen politisch aktiv und davor in der katholischen Kirche.

In Tönisvorst wohnte der 51-Jährige in der Nähe der mutmaßlichen Nummer Eins des Terrornetzwerkes Islamischer Staat in Deutschland, Abu Walaa. Dass er zum IS selbst Kontakt hatte, konnten die Ermittler aber nicht feststellen.

Es handelt sich um den ersten Fall, in dem ein Islamist in den Reihen des Geheimdienstes enttarnt worden sein soll. "Wir haben es hier offensichtlich mit einem Fall zu tun, in dem sich eine Person von seinem persönlichen Umfeld unbemerkt radikalisiert hat", hatte Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen gesagt.

Prozess möglicherweise im August

Nach dpa-Informationen war der Familienvater vor seiner Tätigkeit für den Verfassungsschutz Bankangestellter. Wegen geplanter Umstrukturierungen in der Bank hatte er sich nach einer neuen Tätigkeit umgesehen - und die Sicherheitsüberprüfung bestanden.

Danach war von SPD, Linkspartei und Grünen Kritik an den Sicherheitsüberprüfungen des Verfassungsschutzes geäußert worden. Das Landgericht Düsseldorf muss nun über die Zulassung der Anklage entscheiden. Als Termin des möglichen Prozessauftakts ist der 15.
August im Gespräch.

(siev/lnw)
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