Prozess in Düsseldorf Mutter wirft Heim Misshandlung ihres Sohnes vor

Düsseldorf · Im Prozess um massive Misshandlungen und Demütigungen von geistig behinderten Kindern und Jugendlichen in der Hilfeeinrichtung Educon hat gestern erstmals die Mutter eines betroffenen Kindes ausgesagt.

Als Zeugin schilderte die 41-Jährige vor dem Landgericht, sie habe im Jahr 2008 durch einen Pfleger von schlimmen Zuständen in der Einrichtung erfahren. Bei einem Sommerfest habe der Betreuer geraten: "Sehen Sie zu, dass Sie Ihren Jungen hier rausholen." Doch bis es dazu kam, habe ihr damals 16 Jahre alter Sohn "psychisch einen so schweren Schlag bekommen, da kommt er jetzt nicht mehr raus", so die Frau.

Seit Ende Juni verhandelt das Landgericht gegen eine Ex-Leiterin (43) von zwei Educon-Wohngruppen sowie vier ihrer Mitarbeiter. Gemeinsam sollen sie autistische Kinder und Jugendliche in ihrer Obhut zwischen 2006 und 2008 mit besonders rüden Methoden gedemütigt, die Schützlinge verletzt, mit Essensentzug bestraft, gequält und sogar angespuckt haben, so die Anklage. Teils haben die Betreuer die Vorwürfe inzwischen eingeräumt.

Doch welche Auswirkungen diese Methoden hatten, die von den Angeklagten angeblich als Therapie angesehen wurden, schilderte nun erstmals die Mutter des inzwischen 24-Jährigen.

Erst nur ein bis zwei Jahre, jetzt dauerthaft in der Psychiatrie

Ihr Sohn, als Frühchen zur Welt gekommen, sollte zunächst nur ein bis zwei Jahre in der Educon-Einrichtung verbringen. Dann habe sie aber erfahren, ihr Junge müsse länger dort bleiben, "weil noch viel Arbeit mit ihm wäre". Stutzig sei sie dann geworden, als sie nie länger als fünf Minuten mit ihm habe telefonieren dürfen. Später habe man sie bei Anrufen immer öfter vertröstet, den Kontakt zu ihrem Sohn fast vollständig unterbunden.

Den verdeckten Tipp des Erziehers beim Sommerfest habe sie zunächst nicht deuten können, sagte die Frau. Als die Vorwürfe von Übergriffen auf die Kinder Mitte 2008 aber publik geworden waren, habe der damalige Educon-Chef sie zuhause besucht und ihr Bericht erstattet.

Später bei der Polizei "kam mein Kind dann mit der Sprache raus, was man mit ihm gemacht hat". Ihr Sohn, der seit seinem zwölften Lebensjahr psychisch auffällig war, sei durch seine Erlebnisse nun so massiv beeinträchtigt, dass er dauerhaft in einer Psychiatrie-Klinik untergebracht sei. An dieser Stelle ihrer Aussage kämpfte die Mutter im Zeugenstand mit den Tränen, auch versagte ihr fast die Stimme. Der Prozess gegen die damaligen Betreuer geht weiter.

(wuk)
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