Düsseldorf Neue Barrieren in der Stadt

Düsseldorf · Behinderte sind irritiert über neue Hindernisse im Nahverkehr. Mit Elektromobilen dürfen sie nicht mehr in die Rheinbahn-Busse. Und an der S 8 müssen sie seit einiger Zeit 20 Zentimeter Höhenunterschied überwinden.

Christiane Andrée schätzt die breiten Türen im Stadtmuseum.

Christiane Andrée schätzt die breiten Türen im Stadtmuseum.

Foto: Bretz

Als "grandiose Fehlplanung" und "Schildbürgerstreich" brandmarkten Politiker und Interessenvertreter gestern im städtischen Behinderten-Beirat die neuen auf der Strecke der S-Bahn-Linie 8 eingesetzten Züge. Der Einstieg in diese Wagen liegt nur noch 76 Zentimeter über den Gleisen, die Bahnsteige an Düsseldorfer S-Bahnhöfen sind jedoch durchweg 96 Zentimeter hoch. Was vorher einwandfrei funktionierte, der barrierefreie Einstieg, klappt nun nicht mehr. Nur mit einer vom Fahrer der S-Bahn auf Zuruf aufzubauenden Rampe können die 20 Zentimeter überwunden werden. "Doch das ist schwer praktikabel, führt zu Verspätungen und funktioniert nicht immer", sagt Beiratsvorsitzender Olaf Lehne. Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR) und Bahn hatten als Begründung unter anderem angeführt, die gerade auch von Behindertenverbänden geforderten S-Bahn-Wagen mit Toilette seien im engen Zeitplan der Bestellung nur in 76 Zentimeter Höhe zu haben gewesen. Zudem gebe es außerhalb Düsseldorfs zahlreiche Bahnsteige mit einer Flurhöhe von 76 Zentimetern.

Der Behindertenbeirat plant eine Resolution, mit der er die Verantwortlichen im VRR, aber auch die Verwaltung unter Druck setzen möchte. Den Kern dieser Botschaft nahmen die Beiräte bereits vorweg. Einstimmig beschlossen sie: "Der Beirat empfindet die Situation als völlig unbefriedigend. Behinderte mit und ohne Begleitung müssen in eine S-Bahn hinein- und wieder hinauskommen. Wir fragen: Wie wird das gewährleistet?"

Für zusätzlichen Ärger sorgt bei den Düsseldorfern mit Handicap eine Entscheidung der Rheinbahn. Seit dem Jahreswechsel dürfen Nutzer von Elektromobilen ("Scooter") nicht mehr mit den Bussen des Unternehmens fahren. Enttäuscht sind auch Unternehmen und Werkstätten, in denen die Scooter-Fahrer arbeiten. "Millionen werden ausgegeben, um Bahnhöfe, Busse und Bahnen barrierefrei zu bauen, und dann passieren solche Sachen", schreibt eine Mitarbeiterin aus einem mittelständischen Unternehmen.

Günter Zimmermann darf mit seinem Scooter die Busse der Rheinbahn nicht mehr benutzen.

Günter Zimmermann darf mit seinem Scooter die Busse der Rheinbahn nicht mehr benutzen.

Foto: Von Ameln

Mit dem Kopf schüttelt auch Günter Zimmermann. Der 80-jährige Benrather ist Dialyse-Patient und auf sein Elektromobil angewiesen. "Mit meiner Frau Gisela bin ich oft nach Monheim und Leverkusen gefahren. Das ist jetzt viel komplizierter. Ein Auto haben wir nicht", sagt der Rentner. Und seine Frau fügt an: "In anderen Städten gibt es das Verbot nicht."

Rheinbahn-Sprecher Georg Schumacher kann ihnen keine Hoffnung machen. "Anders als bei Elektro-Rollstühlen ohne Lenkrad, die rasch in eine stabile Position kommen, können Scooter bei einer Vollbremsung des Busses kippen und dabei sogar Unbeteiligte verletzten." Dass andere Städte auf ein solches Verbot verzichten, ist für ihn kein Argument. "Wenn der erste Unfall passiert, wird jeder fragen, warum wir so leichtsinnig waren."

"Gut, dass es auch andere Beispiele gibt", meint eine Behinderten-Beirätin und verweist auf das Stadtmuseum. Das Haus verfügt über barrierefreie Zugänge zu allen Etagen, Behindertenparkplätze, Audioguides und Gebärdendolmetscher. Auch Sehbehinderte können sich mithilfe eines Blindenpfads, der einzigartig in Deutschland ist, alleine orientieren.

(RP)
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