Düsseldorf Neue Wirtschaftskammern für Gericht
Düsseldorf · Wirtschaftsstraftaten nehmen rasant zu, die Komplexität wächst. Das Landgericht nun hat reagiert und die Zahl der Kammern verdoppelt. Außerdem gibt es bald Spezialkammern etwa für Maklerrecht. Die Anwälte loben den Plan.
Das Landgericht Düsseldorf wird 2015 in Zivil- und Strafsachen eine Reihe struktureller Änderungen vornehmen. Im Strafbereich werden zwei zusätzliche Wirtschaftsstrafkammern das Gericht verstärken, teilte der Präsident des Landgerichts, Bernd Scheiff, gestern mit. Durch Hilfe des Justizministeriums NRW und der Präsidentin des Oberlandesgerichts können sechs weitere Richter bei den Wirtschaftsstrafkammern eingesetzt werden.
Damit wird es in der Landeshauptstadt vier große Wirtschaftsstrafkammern geben, die Straftaten nach dem Aktiengesetz und nach dem GmbH-Gesetz sowie Straftaten im Bereich des Wirtschaftslebens verhandeln. Voraussetzung ist, dass die angeklagten Taten von besonderer Bedeutung sind oder eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als vier Jahren erwartet wird.
Notwendig geworden sei diese Maßnahme, weil die Wirtschaftsstraftaten nicht nur zugenommen haben, sondern auch komplexer geworden sind, heißt es vom Gericht. In Kapitalanlagesachen werden oft bis zu zehn Täter angeklagt. Die Anzahl der geschädigten Anleger kann in die Hunderte oder Tausende gehen, bei Schäden von zig Millionen Euro. Aufzuklären sind häufig Schneeballsysteme, in denen Treuhandgesellschaften Gelder von Zypern über die Cayman Islands bis nach Hongkong transferieren.
Im Strafbereich wird am Düsseldorfer Landgericht zudem eine dritte kleine Strafkammer für Berufungen gegen die Urteile der Amtsgerichte eingerichtet. Damit sollen die großen Strafkammern entlastet werden, die in der Vergangenheit zusätzlich zu den erstinstanzlichen Strafverfahren eine Vielzahl von Berufungen verhandelt haben.
Auch im Zivilbereich stellt sich das Landgericht neu auf: Zu Jahresbeginn werden Spezialkammern für Maklerrecht, Erbstreitigkeiten und Insolvenz- und Gläubigeranfechtungen neu eingerichtet. Schon bisher wurden Arzthaftungssachen, Mietsachen, Wettbewerbsstreitigkeiten, Streitigkeiten im Patent-, Marken-, Design- und Urheberrecht, Bank- und Kapitalanlagesachen, Versicherungsrecht, Reise- und Transportrecht und Kartellstreitigkeiten in speziellen Kammern verhandelt. Alle Spezialkammern werden nun auch für die Berufungen gegen die Urteile der Amtsgerichte in den jeweiligen Spezialgebieten zuständig sein.
"Mit diesen Strukturänderungen wollen wir unsere vielfältigen und verantwortungsvollen Aufgaben besser und zügiger erfüllen", sagte der Präsident des Landgerichts Bernd Scheiff bei der Unterzeichnung des Geschäftsverteilungsplans 2015 durch das Präsidium.
Die Düsseldorfer Anwälte begrüßen die Entscheidung, neue Kammern in der Landeshauptstadt anzusiedeln. "Ich erwarte eine wesentliche Beschleunigung der Prozesse. Die stärkere Spezialisierung der Richter wird zu besseren Urteilen führen", sagt Georg Rotthege, Partner und Gründer der Düsseldorfer Anwaltskanzlei Rotthege Wassermann. Die Justiz vollziehe nach, was in der Anwaltschaft längst stattgefunden habe. "Bessere Urteile werden Berufungen häufig überflüssig machen. Deshalb wird an der richtigen Stelle investiert. Und der Gerichts-Standort Düsseldorf wird gestärkt", sagt Rotthege. Kollegen pflichten ihm bei. "Das ist eine gute Entscheidung vor allem im Interesse der Geschädigten. Die bisherigen Kammern waren chronisch überlastet. Die Zahl der Stillstände wird sinken", sagt Andreas Urban, Managing-Partner der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek. Die neuen Kammern seien erforderlich, auch, weil das Wirtschaftsrecht zunehmend komplexer geworden ist.
