Düsseldorf New Fall Festival - Grußbotschaften aus dem Norden Europas

Düsseldorf · Nachdem man im vergangenen Herbst mit Element of Crime und Tocotronic zwei der prägenden deutschen Bands der letzten 20 Jahre präsentiert hatte, gelangen den Machern des New Fall Festivals nun internationale Coups: So beehrte das Glasgower Postrock-Quintett Mogwai die Tonhalle.

Kaiser Chiefs und Sébastien Tellier beim New Fall Festival
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Wer die Schotten nur von instrumental gehaltenen Platten kannte, vermutete in erster Linie fünf Musiker, die sich auf der Bühne (nicht ganz zu Unrecht) als geheimnisvolle Genies inszenieren. Doch ähnlich wie beim stets barfüßig auf die Bühne spazierenden Porcupine- Tree-Mastermind Steven Wilson bewegte man sich damit komplett auf den Holzweg. Man begriff es an dritter Stelle der Setlist, bei der hinreißenden Ballade "Take Me Somewhere Nice". So zaghaft und unsicher, wie Gitarrist und Gelegenheits-Frontmann Stuart Braithwaite die Zeilen ins Mikro hauchte, wollte man kaum glauben, dass hier eine der einflussreichsten Postrock-Bands des Planeten auf der Bühne steht.

Auch sonst bestätigte sich der Eindruck, den Mogwai mit Titeln wie "Happy Songs for Happy People", "Hardcore Will Never Die, But You Will" oder zuletzt "Rave Tapes" immerhin andeuteten: Unprätentiöser geht es kaum. Braithwaite trug ein kleinkariertes Hemd und scherzte mit der ersten Reihe. Bassist Dominic Aitchison genoss die Songs auch mit dem Rücken zum Publikum - und zwischen den Stücken testete man in Proberaum-Manier neue Instrumente. Mit ihrer Bodenständigkeit lenken Mogwai die Aufmerksamkeit des Publikums auf das Wesentliche: die Musik. Die entfaltete sichin stillen Momenten. Der Transparenz der Gitarrenwände schien die Akustik nicht immer zuträglich - wohl aber der unfassbaren Dynamik der Gruppe.

"Mogwai sind die Band fürs 21. Jahrhundert": Das legendäre Zitat von Ex-Pavement-Sänger Stephen Malkmus hat Jahre auf dem Buckel. Im Jahr vor ihrem 20-jährigen Bandjubiläum lassen die Schotten daran aber keinen Zweifel aufkommen.

Ein Lebenszeichen gab der schwedische Songwriter José González zuletzt, als er Songs für den Soundtrack zum Film "Das erstaunliche Leben des Walter Mitty" schrieb. Sie klangen wie eine Huldigung an den Massenpop, "Step Out" gar wie eine neue Kollaboration zwischen Coldplay und Avicii. Dem Publikum des New Fall Festivals wird ein Stein vom Herzen gefallen sein, dass er für das Konzert im Robert-Schumann-Saal wieder zu den reduzierten Tönen seiner beiden Alben zurückgefunden hat.

Wie klug das New Fall Festival dieses Jahr kuratiert ist, zeigt die Tatsache, dass einen Tag vor José González ebenfalls im Robert-Schumann-Saal Erlend Øye ein überragendes Konzert gespielt hat. Mit seinem Projekt "Kings Of Convenience" hatte er 2001 eine Bewegung losgetreten, ein neues Revival von Singer/Songwriter-Pop, das radikal leise war. González ist bis heute einer seiner Protagonisten. Nur mit einer Konzertgitarre im Flamenco-Stil und seiner intensiven Stimme füllt er die größten Hallen.

Es ist alles in diesen winzigen Handbewegungen: Mit dem Daumen zupft er Bassläufe, die eine hypnotische Wirkung entfalten, mit den Fingern setzt er minimale Akzente darüber, sie irrlichtern wie die Suchscheinwerfer durch den Saal. Zwei Musiker begleiten José González vorsichtig an Percussion und Synthesizer. Sie unterstützen den Bassbereich mit abgedämpften Trommel-Schlägen oder spielen Klangflächen am Rande des Wahrnehmungsbereichs. Eigenkompositionen wie "Crosses" oder geniale Cover wie "Heartbeats" oder "Teardrop" ernten explosionsartigen Jubel, weil sie so spannungsgeladen sind, ihre Kraft aus einem feinen, fragilen Soundgewebe gewinnen.

Unter die Zuschauer, die am Ende Ovationen im Stehen spenden, mischen sich auch ein paar, die von der Tonhalle herübergekommen sind. Dort haben London Grammar ihr Konzert nach 45 Minuten abgebrochen, weil es Sängerin Hannah Reid nicht gut ging.

(RP)
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