Düsseldorf Nostalgische Filmkunst im Keller

Düsseldorf · Das Souterrain in Oberkassel ist das kleinste Kino Düsseldorfs. Bestuhlung, Deko und Theke machen einen nostalgischen Eindruck. Die Projektion ist hingegen auf dem neuesten Stand.

Der Name ist Programm. Die deutsche Übersetzung des Wortes "Souterrain" lautet "unterirdischer Raum" - und genau dort befindet sich das Kino: unter der Erde. Der Weg in das Kino führt durch das Café Muggel über eine schmale und steile Treppe in den Keller. Dort scheint es, als sei der Fortschritt der Kino-Branche am Souterrain-Kino vorbeigegangen: Statt Luxussessel gibt es einfache Stühle vor kleinen Tischen. Die Leinwand kann wegen der Enge des Raumes gar nicht bombastisch groß sein, und große Lautsprecher stehen auf dem Fußboden wie in einem Partykeller.

Einzigartig in der Kino-Branche dürfte sein, dass eine Theke in den Raum ragt. An dieser gibt es die üblichen Getränke und Süßwaren, die einen Film erst zu einem Kino-Erlebnis machen. "Wir verkaufen aber nur vor dem Film, nicht während der Vorstellung", sagt Bastian Thiel, der seit einigen Jahren das Kino leitet.

Trotz der Multiplex-Konkurrenz behauptet sich das altertümlich wirkende Souterrain auf dem Kino-Markt. "Wir können uns nicht groß beklagen", sagt Thiel gelassen. Die Oberkasseler seien treue Zuschauer, die gern auf ihre Lieblingsfilme warten. Denn Erstaufführungen gibt es selten im Souterrain. Meist stehen neue Filme erst auf den Programmen von Bambi, Metropol, Cinema und Atelier, die zusammen mit dem Souterrain die Gruppe der "Düsseldorfer Filmkunstkinos" bilden. Nach einigen Wochen dann sind die Filme im Souterrain zu sehen. Aber das Souterrain übernimmt nicht automatisch jeden Titel. Was über die Leinwand flimmert, soll einen gewissen Anspruch haben. Europäische Filmkunst und Werke aus dem US-Autorenkino etwa. Zuletzt habe das Biopic "Yves Saint Laurent" und das Drama "Dallas Buyers Club" gute Zuschauerzahlen gehabt, sagt Thiel. So ein anspruchsvolles Programm zu gestalten, sei manchmal schwierig. "Der Grad zwischen Kunst und Kommerz ist schmal", sagt er.

Abgesehen von der Theke im Raum gibt es noch eine weitere Besonderheit im Souterrain. "Wir spielen jeden Film mit einer Pause", sagt Bastian Thiel. In anderen Kinos ist eine solche Unterbrechung nur bei Spiellängen ab mindestens zwei Stunden üblich. Dass das Oberkasseler Keller-Kino die Filmunterbrechung pflegt, geht auf eine technische Besonderheit zurück. Früher bestand ein Film aus zwei großen Filmrollen, von denen aus das Zelluloid-Band nacheinander durch den Projektor ratterte. In den kaum zwei Quadratmeter großen Vorführraum vom Souterrain passten diese Filmrollen nicht hinein. So musste nach einer Halbzeit jede Filmhälfte enden, die Rollen getauscht und neu gestartet werden. Im vergangenen Jahr aber hat die digitale Technik das Analoge im Souterrain abgelöst. Die Filme kommen auf kleinen Festplatten, was eine Pause nun überflüssig macht. "Aber unsere Stammgäste haben sich an eine Unterbrechung gewöhnt, so dass wir den Film nach der Hälfte für einige Minuten stoppen." Für Nostalgiker ist diese Aktion eine nette Idee - vor allem, weil so mancher älterer Kunde das traditionelle Rattern alter, analoger Projektoren nicht mehr hören kann. Dieses einst so typische Kino-Geräusch ist ersetzt worden durch das Rauschen des Projektionsservers, das aufwendig und in den letzten Reihen hörbar von Klimaanlagen gekühlt werden muss. Die digitale technische Innovation ist also doch im Souterrain angekommen. "Das Rauschen hat aber eine ähnlich meditative Wirkung das alte Rattern", sagt Bastian Thiel amüsiert.

(RP)
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