Düsseldorf Notfallseelsorger dringend gesucht

Düsseldorf · Unfälle, plötzlicher Kindstod, Katastrophen: Die Zahl der Einsätze für die Düsseldorfer Notfallseelsorge hat sich in den vergangenen Jahren verdoppelt. Weil Pfarrer allein das nicht leisten können, werden auch Ehrenamtler ausgebildet.

 Betreuung nach einem Unfall: Die Notfallseelsorger (in der Mitte: Olaf Schaper) ziehen sich mit Betroffenen in ihren Bus zurück, schirmen sie ab, reden - und vor allem: Sie hören zu. Gebetet wird nur auf Wunsch.

Betreuung nach einem Unfall: Die Notfallseelsorger (in der Mitte: Olaf Schaper) ziehen sich mit Betroffenen in ihren Bus zurück, schirmen sie ab, reden - und vor allem: Sie hören zu. Gebetet wird nur auf Wunsch.

Foto: Lepke/evdus

240 Mal im Jahr leisten sie "Erste Hilfe für die Seele", die zurzeit 35 Notfallseelsorger in Düsseldorf. Und ihre Fälle sind bei weitem nicht immer so aufsehenerregend wie der Absturz der Germanwings-Maschine in den Alpen vor vier Wochen. Gestern Nachmittag etwa schickte die Feuerwehr mit dem Rettungsdienst auch einen Seelsorger an die Grundschule Stoffeler Straße. Dort war in der Nachmittagsbetreuung ein 70-Jähriger zusammengebrochen, und während der Notarzt sich um ihn bemühte, war der Seelsorger für die erschrockenen Kinder da.

Seit die Notfallseelsorge 1998 ihre Arbeit aufnahm, hat sich die Zahl ihrer Einsätze mehr als verdoppelt. Immer öfter werden die Seelenbetreuer von der Leitstelle der Feuerwehr angefordert: Für Augenzeugen schwerer Verkehrsunfälle, für Eltern, deren Kind morgens nicht mehr aufgewacht ist. Und auch die Polizei holt sich die Notfallseelsorger zur Unterstützung, wenn sie schlimme Nachrichten überbringen muss.

Anfangs haben die Notfallseelsorger das noch allein erledigt, inzwischen steht jeden Tag ein Zweierteam in Düsseldorf in Rufbereitschaft. Getragen wird das Team von den beiden Amtskirchen, aber "in Zeiten von Gemeindefusionen schaffen die Pfarrer die zusätzliche Aufgabe nicht mehr allein", sagt Christoph Dörpinghaus, der als katholischer Religionspädagoge einer der beiden hauptamtlichen Leiter des Teams ist. Dazu kommt, dass auch nicht jeder gelernte Theologe für die Arbeit mit akut traumatisierten Menschen geeignet ist. "Menschen in Not beizustehen, gehört zwar schon immer zu unserer Kernkompetenz", sagt Dörpinghaus. "Aber in die Notfallseelsorge kann man niemanden zwingen."

Seit einigen Jahren holen Dörpinghaus und der evangelische Pfarrer Olaf Schaper sich Unterstützung von Laien wie Katrin Hesse. Die 57-Jährige hatte in ihrem Hauptberuf in einer Krebsklinik erkannt, dass sie in der Lage ist, Menschen in schweren Situationen beizustehen. "Es geht ums Zuhören, darum, den Schmerz zu lindern, ihn mitzutragen", sagt sie. Und das Leid auszuhalten, das über den anderen hereingebrochen ist. Manchmal, wenn ein Todesfall etwa von polizeilichen Untersuchungen begleitet wird, sind die Seelsorger auch Moderatoren für die Ausnahmesituation, mit der die Betroffenen meist völlig überfordert sind. "Wir sind am schlimmsten Tag für die Leute da", sagt Schaper. Und für die Zeit danach haben die Notfallseelsorger ein ganzes Netzwerk von Hilfsangeboten im Rücken, an die sie ihre Klienten vermitteln können. In der Ausbildung lernen auch die Ehrenamtler das große Düsseldorfer Hilfe-Netz kennen. "Es ist gut, zu wissen, wem ich jemanden anvertraue", sagt Katrin Hesse.

Die Kirchen als Auftraggeber bieten ihren ehrenamtlichen Helfern mehr als nur Versicherungsschutz und das Recht auf Schweigepflicht: Sie sorgen auch für die fachkundige Betreuung ihrer Seelsorger.

(RP)
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