Umrüstung von Autos NRW will Diesel-Fahrverbote noch verhindern

Düsseldorf/Berlin · Das Land will eine Umrüstung von Tausenden Autos durchsetzen, damit die Schadstoff-Belastung sinkt. Am heutigen Donnerstag verhandelt das Bundesverwaltungsgericht. Eine neue Studie zeigt, wie gefährlich Stickstoffdioxid ist.

 Berufsverkehr auf der Corneliusstraße in Düsseldorf (Archiv).

Berufsverkehr auf der Corneliusstraße in Düsseldorf (Archiv).

Foto: Martin Gerten/dpa

Der Druck auf die Bundesregierung und die Autoindustrie steigt: Sie müssen deutlich mehr gegen eine zu hohe Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid unternehmen, um drohende Fahrverbote für Dieselautos in einer Reihe von deutschen Großstädten zu verhindern und die Gesundheit der Bürger zu schützen. Denn am heutigen Donnerstag wird das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig bei einer historischen Sitzung abwägen und voraussichtlich auch entscheiden, ob Fahrverbote erlaubt sind, um die hohe Stickstoffdioxidbelastung zu senken. Viele Experten rechnen damit, dass die Richter den Weg für Fahrverbote freimachen.

Auch die NRW-Landesregierung ist alarmiert. Bei einem der zwei in Leipzig verhandelten Musterfälle geht es um den Luftreinhalteplan für Düsseldorf, weil an der stark befahrenen Corneliusstraße die von der EU vorgegebenen Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) seit Jahren stark überschritten werden.

Eine neue Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zeigt, wie brisant die Lage ist: Rund 6000 Menschen in Deutschland sterben der Behörde zufolge pro Jahr vorzeitig an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die von No2 ausgelöst werden. In Städten stammt das Gas überwiegend aus Dieselabgasen. Der Analyse zufolge kann NO2 über einen längeren Zeitraum schon in Konzentrationen weit unter dem EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft schwere Folgen haben - umso schlimmer, dass kontinuierlich in mehr als 30 Städten deutlich schlechtere Werte als die 40 Mikrogramm an wichtigen Straßen gemessen werden. An der Corneliusstraße lag der Wert 2017 nach vorläufigen Zahlen bei 56 Mikrogramm, zwei Mikrogramm weniger als im Jahr 2016, 18 Mikrogramm weniger als im Jahr 2008. In Köln, München und Stuttgart sind die Werte noch viel schlechter.

ADAC fordert Hardware-Nachrüstung

Die NRW-Landesregierung hofft, drohende Fahrverbote verhindern zu können. Das erklärte am Mittwoch Umweltstaatssekretär Heinrich Bottermann (CDU) im Landtag. Die Bezirksregierung Düsseldorf bereite einen neuen Luftreinhalteplan für Düsseldorf vor, der wohl Ende Juni vorgelegt wird. Er beinhaltet beispielsweise die Einführung von Elektrobussen, den Bau von weiteren Fahrradwegen und ein besseres Parkplatzmanagement.

Das Land selbst scheint aber große Zweifel daran zu haben, ob diese Schritte reichen, um in absehbarer Zukunft den Grenzwert von 40 Mikrogramm zu unterschreiten. Denn Bottermann forderte vor der Presse, dass Autokonzerne den Bürgern eine freiwillige Umrüstung ihrer Autos anbieten sollen, die für die Nutzer kostenlos sein soll. Ob der Staat dann die Finanzierung der Umrüstung mitträgt, ließ er offen.

Schon am Vortag hatte der ADAC gezeigt, dass eine Umrüstung von Autos die Emissionen von NO2 um bis zu 70 Prozent senken können. "Der Test hat die Falsch-Meldungen der Industrie endgültig widerlegt: Hardware-Nachrüstung funktioniert", sagte Dieter Roßkopf, Chef des ADAC Württemberg. Audi-Chef Rupert Stadler lehnt ein breites Nachrüstprogramm dagegen ab.

Auch wichtige Vertreter der Kommunen teilen die Forderung nach Nachrüstungen. "Nur die Hardware-Umrüstung der Dieselmotoren in Autos und Bussen würde wirklich Verbesserungen bringen", sagt Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes "Der Steuerzahler wird die Hardware-Umrüstung mindestens teilweise bezahlen müssen." Auch der Hauptgeschäftsführer des Städtetags, Helmut Dedy, sagte unserer Redaktion: "Die Städte wollen keine Fahrverbote. Damit die Schadstoffe nachhaltig zurückgehen, muss vor allem die Autoindustrie Diesel-Fahrzeuge sauberer machen."

Noch weiter geht die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), bei ihren Forderungen. Sie dringt auf die generelle Reduzierung des Autoverkehrs. "Dauerhaft werden wir die Ballungsräume nur entlasten können, wenn wir das Fahrzeugaufkommen reduzieren", sagte Dreyer unserer Redaktion. "Wir arbeiten am Ausbau der E-Mobilität, unterstützen die Städte bei der Nachrüstung von Dieselbussen mit Filtern und bei der dynamischen Verkehrssteuerung und wir wollen den öffentlichen Personennahverkehr attraktiver machen", sagte sie. "Unser erstes Gebot ist der Schutz der Gesundheit unserer Bürger und der Umwelt. Deswegen müssen die Stickoxidwerte sinken. Das wollen wir ohne Fahrverbote erreichen", sagte Dreyer.

Juristen sehen ein weiteres Argument gegen Fahrverbote: Dann würden Klagen von Autofahrern drohen, die sich als faktisch enteignet sehen.

(rky, mar)
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