Düsseldorf Obdachlose meiden Notschlafstellen

In frostigen Nächten brauchen Wohnungslose dringend einen warmen Schlafplatz. Doch einige berichten von Streits und Schwierigkeiten in den städtischen Unterkünften in Düsseldorf. Manche verbringen die Nächte in Zelten.

 Chris lebt seit vier Monaten wieder auf der Straße. An seiner Seite ist immer Hündin Molli.

Chris lebt seit vier Monaten wieder auf der Straße. An seiner Seite ist immer Hündin Molli.

Foto: andreas bretz

Ein Kranz weißer Rosen, eine Grabkerze und Abschiedsbriefe erinnern in der Altstadt, gleich neben dem Kom(m)ödchen, an einen Menschen, der dort vor wenigen Wochen gestorben ist: die obdachlose Elvira, die alle Elli nannten. "Es heißt, dass in Düsseldorf niemand auf der Straße schlafen muss", sagt Oliver Ongaro vom Straßenmagazin Fiftyfifty. Die Realität sieht anders aus. Davon haben Düsseldorfer Wohnungslose am Donnerstag berichtet, unweit der Stelle, an der Elli starb.

Da ist Chris, 26. Er ist seit vier Monaten wieder obdachlos. Vor einigen Jahren hat er schon einmal auf der Straße gelebt, hatte zwischendurch Arbeit als Handwerker und eine Wohnung. Der Job sei nicht ganz offiziell gewesen - und irgendwann war er weg. Chris will für sich selbst sorgen. Doch seit Jahren findet er keine Wohnung, die er sich mit seinem Hartz-IV-Satz leisten könnte. Außerdem wollen viele Vermieter lieber jemanden, der einen festen Job hat - und keinen Hund. Molli heißt die schwarz-weiße Hundedame des 26-Jährigen. Sie ist Chris wichtig; er hat sie seit sechseinhalb Jahren.

Von klein auf. Sie ist ein Grund, wieso Chris keinen Zugang zu einigen Notschlafstellen in Düsseldorf hat. Und selbst, wenn er mit Molli in einer Unterkunft willkommen ist, etwa in der Prinz-Georg-Straße, ist das für ihn keine Alternative: "Da ist man mit 30 Leuten in einem Raum und bekommt kein Auge zu", sagt er. Deswegen schläft Chris mit drei anderen Wohnungslosen draußen, in einer kleinen Zeltstadt an einem Ort, den er nicht nennen will. Sie alle haben Hunde.

Sascha, 41, kann eine Weile bei einem Freund, den er seit Schultagen kennt, schlafen. Bis dahin verbrachte er seine Zeit auf der Platte, der Straße, dort, wo auch Elli lebte. Aktuell steht Sascha als Mietinteressent auf der Liste einer Wohnbaugesellschaft. "Aber da sind noch fünf oder sechs andere, die einen Job haben", sagt er. Er kritisiert, dass es keinen bezahlbaren Wohnraum gibt, kaum Sozialwohnungen. Notschlafstellen sind auch für ihn keine Option: zu viele Menschen auf einem Haufen, Menschen mit Problemen, Menschen, die stehlen oder gewaltbereit sind.

Eine ähnliche Erfahrung hat auch Andrzej, 63, gemacht. 1998 ist der Pole nach Düsseldorf gekommen, hat für eine Abbruchfirma und eine Gärtnerei gearbeitet, lebte in einer kleinen Wohnung. Nachdem er seine Arbeit verlor, ging es bergab. In eine Notunterkunft will er nicht. Die Zustände seien dort oft katastrophal: Es gibt Stress, wenn jemand zu viel getrunken hat. Es ist zu laut, an Schlafen nicht zu denken. Die Matratzen sind verdreckt, mit Kot und Urin.

Die Zustände in den Unterkünften, vor allem aber die allgemeine Situation für Wohnungslose, bemängeln die Vertreter von Fiftyfifty und der Altstadt-Armenküche, die das Treffen arrangiert haben. Der Streetworker Oliver Ongaro wünscht sich mehr Engagement seitens der Stadt. Es reiche nicht, zu sagen, dass niemand auf der Straße schlafen müsse. Es braucht Taten, damit dieser Satz wahr wird.

(RP)
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