Analyse Patentstandort Düsseldorf gewinnt durch Brexit

Düsseldorf · Durch den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union steht das geplante Gemeinschaftspatentgericht in London vor dem Aus. Experten sind sich einig, dass Düsseldorf dadurch als Patentstandort profitieren wird. Vor allem Japaner zieht es an den Rhein.

 "Wenn England nicht mehr zur EU gehört, könnte Düsseldorf profitieren", sagt Shigeo Yamaguchi, Partner bei Arqis Rechtsanwälte.

"Wenn England nicht mehr zur EU gehört, könnte Düsseldorf profitieren", sagt Shigeo Yamaguchi, Partner bei Arqis Rechtsanwälte.

Foto: Andreas Bretz

Ein böses Erwachen erlebte Europa am 24. Juni 2016, kurz nach sechs Uhr. Ein schwarzer Freitag, an dem nach Auszählung der Stimmen feststand: 52 Prozent aller Briten wollen, dass ihr Land die Europäische Union verlässt. Die Aktienkurse rauschten genauso in den Keller wie das britische Pfund und auch der Euro. Kaum jemand hatte geglaubt, dass es wirklich so weit kommt. Doch heute besteht kaum noch ein Zweifel: Das Vereinigte Königreich wird die EU verlassen.

Nachdem der Kater halbwegs verschwunden ist, den der Brexit ausgelöst hat, wird klar, dass nicht für alle Standorte der Abschied Großbritanniens eine Katastrophe ist. Als erste Stadt jubelte Frankfurt. Nach einem Austritt könnten viele Finanzmarktakteure von London an den Main ziehen. Frankfurt ist Profiteur des Brexit.

Und auch Düsseldorf, da sind sich Juristen und Wirtschaftsvertreter weitgehend einig, ist einer dieser Brexit-Gewinner. Dazu jedoch muss man um die Ecke denken. Schon im April 2017 sollte das mühsam ausgehandelte gemeinsame Europäische Patentgericht an den Start gehen. Die Wirtschaft hatte damit große Hoffnungen verbunden. Als Standort hatte man sich auf London geeinigt, Düsseldorf - traditionell die Hauptstadt bei Patentstreitigkeiten - sollte lediglich eine Nebenstelle bekommen.

Doch mit dem Brexit ist dieser Traum geplatzt. "Es sieht alles danach aus, dass das Gemeinschaftspatent und damit auch der Unified Patent Court, also das Gericht, stirbt", sagt der Düsseldorfer Patentanwalt Gottfried Schüll von der Kanzlei Cohausz Florack. Es sei davon auszugehen, dass es "mindestens zu erheblichen Verzögerungen bei der Einrichtung des Einheitlichen Patentgerichtes und des Gemeinschaftspatentes von fünf oder mehr Jahren kommen wird, damit bleibt in Düsseldorf erst einmal alles beim Alten", sagt Schüll. Schlecht für die Industrie, gut für Düsseldorf. "Zumindest mittelfristig steigt die Bedeutung des Gerichtsstandortes Düsseldorf weiter, da derzeit Rechtsentwicklungen in den USA zu Unsicherheiten für Kläger in den USA führen", so Schüll. Bereits jetzt seien 60 Prozent der Kläger in Düsseldorf Unternehmen ausländischen Ursprungs, das werde nicht weniger werden.

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Zehntausende protestieren gegen Brexit in London

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Diese Auffassung vertritt auch Shigeo Yamaguchi, Partner bei Arqis Rechtsanwälte im Medienhafen. "Viele asiatische Unternehmen gehen den europäischen Markt über London an, das insbesondere in Bezug auf japanische Unternehmenssitze ein traditioneller Konkurrent von Düsseldorf ist. Wenn England aber nicht mehr zur EU gehört, könnte Düsseldorf profitieren, wirtschaftliche und rechtliche Argumente sprechen für Düsseldorf", sagt Yamaguchi.

Bei der Wahl eines Unternehmensstandorts spielt auch rein, wie erfahren die Gerichte vor Ort sind. Die Wettbewerbszentralen müssen zum Beispiel die Unternehmen beim Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs vor den örtlich zuständigen Gerichten verklagen, also dem Ort, an dem das beklagte Unternehmen seine gewerbliche Niederlassung hat. Gleiches gilt bei Klagen von qualifizierten Einrichtungen nach dem Unterlassungsklagegesetz wegen Verstößen gegen Verbraucherschutzgesetze. "Da ist es natürlich von Vorteil, wenn die Gerichte sehr erfahren sind aufgrund der hohen Anzahl der niedergelassenen Unternehmen, von denen bereits viele aus dem Ausland kommen. Das trifft auf Düsseldorf zu", sagt Philipp Maier, bei Arqis Experte für Gewerblichen Rechtsschutz.

Bei der IHK weiß man um Düsseldorfs Chancen aus dem Brexit. "Frankfurt macht bei der Finanzindustrie bereits mobil und wirbt um Firmen, die heute ihren Sitz in London haben", sagt Gerhard Eschenbaum, stellvertretender Hauptgeschäftsführer und Leiter der Abteilung Außenwirtschaft der IHK. Düsseldorf sei bereits heute Zentrum für Kanzleien und insbesondere Patentanwälte. "Wir sollten nun Düsseldorfs Chancen in die Waagschaler werfen und uns positionieren", sagt Eschenbaum. Am 20. Juli beschäftigt sich die British Chamber of Commerce in der IHK Düsseldorf mit dem Thema, Beginn: 15 Uhr.

(tb.)
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