Düsseldorfer Landgericht Wertete die Polizei Peilsender-Daten zu langsam aus?

Düsseldorf · Ein Richter hat vor dem Düsseldorfer Landgericht eine brisante Frage aufgeworfen: Lässt die Polizei Einbrüche zu, wenn sie zu lange mit der Auswertung von Peilsender-Daten wartet? Die Polizei weist den in der Frage enthaltenen Vorwurf zurück.

 Die Polizei weist die Vorwürfe von sich.

Die Polizei weist die Vorwürfe von sich.

Foto: dpa, frg fpt

Konkret geht es in dem Verfahren um ein mutmaßliches albanisches Einbrecher-Trio, das Ende 2015 festgenommen wurde. Vor dereren Festsetzung hatte die Polizei das Auto der drei Männer mit einem Peilsender versehen.

Wie die Leiterin einer Ermittlungskommission am Mittwoch als Zeugin im Landgerichtsprozess gegen die drei geständigen Täter und eine Frau aussagte, wurden diese Daten aber nicht in Echtzeit ausgewertet. Erst mit teils tagelanger Verzögerung erfuhren die Beamten von den Einbrecher-Touren des Trios. Und für einen raschen Zugriff auf die Gruppe habe die Kommission kurz nach den Terror-Anschlägen von Paris "keine Leute gehabt", so die Polizistin.

Schon früher fehlten Technik und Personal für schnellen Zugriff

Die von der Beamtin geschilderten Ermittlungsstrukturen erinnern an den Fall von zwei "Beerdigungs-Einbrechern" aus dem Jahr 2014. Ein Serientäter (57) und ein Komplize (65) hatten damals Todesanzeigen ausgewertet und während der darin angegebenen Beerdigungszeiten die Häuser und Wohnungen der Trauernden leer geräumt.

Auch damals hatten Ermittler aus Düsseldorf und vom Niederrhein das Duo schnell im Fadenkreuz, doch wegen zu dünner Personaldecke und mangelnder technischer Flexibiliät der Behörden hatte auch dieses Duo damals die Einbruchsserie ungehindert fortsetzen können — sozusagen vor den Augen der Beamten.

Peilsender-Daten erst später an Ermittler weitergegeben

Auch im aktuellen Fall der drei Albaner (32 bis 37 Jahre alt) habe man das Auto der Verdächtigen zwar schon am 17. November 2015 unbemerkt mit einem Peilsender bestückt, so die Ermittlungsleiterin. So konnten Polizeitechniker die Route des Fahrzeugs problemlos verfolgen.

Doch sei das nicht direkt an Ermittler vor Ort weiter gegeben worden, sondern erst mit teils deutlicher Verzögerung. Dadurch konnten die Einbruchsfahnder im Nachhinein zwar die Fahrtstrecke des Autos verfolgen und nach passenden Einbrüchen im Umfeld suchen. Doch zeitnah verfolgen oder sogar stoppen konnten sie das Auto zunächst nicht.

Polizei: Peilsender dienen der Beweissammlung

Für Dietmar Kneib, Inspektionsleiter Organisierte Kriminalität des Polizeipräsidiums Düsseldorf, ist das eine normale Vorgehensweise: "Peilsender spielen eine Rolle in Ermittlungen, auch zu Einbruchsdelikten, wenn es darum geht, einen Verdacht zu erhärten und Tatserien zu erkennen", sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. "Es geht aber in der Anfangsphase eines Ermittlungsverfahrens nicht darum, potenzielle Einbrecher unmittelbar durch Polizeikräfte zu begleiten."

Vielmehr würden durch Peilsender die Fahrtrouten von Verdächtigen ermittelt, die dann nachträglich mit gemeldeten Straftaten entlang dieser Route abgeglichen würden. "Über andere objektive Beweismittel wie DNA-Spuren oder Fingerabdrücke werden dann diese Ermittlungsverfahren zusammengeführt, bis sich daraus ein dringender Tatverdacht gegen die überwachten Tatverdächtigen ergibt."

Eine Echtzeit-Auswertung von Peilsender-Daten erfolge nur, wenn es um Festnahmen gehe, so Kneib. "Dann sitzt tatsächlich jemand am Rechner und verfolgt, wohin Tatverdächtige fahren. Diese Person gibt dem Zugriffsteam Hinweise zum Aufenthaltsort der mutmaßlichen Täter." So einen Zugriff gebe es aber erst, wenn nach Meinung von Polizei und Staatsanwaltschaft genug Beweise vorlägen, damit ein Haftbefehl beantragt werden und die Festnahme erfolgen kann.

Zwei Wochen Peilsender-Observation vor Zugriff

Das deckt sich mit dem von der Ermittlungsleiterin geschilderten Vorgehen. Allerdings gelang erst nach knapp zwei Wochen der Observation mit Peilsender am 30. November die Festnahme der Verdächtigen. Vorher, so die Ermittlungsleiterin, habe sie "einfach nicht genug Leute gehabt", um dem Trio das Handwerk zu legen. Zumal nach den Terroranschlägen von Paris vom 13. November auch rund um Düsseldorf etliche Polizeikräfte bei der Terrorfahndung und -abwehr eingesetzt worden seien.

Inspektionsleiter Kneib bestätigte indirekt, dass die verschärfte Sicherheitslage für die Polizei nicht ganz einfach ist. "Wir leben in schwierigen Zeiten, was die Sicherheitslage angeht", sagte er. "Daher ist es immer eine Abwägung, wie man Ressourcen einsetzt."

In diesem Fall habe die Abwägung aber genau richtig funktioniert. Kneib lobte die Ermittlungsleiterin: "In nur vier Wochen sind die Ermittlungen zur Einbruchsserie einer hochprofessionell agierenden Tätergruppe mit einer Festnahme zu Ende geführt worden", sagt der Inspektionsleiter. "Das war gute Polizeiarbeit." Er finde es traurig und unverständlich, wie der Einsatz in der Öffentlichkeit dargestellt werde.

Keine "geheime Dienstanweisung"

Der "Express" hat unter anderem berichtet, es gebe eine "geheime Dienstanweisung", bei Einbruchsdelikten abzuwarten, bis drei Taten begangen worden seien. Dadurch könnten dann höhere Strafen wegen Serientaten verhängt werden.

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Diesen Vorwurf wies Kneib von sich: "Wir würden nie zulassen, dass ein Einbruch geschieht, von dem wir vorher wissen. So eine Anweisung würde ich nie und nimmer akzeptieren."

Politik: "Lässt Vertrauen in den Rechtsstaat nicht gerade wachsen"

Andreas Hartnigk (CDU), stellvertretender Vorsitzender des Düsseldorfer Ordnungsausschusses, sieht ein strukturelles Problem: "Es kann nicht sein, dass Verbrecher ihre Straftaten mit modernsten Mitteln begehen und die Polizei nicht einmal personell passend ausgestattet ist. Das lässt das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat nicht gerade wachsen."

Monika Düker, Innen-Expertin der Grünen im Landtag, verweist darauf, dass die Landesregierung die Einstellungszahlen bei der Polizei im Vergleich zu 2010 "fast verdoppelt" habe.

(wuk/hpaw)
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