Düsseldorf Plätze für junge Flüchtlinge werden knapp

Düsseldorf · Das Jugendamt und Wohlfahrtsverbände müssen immer mehr unbegleitet einreisende Kinder und Jugendliche betreuen. Es fehlt an Kapazitäten für diese schwierige Aufgabe. Unter Hochdruck wird das Angebot ausgebaut.

 Arman gehört zu den unbegleitet eingereisten jugendlichen Flüchtlingen, die von der Graf-Recke-Stiftung betreut werden. Er hat kürzlich die Deutsche U18-Judo-Meisterschaft in seiner Gewichtsklasse gewonnen.

Arman gehört zu den unbegleitet eingereisten jugendlichen Flüchtlingen, die von der Graf-Recke-Stiftung betreut werden. Er hat kürzlich die Deutsche U18-Judo-Meisterschaft in seiner Gewichtsklasse gewonnen.

Foto: Graf-Recke-Stiftung

Die hohe Zahl von jungen Flüchtlingen, die ohne erwachsene Begleitung einreisen, bringt das Jugendamt und Wohlfahrtsverbände an ihre Grenzen. In Düsseldorf werden derzeit 283 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge betreut, vor einem Jahr waren es noch halb so viele. "Im Augenblick sind die Plätze knapp", sagt Jugendamtsleiter Johannes Horn. Er kündigt an, in den kommenden Wochen ein Konzept für einen Ausbau vorzulegen. Bei den Trägern laufen bereits Vorbereitungen. Das Ziel sind Plätze für 400 Kinder und Jugendliche.

Minderjährige Flüchtlinge, die ohne Eltern oder andere Bezugspersonen nach Deutschland kommen, stehen unter besonderem gesetzlichen Schutz. Nach der Ankunft werden sie vom Jugendamt in Obhut genommen, das bis zum Eintritt der Volljährigkeit für sie verantwortlich ist. Erst danach spielt es eine Rolle, ob ihnen Asyl gewährt wird.

Dem Leiter des Jugendamts zufolge mangelt es derzeit an mehreren Stellen. So werden die Plätze in den Kinderschutzgruppen knapp, in denen die Flüchtlinge nach ihrer Ankunft zunächst leben und auch andere Kinder und Jugendliche, um die sich das Jugendamt kümmert. Auch an Wohngruppen, wo die Flüchtlinge anschließend leben können, fehlt es.

Um Abhilfe zu schaffen, richtet zum Beispiel die Graf-Recke-Stiftung in Wittlaer derzeit eine Aufnahmegruppe für Jugendliche ein. Sie will ihr Angebot für unbegleitete Flüchtlinge von insgesamt 36 in den kommenden Wochen auf 60 Plätze steigern. "Der Bedarf ist riesig", sagt Koordinator Dirk Keller. Eine drohende Folge: Qualifizierte Pädagogen, vor allem mit Fremdsprachenkenntnissen, werden knapp.

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Foto: dpa, cas jhe

In der Aufnahmegruppe bleiben die Jugendlichen rund drei Monate, damit die Pädagogen sie kennenlernen und entscheiden können, welche Hilfen sie brauchen. Die Betreuung ist eng: Auf acht Jugendliche kommen in der Gruppe 9,8 Pädagogen-Stellen. Wie viel Hilfe die Jugendlichen anschließend brauchen, wird im Einzelfall entschieden.

Die Kinder und Jugendlichen bringen schwere Geschichten mit. "Viele sind stark traumatisiert", sagt Keller. Manche haben miterlebt, wie Angehörige auf der Flucht getötet wurden. Die Jugendlichen stünden oft auch unter großem Druck. So habe manchmal die ganze Familie zusammengeworfen, um ihre Flucht zu finanzieren. Keller spricht von einer "gewaltigen Herausforderung". Er betont aber zugleich, er habe viele nette und offene Kinder und Jugendliche erlebt - und sogar manche mit herausragenden Talenten: Stolz ist man bei der Recke-Stiftung etwa auf Arman, der aus dem Iran kam und kürzlich die Deutsche U18-Judo-Meisterschaft in seiner Gewichtsklasse gewonnen hat.

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(arl)
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