Beratung in Düsseldorf Plötzlich in der Schuldenfalle - Wenn das Leben aus den Fugen gerät

Düsseldorf · Seit 25 Jahren berät die Evangelische Schuldnerberatung Menschen mit Geldsorgen. Viele hatten vorher eine ganz normale bürgerliche Existenz. Wie Alfons B. (48) der nach Trennung und Jobverlust in eine finanzielle Krise geriet.

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Foto: ddp

Vor einem Jahr war Alfons B. (48) noch ein Mann, der seinen Alltag als glücklich und seine finanzielle Situation als geordnet bezeichnet hätte. Heute stimmt nichts mehr davon, "mein Lebenskonzept ist völlig aus den Fugen geraten", sagt er.

Vor einigen Monaten verließ ihn seine Frau, seine Fassungslosigkeit darüber mündete in eine Depression. Als dann seine Firma Stellen abbaute, gehörte er zu denen, die entlassen wurden. Nun hofft er, von der Evangelischen Schuldnerberatung der Diakonie zu erfahren, wie er wenigstens sein Häuschen retten kann. Dieses Büro ist immer häufiger Zuflucht für Menschen, die wie Alfons B. aus einer bürgerlichen Existenz in die Schuldenspirale geraten.

Wie viele Düsseldorfer überschuldet sind, weiß niemand so genau. Die "Creditreform" spricht in ihrer aktuellen Statistik von 12,4 Prozent, das wären über 70 000 Menschen. Fest steht: Die wenigsten nehmen professionelle Hilfe in Anspruch. 1200 Düsseldorfer vertrauten im vergangenen Jahr auf den Rat der Evangelischen Schuldnerberatung in Derendorf - fast drei Mal so viele wie noch 2007. Hauptgrund: Arbeitslosigkeit.

"Zu uns kommen vor allem Menschen, die ein ganz normales Leben geführt haben", berichtet die langjährige Leiterin der Beratungsstelle Eva-Maria Trube. Und die dann häufig in die finanzielle Schieflage geraten, wenn sie von Krankheit, Jobverlust oder Scheidung getroffen werden. Deren durchschnittliche Schuldenhöhe beträgt mittlerweile 35 000 Euro - Tendenz steigend.

Alfons B. bekam vom Experten-Team den Rat, erst mal über einen Anwalt zu erreichen, dass er von seiner gut verdienenden Ex-Frau Unterhalt für die beiden gemeinsamen Kinder bekommt. Da im Moment der Erhalt seiner Immobilie das wichtigste Ziel sei, wurde gleich ein Brief an seine Bank formuliert, in dem seine Situation geschildert wurde.

"Da wird nun signalisiert, dass man nach einer Lösung suchen wolle." Und da die Schuldnerberatung stark vernetzt ist mit den anderen Hilfsangeboten der Diakonie, bekam er auch die Adresse der Lebensberatung. Trube: "Wir sehen unser Angebot als Sozialarbeit und versuchen grundsätzlich, die Ratsuchenden insgesamt wieder zu stabilisieren."

Bei ihrer Arbeit erfahren die Mitarbeiter immer wieder, wie mangelhaft, das Wissen über Finanzen und die Gefahr vor Verschuldung doch ist. Eva-Maria Trube zitiert einen Studenten: "Ich kann die Arbeit der Europäischen Zentralbank erklären, aber ich habe noch nie ein Überweisungsformular ausgefüllt." Deshalb hat die Schuldnerberatung ein Präventionsprogramm entwickelt, dass bereits in Schulen und Kindertagesstätten praktiziert wird, denn grundsätzlich gilt: Das Risiko späterer Schulden ist geringer, wenn sich frühzeitig ein Bewusstsein für das Thema Geld entwickelt hat.

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Foto: dpa, Karl-Josef Hildenbrand

Beraterin Anne Schneider berichtet, dass die Sechs- bis 13-Jährigen heute im Schnitt über bis zu 500 Euro im Jahr verfügen. "Damit werden auch sie zu einer begehrten Zielgruppe." In den Projektwochen aber lernen Jugendliche, was sie bei einem Handy-Vertrag oder beim Kauf im Internet beachten sollten.

Und wie durch Werbung Wünsche und Begehrlichkeiten überhaupt erst geweckt werden. Schon Vierjährige erfahren, dass das Geld, das Mama aus dem Automaten zieht, vorher verdient werden muss. Und dass nicht alle ihre Wünsche zu finanzieren sind. Es sei denn, sie sparen ihr Taschengeld dafür. Genereller Rat des Teams an alle Eltern: "Reden Sie mit ihren Kindern über Geld."

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Foto: dpa, Karl-Josef Hildenbrand

Gemeinsam mit Alfons B. wurde mittlerweile ein Konzept entwickelt, um seine Schulden wieder in den Griff zu bekommen. Ob es ihm tatsächlich gelingen wird, sein Haus für sich und seine Kinder zu erhalten, ist damit noch nicht entschieden. Eva-Maria Trube: "Aber selbst wenn er sich davon trennen muss, passiert das nicht durch eine übereilte Versteigerung, sondern immerhin durch einen geplanten Verkauf."

(RP)
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