Düsseldorf Proteste gegen Nachtabschiebung von Flüchtlingen
Düsseldorf · Die christlichen Kirchen sowie Flüchtlingsinitiativen fordern einen Stopp von unangekündigten Abschiebungen in der Nacht. Stadt und Innenministerium verteidigen die Praxis.
Professionelle und ehrenamtliche Helfer von Flüchtlingen protestieren immer lauter gegen die Praxis der Nachtabschiebungen. Der Düsseldorfer Katholikenrat hat die politisch Verantwortlichen aufgefordert, insbesondere die Abschiebung von Familien in der Nacht zu unterlassen und stattdessen ein "menschenwürdiges" Verfahren zu finden. Kritik kommt unter anderem auch aus der Evangelischen Kirche und der Flüchtlingsinitiative "Stay". Sie erhalten Unterstützung von der städtischen Flüchtlingsbeauftragten. "Ich finde Nachtabschiebungen generell nicht tragbar", sagt Miriam Koch.
Die Flüchtlingsunterstützer kritisieren insbesondere unangekündigte Abschiebungen. Bei diesen kommen Mitarbeiter der kommunalen Ausländerbehörde ohne Vorankündigung zur Nachtzeit in Unterkünfte und holen Einzelpersonen oder Familien zur sofortigen Ausreise ab. Diese werden zu einem Flughafen gebracht, von wo sie am Morgen Deutschland verlassen - je nach Grund der Abschiebung in einen anderen EU-Staat ("Dublin-Verfahren") oder in ihr Heimatland.
Die Flüchtlingshelfer kritisieren insbesondere die Folgen für Kinder, sowohl in den abgeschobenen Familien als auch in denen, die die Abschiebungen miterleben. "Es geht nicht, dass man traumatisierte Familien mit Kindern aus dem Schlaf reißt und abschiebt", sagt Michael Hänsch, Geschäftsführer der katholischen Kirche. Augenzeugen berichten von dramatischen Szenen. Die Flüchtlingsbeauftragte Koch verweist auch darauf, dass sich Kinder bei Abschiebung ohne Ankündigung nicht von Schulkameraden verabschieden können. "Das kann man auch denen gönnen, die kein Recht zum Bleiben haben", sagt sie.
In diesem Jahr wurden bisher 94 Flüchtlinge mit Wohnort Düsseldorf abgeschoben, davon 31 zur Nachtzeit - nach Amtsdefinition bedeutet das eine Abholung zwischen 21 Uhr und 4 Uhr, im Winterhalbjahr 6 Uhr. Die Flugzeiten, in diesen Fällen am teils frühen Vormittag, legt die Zentralstelle des Landes für Flugabschiebungen in Bielefeld fest.
Die Stadt und das NRW-Innenministerium verteidigen die Praxis. Einem Ministeriumssprecher zufolge gebe es verschiedene Gründe, etwa, dass die Abgeschobenen nicht zu spät am Tag am Zielort ankommen sollen. Ein Grund für unangekündigte Abschiebungen ist aber auch, dass die Behörden relativ sicher sein wollen, dass die Menschen nicht untertauchen. Von der Stadt heißt es, man versuche Nachtabschiebungen zu vermeiden und berücksichtige die Wirkung insbesondere auf Kinder. "Alle Abschiebungen werden von sehr erfahrenen Beschäftigten durchgeführt und sind so vorbereitet, dass Belastungen der Betroffenen vorgebeugt wird."
Ob die Abschiebung angekündigt wird, bleibt dem Innenministerium zufolge der Kommune überlassen. Die Flüchtlingshelfer fordern die Stadt Düsseldorf auf, zumindest bei Familien mit Kindern die Abschiebung rechtzeitig anzukündigen. Das Argument, dass diese dann häufig untertauchen, weist Oliver Ongaro von "Stay" zurück. "Das haben wir bei Familien mit Kindern in kaum einem Fall erlebt."