Oberlandesgericht Düsseldorf Die wichtigsten Fakten zum Prozess gegen Sven Lau

Düsseldorf · Der Mönchengladbacher Sven Lau gehört zu den bekanntesten Salafisten-Predigern Deutschlands. Seine Wuppertaler "Scharia-Polizei" machte 2014 Schlagzeilen. Nun steht er vor Gericht, weil er eine IS-nahe Terrororganisation unterstützt haben soll. Das sollten Sie vor dem Prozessbeginn wissen.

Sven Lau (Abu Adam): Gründer der "Scharia-Polizei" und Hass-Prediger
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Das ist Sven Lau

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Foto: Raupold

Er ist neben Pierre Vogel das wohl bekannteste Gesicht des radikalen Islam in Deutschland: Sven Lau, Ex-Feuerwehrmann und Vater von fünf Kindern aus Mönchengladbach, auch bekannt als "Abu Adam". 1999 soll der 35-Jährige zum Islam konvertiert sein. Unmittelbar vor seiner Festnahme im Dezember 2015 soll er im Süden Düsseldorfs gelebt haben. Lau gilt als Initiator der "Scharia-Polizei", die in Wuppertal 2014 für Schlagzeilen sorgte. Die meiste Zeit aber war er in Mönchengladbach aktiv. Zusammen mit anderen Muslimen gründete er im Stadtteil Eicken die "as-Sunnah-Moschee". Ebenfalls dort gründete er den Verein "Einladung zum Paradies". Als dieser Verein 2010 mit seiner Koranschule von Braunschweig nach Mönchengladbach ziehen wollte, gab es Proteste aus der Gladbacher Bevölkerung.

Die Tatvorwürfe reichen ins Jahr 2013 zurück. Die Bundesanwaltschaft wirft Lau Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in vier Fällen vor. Er soll die syrischen Terrormiliz "Armee der Auswanderer und Helfer" (Jamwa), die eng mit einem Ableger des IS kooperiert, mit Nachtsichtgeräten und Geld unterstützt haben. Außerdem fungierte er laut Bundesanwaltschaft als Bindeglied und als Anlaufstelle für Kampf- und Ausreisewillige der salafistischen Szene. Auf diese Weise hat er mindestens drei Kämpfer für die "Armee der Auswanderer und Helfer" angeworben. Das Gesetz sieht hierfür ein Strafmaß von bis zu zehn Jahre Haft vor.

Der Staatsschutzsenat unter Vorsitz von Richter Frank Schreiber würde unter Umständen sogar noch einen Schritt weiter gehen. Aus Sicht des Senats komme auch eine Verurteilung als Terrorist in Betracht.

Ein Gutachter, der Facebook- und Internetauftritte von Sven Lau islamwissenschaftlich ausgwertet hat, kommt zu dem Schluss, dass Lau durch seine "emotionale Rhetorik" eine "hohe suggestive Wirkung" auf junge Muslime ausübe. So steht es in einem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 10. März 2016, mit dem das Ermittlungsverfahren begründet wird. Es gibt außerdem Fotos und Videos, die belegen, dass sich Sven Lau im Jahr 2013 mehrfach selbst in Syrien aufgehalten hat.

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, hält Lau für einen Dschihad-Salafisten. Das jedoch ist ein Knackpunkt, den die Hauptverhandlung erst ergeben muss. In einem Interview sagte der Salafisten-Prediger: "Ich bin kein Kämpfer, ich schicke lieber Geld und Medikamente." Er selbst weist den Vorwurf zurück, fundamentale Islamisten seien gewaltbereit. "Vor uns braucht keiner Angst zu haben. Wir sind gegen Gewalt, wenn es nicht um Selbstverteidigung geht", sagte er vor einiger Zeit in unserer Redaktion.

Nein. Er wurde mehrfach festgenommen, aber verurteilt wurde er nie: Im Februar 2014 wurde er wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat festgenommen und angeklagt. Damals war in Stuttgart Ismail I. festgenommen worden, der nun als Kronzeuge gegen Lau aussagen soll. Nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs wurde im Mai 2014 die Anklage zurückgenommen. Im September 2015 kam es zur Anklage wegen Verstoßes gegen das Uniform-Verbot: Sven Lau und weitere Salafisten waren als "Scharia-Polizei" durch Wuppertal patrouilliert. 2011 wurde er verdächtigt, im Keller des Hauses, in dem sich seine Gruppe zum Gebet traf, ein Feuer gelegt zu haben. Die Ermittlungen wurden eingestellt. Im Juni 2012 wurde gegen ihn wegen Verdachts der Körperverletzung ermittelt, weil Lau in einer Schlägerei zwischen Salafisten und Karnevalisten in Mönchengladbach einen Mann geschlagen haben soll.

Die Ermittler haben Videobotschaften, Chat-Dateien, Fotos von Laus Laptop ausgewertet. Bei einer Razzia gegen Salafisten tauchte zudem ein Foto auf, das Sven Lau in Syrien mit einem Maschinengewehr in der Hand zeigen soll. Das könnte als Beweis gewertet werden, dass er sogar selbst gekämpft hat. Die Bundesanwaltschaft hat einen Kronzeugen: Ismail I., einer von Laus Rekruten, soll im Prozess darlegen, dass Lau nicht nur seine Reise nach Syrien organisiert, sondern auch Fahrzeuge für die syrische Terrororganisation besorgt hat. Das geht aus dem Beschluss der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hervor.

Lau wird im Prozess vom Bonner Strafverteidiger Mutlu Günal vertreten. "Mein Mandant bestreitet die Vorwürfe mit Nachdruck", sagte Laus Verteidiger Mutlu Günal der dpa. Er prophezeit: "Der Generalbundesanwalt wird sich am Ende des Verfahrens bei Herrn Lau entschuldigen müssen. Er sollte schon mal Geld für die Haftentschädigung zurücklegen."

"Der größte Fehler der Anklage ist es, sie auf einem Hauptbelastungszeugen aufzubauen, der bereits als notorischer Lügner entlarvt ist", kritisiert Günal und meint Ismail I., der den Ermittlern zahlreiche unterschiedliche Versionen erzählt habe. Wo die Nachtsichtgeräte, die Lau nach Syrien geschickt haben soll, abgeblieben seien, wisse auch niemand. "Die Anklage wird wie ein Kartenhaus zusammenbrechen", sagt der Verteidiger.

Dienstagmittag (06.09.2016) geht es los. 30 Verhandlungstage sind zunächst bis Mitte Januar angesetzt. Der Prozess wird unter großen Sicherheitsvorkehrungen stattfinden: Die Ausweise aller Besucher werden abgelichtet, Taschen, Funkgeräte, Handys, Laptops, Fotoapparate und Symbole sowie textliche oder bildliche Darstellungen politischer, weltanschaulicher oder religiöser Bekenntnisse mit Bezügen zum Gegenstand des Verfahrens sind verboten.

(hpaw/RP/dpa)
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