Prozess gegen Salafisten in Düsseldorf Sven Lau bricht vor Gericht in Tränen aus

Am Mittwoch wird zum zweiten Mal im Prozess gegen den Salafistenprediger aus Mönchengladbach plädiert. Laus Verteidiger fordert erneut einen Freispruch, der Bundesanwalt sechseinhalb Jahre Haft. Zuletzt hatte der Angeklagte das Wort.

Fotos: Islamist Sven Lau beim Prozessauftakt in Düsseldorf
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Salafistenprediger Sven Lau beim Prozessauftakt in Düsseldorf

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Foto: dpa, fg pil

Die Uhr im Gerichtssaal zeigt 12.01 Uhr als der Angeklagte Sven Lau (36) das Wort ergreift. Er holt tief Luft, sammelt sich, dann versucht er es mit einem Witz: Er dankt seinem Verteidiger, für den er sicherlich kein "leichter Pflegefall" gewesen sei. Schmunzeln allerseits.

Doch dann wird Lau ernst, erzählt davon, wie er die Situation seiner ersten Festnahme im Januar 2014 erlebt hat, dann beklagt er sich über den leitenden Ermittler des Mönchengladbacher Staatsschutzes. Man wolle ihn möglichst schlecht darstellen. Laus Anwalt Mutlu Günal hatte den Behörden zuvor in seinem Plädoyer einen Rachefeldzug gegen den Gladbacher Salafistenprediger vorgeworfen.

Als "dreckige IS-Ratte" beschimpft

Als Lau schließlich seine Haftbedingungen in der JVA Aachen schildert, muss er das erste Mal heftig schlucken. Dann hört man Schluchzer durch das Mikrofon hinter der Plexiglasscheibe. Sekundenlang kann Lau nicht weitersprechen. Der Vorsitzende Richter Frank Schreiber fragt ihn, ob er unterbrechen wolle. "Nein." Lau sammelt sich. In der JVA sei er von den Mithäftlingen als "dreckige IS-Ratte" beschimpft und bespuckt worden.

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Foto: Raupold

Als er erzählt, dass er seine Frau und seine Kinder seit mittlerweile 19 Monaten nur durch eine Trennscheibe sehen darf, bricht er erneut in Tränen aus. "Ich kann nicht mal meine Kinder umarmen. Ich wünschte, dass ich in Gefangenschaft so behandelt werden würde wie alle anderen. Ich sitze mit Mördern in der JVA, die haben nicht so schwere Sicherheitsvorkehrungen wie ich." Er berichtet, dass seine Kinder in der Schule gemobbt würden, weil sie einen vermeintlichen IS-Anhänger zum Vater hätten. "Meine Familie hat mit alledem nichts zu tun", sagt Lau. Zuletzt sagt er: "Ich hoffe, dass das Gericht, auch wenn es von einer Straftat überzeugt ist, den Menschen sieht, den Familienvater. Ich möchte zurück zu meinen Kindern kommen."

Es ist selten, dass ein Angeklagter gleich zweimal die Gelegenheit zu einem letzten Wort hat. Am 17. Mai 2017, als zum ersten Mal in diesem Verfahren plädiert wurde, hatte er nur einen Satz gesagt: "Ich schließe mich meinem Verteidiger an." Doch am Mittwoch will er unbedingt etwas sagen, das hatte er seinem Verteidiger noch vor dessen Plädoyer durch die Plexiglasscheibe zugeflüstert.

Dem Salafistenprediger Sven Lau wird seit September 2016 der Prozess gemacht. Ihm wird Unterstützung der Terrororganisation "Jamwa" in Syrien in vier Fällen vorgeworfen. Er soll zwei junge Männer, darunter den Kronzeugen Ismail I., in eine Kampfgruppe vermittelt haben, Geld und Nachtsichtgeräte für den Kampf in Syrien besorgt haben.

Auch bei Sven Lau ist offenbar in den vergangenen acht Wochen die Erkenntnis gereift, dass es eng wird für ihn. Der Prozess und vor allem die Untersuchungshaft haben ihm zugesetzt. Sah man ihn bei den letzten Verhandlungstagen im Gericht, wirkte seine Gesichtsfarbe fahl. Statt des gereckten Daumens, den er seinen Anhängern an den ersten Prozesstagen oft zeigte, brachte er zuletzt nur ein schmallippiges Lächeln zustande.

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Spezialkräfte nehmen Sven Lau in Mönchengladbach fest

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Foto: Rene Anhuth/ ANC-NEWS

Oft ist es nicht vorgekommen, dass Sven Lau im Prozess etwas gesagt hat. Zu den Tatvorwürfen hat er sich gar nicht erst eingelassen. Dreimal hat er ehemalige Weggefährten, die als Zeugen im Prozess auftraten, befragt — auch den Kronzeugen Ismail I..

Eigentlich war schon vor dem vorletzten Verhandlungstag klar, wie die Plädoyers aussehen werden: Die letzten Verhandlungstage seit dem Wiedereintritt in die Beweisaufnahme Mitte Mai haben nichts an der juristischen Würdigung des Falls geändert. Der Vertreter des Bundesanwalts Malte Merz spricht weiterhin von einem "widerspruchsfreien Beweisergebnis", Laus Verteidiger Mutlu Günal zweifelt in seinem Plädoyer gleich den ganzen Rechtsstaat an. "Ich will dem Rechtsstaat helfen, aber er will sich nicht helfen lassen, der möchte verurteilen — und nächste Woche wird der Herr Lau auch verurteilt", sagt Günal. Davon wolle sich die Verteidigung nicht entmutigen lassen und trotzdem den Freispruch fordern.

Am kommenden Mittwoch, 26. Juli, verkündet der Vorsitzende Richter Frank Schreiber das Urteil.

(heif)
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