Prozess gegen Gladbacher Salafistenprediger Sven Lau bittet Zeugen um eine Aussage

Für den Salafistenprediger aus Mönchengladbach schwinden die Chancen, den Prozess zu wenden. Die vermeintlichen Entlastungszeugen wollen vor Gericht nicht aussagen. Deshalb probiert es Lau mit einem persönlichen Appell.

 Salafistenprediger Sven Lau steht vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Am Mittwoch bat er einen ehemaligen Weggefährten darum, die Wahrheit zu sagen.

Salafistenprediger Sven Lau steht vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Am Mittwoch bat er einen ehemaligen Weggefährten darum, die Wahrheit zu sagen.

Foto: dpa, fg pil

"Ich hab dich kennengelernt", sagt Sven Lau zu seinem ehemaligen Weggefährten Zoubir L. "Kannst du es mit seinem Gewissen vereinbaren, hier nicht die Wahrheit über mich zu sagen?" Sven Lau will sich am Mittwoch im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts die Chance nicht nehmen lassen, Zoubir L. ins Gewissen zu reden.

Der 37-jährige L. sitzt derzeit selbst hinter Gittern, weil er 2013 nach Syrien ausgereist ist und versucht hat, sich einer Terrormiliz anzuschließen. Doch daraus wurde nichts, nur drei Tage war er in dem Lager der "Jamwa" ("Armee der Auswanderer und Unterstützer"). Im Februar ist L. deswegen vom gleichen Senat um den Vorsitzenden Richter Frank Schreiber zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der Bundesanwalt meint, dass Salafistenprediger Sven Lau seinen damaligen Gladbacher Weggefährten Zoubir L. für die Kampfgruppe der "Jamwa" angeworben hatte. Unter anderem deswegen steht Lau vor Gericht. Am Mittwoch ist Hauptverhandlungstag 51, die Plädoyers sind schon gesprochen, doch das Gericht hat die Beweisaufnahme auf Antrag der Verteidigung noch einmal eröffnet.

Lau will Fragen stellen

Dass Lau eine längere Gefängnisstrafe erwartet, hat sich offenbar auch in der Salafistenszene herumgesprochen. Am Mittwoch erscheinen etwa ein Dutzend Anhänger im Gerichtssaal, mehr als sonst. Die Bundesanwaltschaft hatte sechseinhalb Jahre Haft für Lau gefordert, die Verteidigung einen Freispruch.

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In den letzten Monaten ist es nur ein paar Mal vorgekommen, dass sich Lau im Prozess zu Wort meldet. Zu dem, was man ihm vorwirft, schweigt er bislang. Aber zwei Zeugen hat er selbst befragt - beides langjährige Weggefährten aus Gladbach, darunter auch der Kronzeuge des Prozesses Ismail I.. Und jetzt will er Zoubir L. Fragen stellen.

Der hatte schon einmal im Prozess ausgesagt. Doch Laus Verteidiger Mutlu Günal hatte in seinem Plädoyer beantragt, dass das Gericht L. noch einmal befragen solle, bevor es Lau verurteile. Günal hatte L. vor Prozessbeginn und auch währenddessen als "Verrückten" bezeichnet. Nun soll ausgerechnet der "verrückte" L. Lau entlasten.

Doch Zoubir L. will Lau nicht entlasten. Er will am Mittwoch gar nichts dazu sagen, was in Syrien vorgefallen ist und beruft sich auf sein Auskunftsverweigerungsrecht. Richter Frank Schreiber und Bundesanwalt Malte Merz hatten schon vor der Verhandlung vermutet, dass es so kommt und versuchen gar nicht erst, weitere Fragen zu stellen. Doch der Angeklagte lässt sich nicht so einfach abwimmeln. Er will trotzdem Fragen stellen und ringt seinem Weggefährten immerhin ein paar Halbsätze ab.

"Du kannst dich ja bestimmt an die Fragen vom letzten Mal erinnern, als du gefragt wurdest, ob ich dich nach Syrien geschleust habe", setzt Lau an. Er spricht schnell und verhaspelt sich zwischendurch.

Zoubir L. hatte bei seiner ersten Zeugenvernehmung verneint, dass Lau bei seiner Ausreise geholfen habe. Mehr wollte er dazu bereits damals nicht sagen.

"Niemand kennt die Antwort außer dir"

Heute sagt er wieder "nein". Er sei "selbstständig" nach Syrien geflogen. Lau habe ihn auch nicht zum Flughafen nach Düsseldorf gebracht. "Mehr will ich dazu nicht sagen. Ich habe mein Urteil bekommen. Ich will meine Ruhe", sagt Zoubir L..

"Ich will auch meine Ruhe haben", antwortet Lau. Es reiche aber nicht "ja" oder "nein" zu ihm zu sagen, man werfe ihm immer noch vor, dass er Zoubir L. bei dessen Ausreise geholfen habe. "Deswegen bitte ich dich, die Wahrheit zu sagen. Niemand kennt die Antwort besser als du und ich."

"Nein, das stimmt nicht"

Schließlich will Lau von L. wissen, ob er ihm wirklich damals den Kontakt zu einem Schleuser für die Ausreise geschickt habe. L. hatte das bei der Polizei ausgesagt. "Nein, das stimmt nicht", sagt L.. "Ich weiß gar nicht, warum du die Fragen nicht beantwortet hast", schickt Lau noch hinterher. Nach 15 Minuten ist das Intermezzo vorbei.

Auch ein weiterer Zeuge, Sebastian B., bleibt am Mittwoch bei seinem Auskunftsverweigerungsrecht. Der 29-Jährige ist ein verurteilter Islamist. Viereinhalb Jahre Haft hat er bekommen, weil er Mitglied in besagter Kampfeinheit der "Jamwa" war, zu der auch Lau Verbindungen hatte. Doch mit B. kommt die Verteidigung auch nicht weiter.

Wie der Senat L.s knappe Aussagen bewertet, wird sich erst im Urteil zeigen. Bislang ist noch nicht klar, wann das Urteil fällt. Für nächste Woche stehen noch zwei Zeugen auf der Tagesordnung.

(heif)
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