Landgericht Düsseldorf Prozess platzt wegen Facebook-Kommentaren von Laienrichter

Düsseldorf · Wegen privater Internet-Kommentare eines Schöffen ist am Freitag ein Vergewaltigungsprozess beim Landgericht Düsseldorf nach rund vier Wochen Verhandlungsdauer geplatzt. Die Kosten hat die Staatskasse zu tragen.

Anwalt Udo Vetter, der den 39-Jährigen mit Migrationshintergrund gegen eine Anklage wegen Vergewaltigung verteidigt, reagierte erleichtert. Nach den Kommentaren des Laienrichters war für Vetter "ganz klar, dass hier eine Grenze überschritten war". Seinem Mandanten wird die Vergewaltigung seiner Ex-Frau (36) vorgeworfen. Kurz nach der Trennung des Paares im August 2011 soll er die Frau (die einst seinetwegen zum Islam konvertiert war) in seinem Auto unter Vorhalt eines Klappmessers zum Sex gezwungen haben. Das bestritt der Angeklagte seit Anfang Mai an bisher fünf Verhandlungstagen.

Doch teils parallel dazu hat jener Schöffenrichter, der über den Fall mit urteilen sollte, in Internet seine ablehnende Haltung im Fall eines anderen verdächtigen Migranten erkennen lassen, dem ebenfalls eine Sexual-Straftat angelastet wurde. Zudem hatte er sich im Internet Ansichten des umstrittenen Autors Thilo Sarrazin zu eigen gemacht sowie anti-islamistische Positionen von US-Präsident Donald Trump.

Daraufhin wegen Besorgnis der Befangenheit vom Angeklagten und seinem Anwalt abgelehnt, gab der Schöffe an, er habe "Angst vor einer Überfremdung meiner Heimat Deutschland, eben auch wegen des nicht kontrollierten Zugangs von fremden Personen". In einem gestern verkündeten Beschluss hat das Landgericht dem Ablehnungsantrag stattgegeben.

In der vierseitigen Begründung der Berufsrichter, die nichts zu dem behaupteten Zusammenhang mit religiösen Hintergründen enthält, hieß es, der Schöffe habe sich mit seinen Äußerungen innerhalb der Meinungsfreiheit bewegt. Und doch könne "in der Gesamtschau" für einen Angeklagten in einem Sexual-Strafverfahren der Eindruck entstehen, dass der 66-Jährige "eine innere Haltung hat, die die gebotene Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann". Und das, weil sich jener Schöffe zweimal in einer bestimmten Art zu Sexualstraftaten geäußert hatte, die solche Zweifel zulassen. Das genügt nach Ansicht der Berufsrichter, um eine "Besorgnis der Befangenheit" zu begründen. Allein durch den Verdacht war der 66-Jährige als Schöffe in diesem Verfahren nicht länger tragbar.

Ein anderer, hier nicht beteiligter Richter zeigte sich verwundert darüber, "dass sowas nicht häufiger passiert". Er plädierte sogar für eine Abschaffung des Schöffensystems. Bisher sind Laienrichter als unbefangene Bürger, sozusagen als "Volkes Stimme", an Strafprozessen und Urteilen beteiligt. In dieses Ehrenamt kann auf Vorschlag von Parteien oder Verbänden jeder Bundesbürger gewählt werden, der 25 bis 69 Jahre alt ist, unbescholten, unter anderem verfassungstreu, deutschsprachig und sozialkompetent.

(RP)
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