Düsseldorf Psychologische Hilfe für Flüchtlinge

Düsseldorf · Nach den Anschlägen der vergangenen Tage hat die Arbeiterwohlfahrt mit ihren Mitarbeitern in den Unterkünften darüber gesprochen, wie sie auf die Menschen zugehen können, um Isolation und Radikalisierung zu verhindern.

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Was hat sich nach den Anschlägen von Würzburg und München in Düsseldorf verändert?

Die Gewalttaten und die möglichen psychologischen Ursachen sind ein großes Gesprächsthema in den Flüchtlingsunterkünften und bei den Trägern. Die Arbeiterwohlfahrt hat daraus den Schluss gezogen, ihre Sozialarbeiter noch einmal bewusst zu sensibilisieren für den Umgang mit Menschen, die durch Krieg, Flucht und Einsamkeit traumatisiert sein könnten. Dabei geht es nicht um Kriminalprävention, sondern um allgemeine Vorbeugung - eine Traumatisierung führt selten zu Gewalttätigkeit, kann sich aber auch in vielen anderen Symptomen äußern wie Schlafstörungen, psychosomatischen Schmerzen oder Selbstmordgedanken. Die Mitarbeiter sollen den Betroffenen offen begegnen und ihnen Angebote machen, die verhindern, dass sie sich isolieren oder für Radikalismus empfänglich werden.

 Flüchtlinge warten gemeinsam vor einer großen Erstaufnahme. Sie werden in der Unterkunft auch von Medizinern untersucht.

Flüchtlinge warten gemeinsam vor einer großen Erstaufnahme. Sie werden in der Unterkunft auch von Medizinern untersucht.

Foto: Foto. dpa

Wie und wann werden Flüchtlinge auf mögliche Traumata oder Depressionen untersucht?

Eine erste Einschätzung nehmen die Mitarbeiter der kommunalen Erstaufnahme am Vogelsanger Weg vor, in die alle der Stadt Düsseldorf zugewiesenen Flüchtlinge zuerst kommen. Dort lernen die Sozialarbeiter der Stadt und die Fachkräfte des Roten Kreuzes die Flüchtlinge kennen. Zudem werden sie von einem Mediziner untersucht. Wenn der Eindruck entsteht, dass die Betroffenen unter Traumata, Depressionen oder anderen psychologischen Erkrankungen leiden, werden sie auf die Hilfsangebote hingewiesen.

Welche Formen der Hilfe gibt es?

Neben klassischen Psychologen helfen auch zahlreiche Stellen, die auf bestimmte Lebenslagen spezialisiert sind. Das gilt für den schulpsychologischen Dienst genauso wie für die Jugendhilfe oder das Psychosoziale Zentrum. Unbegleitet eingereiste minderjährige Flüchtlinge erhalten unter anderem in Wohngruppen Unterstützung. Die Behandlung von Flüchtlingen stellt Fachleute vor allem wegen der Sprachbarriere vor Herausforderungen. Es gibt wenige Therapeuten, die die Sprachen der häufigsten Herkunftsländer beherrschen.

Welche Angebote gibt es im Psychosozialen Zentrum (PSZ)?

Die zentrale Anlaufstelle ist bereits seit fast 30 Jahren das Düsseldorfer Psychosoziale Zentrum (PSZ), das für den Regierungsbezirk zuständig ist. Rund 500 Klienten kommen dort pro Jahr zum Gespräch und werden meist weitervermittelt. Die Einrichtung wurde einst von Chilenen gegründet, die vor Diktator Pinochet geflohen waren und durch Folter und Flucht traumatisierten Landsleuten helfen wollten. Bereits vor dem jüngsten Anstieg der Zahl der Flüchtlinge gab es mehr Anfragen, als das PSZ bewältigen konnte, inzwischen übersteigt die Nachfrage deutlich das Angebot. In Düsseldorf gibt es mit der Ambulanz für Transkulturelle Psychotherapie am LVR-Klinikum zudem eine neuartige Einrichtung speziell zur Behandlung von traumatisierten Migranten und Flüchtlingen.

Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die elektronische Gesundheitskarte für Flüchtlinge?

Düsseldorf hat sich im Gegensatz zu anderen Kommunen entschieden, Flüchtlingen eine Gesundheitskarte zu geben, statt ihre Behandlung beispielsweise über Krankenschein zu regeln. Dies hat den Vorteil, dass Flüchtlinge auch selbstständig Hilfe suchen können. Zum Leistungskatalog der Karte zählt auch die psychotherapeutische Behandlung. Die Kosten trägt die Kommune. Dass Traumatisierte einen Arzt aufsuchen oder rechtzeitig zu einem gebracht werden, ist damit natürlich nicht gewährleistet - in diesem Punkt unterscheiden sich die Flüchtlinge nicht von allen anderen Bewohnern der Landeshauptstadt.

(RP)
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