Interview mit Hans-Georg Lohe "Quadriennale-Publikum wird jünger"

Düsseldorf · Das Kunstfestival geht in den knapp zweiwöchigen Endspurt. Der Kulturdezernent zieht eine positive Bilanz, sieht aber auch Raum für Verbesserungen: So soll es einen knackigeren Titel bekommen, auch der Ankauf einzelner Werke sei denkbar.

Quadriennale: "Kunst und Alchemie" in Düsseldorf
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Herr Lohe, die Quadriennale wird das Ziel von 250 000 Besuchern vermutlich erreichen. Sind Sie zufrieden?

Lohe Ja, das bin ich. Aber nicht nur wegen der Besucherzahl. Meiner Meinung nach ist diese dritte auch die beste Quadriennale, bei der wir breite Bevölkerungsschichten erreicht haben, etwa durch die langen Nächte oder externe Aktionen wie die Feuerskulptur am Rhein, unsere Präsenz beim Open-Source-Festival, die Büdchen-Tour oder das "Urban Gardening". Die Quadriennale ist in der Stadt besser angekommen als zuvor und dies bei einem ja recht anspruchsvollen Ausstellungsreigen.

Die Zahlen kommen jedoch nur zustande, weil es oft freien Eintritt gab: neun Tage bei der Kunstsammlung, im Ehrenhof mussten die Besucher für Vergünstigungen vorsingen, die Nacht der Museen wurde mitgezählt. Ist der Erfolg geschönt?

Lohe Dass diese Zahlen mit einfließen, ist ein übliches Verfahren. Marketingaktionen gehören dazu, schließlich ist den Museen damit gedient, wenn zusätzliche Besucher angezogen werden und sich die Häuser füllen - wir verbinden mit dem Festival auch die Idee, neue Menschen in die Museen zu locken. Besonders dankbar sind übrigens Häuser wie KIT, Kai 10, imai oder die Stoschek-Collection, die gerade beim Thema Besucherzahlen sehr von der Quadriennale profitieren.

Das Museum Kunstpalast wird in Kürze eine Besucherbefragung durchführen. Welche Kenntnis haben Sie bislang von der Besucherschaft?

Lohe Wir haben 2010 eine Befragung organisiert und auch in diesem Jahr in allen Häusern Besucher befragt. Erste Ergebnisse zeigen, dass neben dem klassischen Ausstellungspublikum verstärkt ein jüngeres Publikum im Alter von 19 bis 35 Jahren das Kulturangebot der Quadriennale Düsseldorf 2014 wahrnimmt. Zudem verzeichnen die Ausstellungshäuser vermehrt Besucher aus dem Ausland - das freut auch unsere Partner-Hotels und die Düsseldorf Marketing & Tourismus GmbH. Wir haben sehr viele Gäste aus den Benelux-Ländern. International werden wir viel stärker und sehr positiv wahrgenommen, das zeigen uns die Pressebelege aus aller Welt. Sogar Südkorea ist darunter. Länder wie Italien, Norwegen, Finnland sind ohnehin dabei.

Zur Eröffnung gab es diesmal Spektakel und Festivalstimmung, aber danach setzte nicht die notwendige Mund-zu-Mund-Propaganda mit der Botschaft ein: Das muss man gesehen haben. Ist die Quadriennale zu verkopft?

Lohe Es war auch meine Wahrnehmung, dass wir nicht so eine starke Mund-zu-Mund-Propaganda hatten. Andererseits ist beispielsweise die Ausstellung im KIT von der Künstlerin Pauline M'barek ein Publikumsrenner und trifft anscheinend gerade den Nerv des Publikums. Hinzu kommt, dass die Kommunalwahl das beherrschende Thema in der Stadt war und auch viele Werbeträger blockierte. Andere Themen rückten dadurch in den Hintergrund.

"Kunstgegenwärtig", "Über das Morgen hinaus": Warum hat das Kunstfest Titel, die so wenig selbsterklärend sind?

Lohe Die Museen haben diesmal gemeinsam mit dem Programmleiter Wolfgang Ullrich diesen Titel erarbeitet. Es galt eine Klammer zu finden für ein sehr breitgefächertes Ausstellungsprogramm. Für das Marketing war dieser Titel nicht so einfach zu spielen, da gebe ich Ihnen recht. In Zukunft werden wir noch intensiver darüber diskutieren, wie wir einprägsamere und direkt verständliche Titel formulieren.

Die goldene Kugel von James Lee Byars, die bei der vergangenen Quadriennale im Weiher vor Schloss Benrath installiert worden war, wollten viele Bürger behalten. Wäre das was: Nach jedem Kunstfest bleibt ein Kunstwerk in der Stadt?

Lohe Wir hätten die Kugel damals gerne behalten, aber sie hätte aus Gründen des Denkmalschutzes nicht am Schloss verbleiben können. Es hatte zudem Probleme mit dem Rechteinhaber des Kunstwerkes gegeben. Aber im Prinzip sehe ich es auch so: Solch ein Kunstwerk zu behalten, ist ein guter Ansatz - wir reden darüber.

Wie wird die Quadriennale denn ein geliebtes Kind der Düsseldorfer, etwa wie die Nacht der Museen, auf die sich viele Menschen freuen und die auch stark besucht ist?

Lohe Die Quadriennale ist ein junges Festival, das zum einen nur alle vier Jahre an den Start geht und zweitens erst das dritte Mal stattgefunden hat. Auch andere Festivals haben einen Erfolgsprozess durchlaufen. Es dauert, bis sich ein Festival stärker im Bewusstsein verankert, wie es bei der Biennale in Venedig heute der Fall ist. Deswegen haben wir beispielsweise diskutiert, im Zwischenschritt nach zwei Jahren den Düsseldorfer Kunstpreis zu verleihen.

Warum zeigt Düsseldorf nicht einmal in fünf Museen unsere großen Fotografen? Für sie ist die Stadt in der ganzen Welt bekannt und fände bestimmt international große Aufmerksamkeit.

Lohe Das haben wir intensiv diskutiert, sogar für die aktuelle Quadriennale. Die Institutsleiter haben sich jedoch für das aktuelle Konzept entschieden.

Die Politik will im Herbst die Zukunft der Quadriennale diskutieren. Wie fällt Ihr Plädoyer aus?

Lohe Der Erfolg der Quadriennale hat für mich mehrere Facetten. Dass dreizehn Ausstellungshäuser gemeinsam an einem Strang gezogen haben und interessiert sind, auch künftig größere Projekte zu realisieren, ist ein erfreuliches Ergebnis, auf das die Kulturpolitik aufsetzen kann. Auch die Internationalisierung bei Gästen und der Medienberichterstattung ist für Düsseldorfs Image als Kulturstadt ein Schritt weiter und bringt für Hotellerie und Gastronomie zusätzliche Umsätze. All dies gilt es neben den reinen Besucherzahlen bei der anstehenden Diskussion mit zu berücksichtigen.

SPD und Grüne haben im Frühjahr, also vor den Wahlen, angeregt, den Zuschuss von 4,2 Millionen Euro in den Fortbestand des populären NRW-Forums zu investieren. Wie weit ist die Suche nach einer neuen Leitung für dieses Haus?

Lohe Die Suche läuft, die Kommunalwahl hat eine Verzögerung verursacht. Nach der Sommerpause wird entschieden.

UWE-JENS RUHNAU FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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