Düsseldorf Richter will Bußgeld nicht zahlen

Düsseldorf · Ein 61-Jähriger Jurist am Oberlandesgericht war 2009 geblitzt worden, weil er 116 statt der erlaubten 80 km/h gefahren war. Als Richter hat er in diesem Jahr entschieden: Videomessungen von Autofahrern sind unzulässig.

 Auf der Brüsseler Straße im Düsseldorfer Stadtteil Heerdt war der Richter mit überhöhter Geschwindigkeit erwischt worden.

Auf der Brüsseler Straße im Düsseldorfer Stadtteil Heerdt war der Richter mit überhöhter Geschwindigkeit erwischt worden.

Foto: Göttert

Autobahnähnlich wirkt die Brüsseler Straße stadtauswärts in Höhe der Anschlussstelle Heerdt. Doch dort gilt ein Tempolimit von 80 km/h. Tausende von Autofahrern haben das schon übersehen, wurden dafür zur Kasse gebeten.

Am 5. August 2009 soll auch ein 61-jähriger Vorsitzender Richter am Oberlandesgerichts (OLG) das erlaubte Tempo an dieser Stelle mit seinem Privatauto deutlich überschritten haben. Doch der Jurist hat gegen den Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt, jetzt soll ein Amtsrichter den Fall überprüfen.

Der rasende Richter hatte als Vorsitzender des OLG-Senats für Bußgeldsachen im Februar breit angelegte Videomessungen von Autofahrern als unzulässig gekippt.

Im konkreten Fall war ein Fahrer auf der A3 in Richtung Köln in eine Videomessung geraten, sollte wegen zu geringen Abstands zum Vordermann hundert Euro Buße zahlen und einen Monat Fahrverbot hinnehmen. Dagegen war der Fahrer vor das Oberlandesgericht gezogen und dort freigesprochen worden.

Der OLG-Beschluss vom 9. Februar 2010 besagt: "Massenhaft durchgeführte Überwachungen im Rahmen von standardisierten Verfahren" seien ein "systematisch angelegter Eingriff in die Grundrechte" einer Vielzahl von Menschen — und daher "nicht verwertbar".

Breit angelegte Maßnahmen, denen kein konkreter Anfangsverdacht gegen einzelne Fahrer zugrunde liegt, sondern bei denen alle Autos gefilmt oder fotografiert werden, sollten in erster Linie der Bekämpfung von schwer ermittelbarer Kriminalität dienen.

"Die vorsorgliche Datenerhebung von unverdächtigen Personen zum Zwecke der Überführung einer Ordnungswidrigkeit" sei unverhältnismäßig, also unzulässig, so das OLG.

Bei seinem eigenen Tempoverstoß auf der Brüsseler Straße war der 61-Jährige laut Messung mit dem mobilen Radargerät "Multanova" 36 km/h zu schnell gewesen. 204 Euro Buße soll das den Richter kosten und drei Punkte im Flensburger Verkehrszentralregister einbringen. Das Gerät hatte nach der Tempo-Messung ein Foto von Fahrzeug und Fahrer gefertigt.

Bei Radarmessungen dieser Art werden Auto und Fahrer nicht gestoppt, sondern über das Foto identifiziert. Nach der Fotoauswertung erhält der Fahrzeug-Halter ein Schreiben von der Bußgeldstelle. Bei Einsprüchen prüft das Amtsgericht den Vorwurf in öffentlicher Verhandlung.

Über den Einspruch des OLG-Richters will das Amtsgericht am kommenden Mittwoch um 11.30 Uhr (Saal 1.105) verhandeln. Für eine Stellungnahme war der OLG-Richter gestern nicht zu erreichen.

Unklar ist, ob es bei diesem Termin bleibt. Der 61-Jährige hat beantragt, die Verhandlung zu verschieben. Eine Entscheidung des Amtsrichters steht noch aus.

(RP)
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