Konzert in Düsseldorf Robbie Williams kann es immer noch

Robbie Williams gibt in Düsseldorf den Rockstar, den Schäkerer, den liebenden Sohn und Papa. Seine Bewegungen sind ruhiger, sein Konzert ist kürzer geworden. Den Fans macht das nichts. Sie sind mit dem Sänger erwachsen geworden.

Das war das Konzert von Robbie Williams in Düsseldorf
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Foto: David Young

Man muss gewieft sein. Wer will, dass Robbie Williams einen zu sich auf die Bühne rufen kann, der muss seinen Namen aufs Shirt drucken. Avalon, Julienne, Illona und Marisa sind gewieft, ihre Vornamen prangen in neongelben Lettern auf der Rückseite ihrer schwarzen, engen Shirts. Vorne darauf: die Buchstaben RW und der Titel der Tour. Die vier Frauen in den eher späten Dreißigern sind extra aus Malta zu dem Konzert gekommen. Die Frage nach dem Warum beantworten sie - wie die, ob sie immer mit dem Rücken zur Bühne stehen, damit Robbie ihren Namen lesen kann - erst mit verständnislosen Blicken und dann mit "He's Robbie!" Die vier stehen gerade Schlange an dem Stand, an dem es bunte Getränke mit Strohhalmen gibt, und warten. Erst auf ihre gefüllten Pfandbecher mit Robbie-Bild darauf - und als nächstes auf 21 Uhr. Dann soll Robbie Williams, mittlerweile sehr erwachsene 43 Jahre alt, verheiratet, Vater zweier Kinder, auf die Bühne kommen.

"Wir müssen morgen alle früh raus"

Fans warten auf Robbie Williams
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Noch ist es aber nicht so weit. Noch stehen auch die sieben Frauen, die für das Konzert aus Köln nach Düsseldorf gekommen sind, bei Plastikbecherbier und Bratwurstduft draußen vor der Arena. Immer wieder schauen auch sie auf die Uhr. Wegen dieser wunderbaren Vorfreude einerseits, wegen dieser schrecklichen Vernunft andererseits. "Wir müssen morgen alle früh raus", sagt Hannah. Sie haben am nächsten Tag zu arbeiten, haben Kinder, Ausschlafen ist ein Luxus, den sie sich nicht mehr oder nur sehr selten leisten können. Der größere Teil der Gruppe ist mit Robbie Williams und vorher mit Take That aufgewachsen. Poster an den Teeniezimmer-Wänden, rasant schneller Wechsel zwischen großer Fan-Liebe und tiefer Traurigkeit, als Robbie aus der Boyband ausscheidet, das volle Programm. Gleich und hier ist erst einmal Begeisterung angesagt. Das ist der Plan.

Denn ob die sieben Kölnerinnen oder die vier Malteserinnen enttäuscht sind über das Intro, ist leider nicht überliefert. Anders als bei früheren Tourneen startet Williams nicht mit "Let Me Entertain You", sondern mit dem Titelsong seines aktuellen Albums "Heavy Entertainment Show". Der Rest der mehr als 40.000 Menschen, die in die Esprit-Arena gekommen sind, scheint innerhalb von drei Sekunden schockverliebt. Robbie Williams ist von Berufs wegen Publikumsdompteur: Er gibt im einen Moment den klassischen Harter-Hund-Rockstar, erzählt aber im nächsten Moment Geschichten von seinen Kindern, und man erwischt sich dabei, "wie niedlich" zu denken. Er schreibt ohne ein Zucken ein Edding-Autogramm auf die nackte Brust einer jungen Besucherin und tanzt immer wieder so mit den Tänzerinnen, dass man sich unweigerlich fragt, wie man das als Ehefrau so fände, und singt im nächsten Moment ein herzzerreißendes Duett mit seinem Vater. Williams beherrscht die gesamte Gefühlsklaviatur. Heute so sehr wie zu seinen Hoch-Zeiten, als er Alben wie "Escapology" und "Swing When You're Winning" herausbrachte.

Kartoffelanbau und Marmeladekochen

Dass die Bewegungen ruhiger geworden sind, dass er zwischen den Songs nicht mehr so viele und so schmuddelige Geschichten erzählt wie früher, dass das Konzert nur noch 90 Minuten und nicht mehr über zwei Stunden dauert, das alles macht seinen Anhängern wenig aus. Sie können das gut verstehen - die meisten von ihnen sind schließlich mit dem Sänger gealtert. Einen Satz wie "Sind die jetzt auch geschieden?" hörte man bei Robbie-Williams-Konzerten vor 15 Jahren nicht. Es wurde nicht über Kartoffelanbau und Marmeladekochen geredet, nicht darüber, dass morgen die Arbeit wartet und man bitte früh ins Bett möchte; der Zwei-Euro-Pfandbecher wurde nicht achtlos neben Pizzaresten abgestellt, sondern als Souvenir mit nach Hause genommen oder zurückgebracht.

Robbie Williams beendet den Abend mit dem Frank-Sinatra-Song "My Way". Er schaut aus sehr feuchten Augen auf diese vielen Menschen, die mit ihren Handys das Konzertlicht machen, das zu Beginn seiner Karriere Feuerzeuge spendeten, und er schaut, als frage er sich, ob diese vielen Menschen tatsächlich alle seinetwegen gekommen sind.

Kann sein, dass er das auch nach 27 Jahren Karriere noch immer nicht glauben kann. Kann auch sein, dass das Teil der großen Robbie-Williams-Show ist. Dann ist es noch immer eine verdammt gute.

(grof)
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