Die stillen Helfer in Düsseldorf "Schlaf ist meine einzige Freizeit"
Düsseldorf · Marion Kazmirek leitet ehrenamtlich zwei Frauengesundheitszentren. Dort gibt sie Frauen auf Basis der Naturheilmedizin Tipps zu Ernährung, Bewegung und Entspannung. Außerdem sammelt sie Spenden und pflegt sechs ihrer Angehörigen.
Seit 50 Jahren engagiert sich Marion Kazmirek aus Angermund für andere: Seit ihrem ersten Schuljahr sammelt sie bei Freunden und Bekannten Spenden für Hilfsorganisationen. Aktuell unterstützt sie den Kampf gegen Ebola. Darüber hinaus leitet Kazmirek zwei Frauengesundheitszentren in Düsseldorf und Duisburg und pflegt sechs Angehörige. Beruflich betreibt die Angermunderin eine Praxis für Naturheilmedizin und Psychotherapie. "Egoismus und dieses ,Jeder für sich', das ist nicht mein Lebensmotto", sagt sie.
Mit der Schulmedizin machte die End-Fünfzigerin, die unter zwei chronischen Erkrankungen leidet, schlechte Erfahrungen. Ärzte schätzten ihre Lebenserwartung auf 30 Jahre. Mit 32 machte Kazmirek einen Strich unter ihr bisheriges Leben und fing von vorne an. Sie hörte auf, für eine Bank zu arbeiten und begann ein Medizin- und dann ein Psychologiestudium. Besonders an der alternativen Medizin und der Selbstheilung fand sie Gefallen. "Ich habe gemerkt, dass es einen großen Bedarf gab", sagt Kazmirek. "Und habe selbst nach so einer Einrichtung gesucht."
Da es die nicht gab, gründete sie 1988 das Frauengesundheitszentrum Düsseldorf. Dort berät sie ehrenamtlich Ratsuchende. Kazmirek gibt Empfehlungen zu den Themen Ernährung, Bewegung und Entspannung. Ihr ist es wichtig, dass jede Frau einen individuellen Plan erhält. Bei allen Heilmethoden legt sie Wert auf Natürlichkeit: "Der Mensch, der gegen die Natur geht, wird krank", sagt sie.
Die Zahl der hilfesuchenden Frauen schwankt. Manchmal meldet sich nur eine Frau in der Woche, manchmal sind es zehn an einem Tag. Die Arbeit im Gesundheitszentrum macht sie honorarfrei. Etwas Geld verdient sie mit der eigenen Praxis für Naturheilmedizin und Psychotherapie. "Dort mache ich ähnliche Dinge wie im Frauengesundheitszentrum", sagt sie. "Da muss man doppelt wahnsinnig sein." Denn durch ihr ehrenamtliches Engagement bleiben ihr weniger Patienten für die Praxis.
Auch außerhalb Deutschlands engagiert sich die Medizinerin. In vierzehn verschiedenen Ländern Afrikas, darunter Nigeria und Kamerun, war sie mittlerweile. Unterwegs knüpfte sie Kontakte, damit Organisationen bei Projekten konkrete Ansprechpartner haben. "Es ist schwierig, in Afrika mit seinen häufig korrupten Regierungen und Militärdiktaturen überhaupt etwas zu organisieren", stellt sie fest. "Wer in Afrika war, versteht, was für ein Zufall und ein Geschenk es ist, in Deutschland geboren zu sein." Die Frau aus dem Düsseldorfer Norden schätzt es sehr, dass Gesundheit und Bildung in Deutschland für jedermann erreichbar sind. Sie sieht die Schulmedizin kritisch, verunglimpft sie aber nicht: "Das System ist wunderbar, wenn es um Notfälle und Infektionskrankheiten geht."
Auch Asylbewerber in Deutschland unterstützt Kazmirek. Dabei halfen ihr besonders ihre Englisch- und Französisch-Kenntnisse. Über viele Jahre betreute sie Menschen, die später Freunde wurden. Der Tagesplan der Psychotherapeutin ist voll. "Außer der Zeit, in der ich schlafe, habe ich keine Freizeit", sagt sie. Neben all ihren Tätigkeiten - so nimmt sie auch regelmäßig am Frauenforum Düsseldorf teil - pflegt sie seit acht Jahren ihre Mutter, mittlerweile zudem ihren Vater und vier weitere Angehörige. "Die Situation pflegender Angehöriger ist eine Katastrophe", sagt Kazmirek. "Sie haben keine Lobby." Und so hat sie ein neues Feld gefunden, in dem sie sich engagieren will: Bei der nächsten Düsseldorfer Pflegekonferenz möchte sie dafür sorgen, dass das Thema Angehörige ausreichend diskutiert wird.
