Düsseldorf Schüler sammeln Tipps für Flüchtlinge

Düsseldorf · Jungen und Mädchen des Friedrich-Rückert-Gymnasiums haben einen Faltplan erstellt, der kostengünstige Freizeitmöglichkeiten aufführt. Der Verein Friedensband will Seiteneinsteigerklassen das Ankommen erleichtern.

 Die Rückert-Schüler Hafida und Walid (v.l.) sprechen mit den Flüchtlingen auf Arabisch über ihre Situation.

Die Rückert-Schüler Hafida und Walid (v.l.) sprechen mit den Flüchtlingen auf Arabisch über ihre Situation.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

"Wir alle haben eines gemeinsam", sagt Hafida in ihrer Ansprache in der Flüchtlingsunterkunft an der Sankt-Franziskus-Straße, "wir alle mussten unsere Heimat verlassen." Hafida weiß deshalb, wie Menschen sich fühlen, die aus ihrem Heimatland fliehen musste. Die 15-jährige Schülerin besucht nun die internationale Klasse des Friedrich-Rückert-Gymnasiums, das unmittelbar gegenüber der Traglufthalle in Mörsenbroich steht. Ihr Klassenkamerad Walid, 15, ist erst seit vorigem September an der Schule. Beide haben mit ihren Mitschülern für die Bewohner des Flüchtlingsheims einen "Refugee-Guide" erstellt.

Im Erdkundeunterricht hatten sich die Schüler der Klasse 9a mit den Ursachen und Auswirkungen der Flüchtlingskrise beschäftigt. Constanze Jestaedt-Fischer, Leiterin der Flüchtlingsunterkunft, sowie Jürgen Claessens, Ehrenamtskoordinator des Malteser Hilfsdienstes, der die Geflohenen in Rath betreut, besuchten die Schüler im Unterricht und beantworteten Fragen zur Situation in der Unterkunft. Schnell wurde deutlich, dass die Probleme der geflohenen Menschen nicht gelöst sind, nachdem das Fluchtziel Europa erreicht ist. Ihre Ängste und Sorgen bleiben, und auch der Wunsch nach einer gelungenen Integration.

Gemeinsam mit ihrer Lehrerin Nina Berkemeier entstand so die Idee eines "Refugee-Guide", eines Fremdenführers in Form eines Faltplans. Der kleine Stadtplan - die Flüchtlingsunterkunft im Zentrum - soll dafür sorgen, dass sich die Neuangekommenen mithilfe von Kartenmaterial und detaillierten Informationen schnell die Stadtteile Mörsenbroich und Rath erschließen und auch über Angebote und Freizeitmöglichkeiten informieren können. Dabei suchten die Schüler Orte und Ziele aus, die mit geringen finanziellen Mitteln genutzt werden können, seien es Sportmöglichkeiten, Cafés oder Ausflugsziele der Umgebung. Zum Beispiel werden als Ausflugsziele der Grafenberger Wald und Tierpark sowie der Rheinturm oder der direkt neben der Flüchtlingsunterkunft liegende Abenteuerspielplatz empfohlen. Außerdem wird im Stadtplan auf günstige Einkaufsmöglichkeiten oder ausgebaute Joggingstrecken aufmerksam gemacht. Ein Mini-Wörterbuch soll den Geflohenen den Einstieg auch in die deutsche Sprache erleichtern: Standardsätze des Alltags können in Zukunft die Frage nach dem Weg oder Preis einfacher machen. Der auf Deutsch verfasste und von den Schülern sowohl ins Englische als auch Arabische übersetzte Guide ist jedoch mehr als nur eine Anleitung zur Freizeitgestaltung, "es ist gleichsam auch eine Willkommensgeste", sagt Schulleiterin Dorothee Pietzko.

Das Ziel, Schülern das Ankommen zu erleichtern, hat auch der Verein Aktion Weißes Friedensband. Schüler der Seiteneinsteigerklassen der Dumont-Lindemann-Schule in Bilk stellten das Ergebnis von zehnwöchigen Workshops vor auf dem ersten Geflüchteten-Kongress unter dem Titel "Angekommen - wirklich?". Sie hatten sich mit Themen wie Menschenrechten, Frauenbild und Sexualität aber auch gelungenem Einleben und Gastfreundschaft sowie der Akzeptanz Andersdenkender auseinander gesetzt. "Die zugewanderten Jugendlichen sind die Experten", sagt Projektleiter Günter Haverkamp. "Nach ihren Bedürfnissen richten sich die Inhalte."

Die vor allem zu Beginn hohe Sprachbarriere wurde über Piktogramme überbrückt. Karten mit Symbolen der unterschiedlichen Religionen übernahmen dabei die Funktion, Toleranz gegenüber anderen Glaubensgemeinschaften auszudrücken, ein gleichgeschlechtliches Paar drückte die Akzeptanz von Homosexualität aus. Mit der Tätigkeit in den Gruppen wurde auch die Sprache gelernt. "Am Anfang dachte ich, ich würde nie die deutsche Sprache lernen", erzählt Fatima El Bass (17). Heute spricht sie vokabelreich, fast eloquent. Und auch Kereshmeh Ghazizadeh aus Afghanistan, 14 Jahre alt und seit 2014 in Düsseldorf, ist sich sicher "in Deutschland eine neue Heimat gefunden zu haben". Ihre in Düsseldorf gefundenen deutschen Freunde tragen dazu bei.

(RP)
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