Düsseldorf Stadtmuseum zeigt die Welt der Schützen

Düsseldorf · Die Geschichte der St. Sebastianer ist das Thema einer sehenswerten Ausstellung. Die Schützen bleiben beim Gründungsjahr 1316.

 Svenja Wilken vom Stadtmuseum vor einem Hologramm des heiligen Sebastian. Zu sehen ist die Ausstellung von morgen bis zum 24. Juli.

Svenja Wilken vom Stadtmuseum vor einem Hologramm des heiligen Sebastian. Zu sehen ist die Ausstellung von morgen bis zum 24. Juli.

Foto: Andreas Bretz

Den Nerv der Zeit möchte Susanne Anna, die äußerst ambitionierte Direktorin des Stadtmuseums, treffen, wenn sie an der Berger Allee zeigt, was Schützen seit dem späten Mittelalter für Düsseldorf getan haben und was sie für die Seele der Stadt bedeuten. "Ich will keine stinklangweilige Schützengeschichte zeigen", sagt Anna, und man darf sagen, dass ihr und ihren Mitstreitern genau das gelungen ist.

Der heilige (und sehr schöne) Sebastian wird als Ikone der Homosexualität eingeordnet. Die Wohltäterin (und Frau) Jutta von Pempelfort - sie wird in einer Urkunde von 1316 erstmals erwähnt - und die in den Statuten der Sebastianer aus dem Jahr 1435 genannten "Brüder und Schwestern" verweisen auf die weibliche Seite von Geschichte. Entnazifizierungsurkunden geben Auskunft darüber, welcher Schütze aus der ersten Reihe in der NSDAP oder gar bei der SS war. Und eine Wand, in der Menschen über Instagram Fotos aus dem ganz normalen Schützenleben hochladen können, führt ins 21. Jahrhundert. Vom heimischen PC in Echtzeit ins Museum - so füllen die Ideengeber der Ausstellung "Soziale Stadt - 700 Jahre St. Sebastianus Schützenverein 1316 e.V." ihre selbst gemachte Vorgabe, die Bürger teilhaben zu lassen, mit Leben.

Ausdrücklicher Wunsch der Ausstellungsmacher, zu denen auch die Peter Behrens School of Arts zählt: Es soll fleißig diskutiert werden. So wie in den vergangenen Wochen über das nicht belegbare Gründungsjahr 1316, das erst 1954 offiziell an die Stelle der bis dahin verwendeten Jahreszahl 1435 trat. Für den Kirchenhistoriker Ulrich Brzosa eine Fehl-Entscheidung, die sich auf wissenschaftlich nicht mehr haltbare Beiträge aus dem 19. Jahrhundert stützt. Eine Debatte, die gestern anlässlich eines ersten Rundgangs leidenschaftlich fortgesetzt wurde. Wobei Anna und Schützenchef Lothar Inden unterschiedliche Akzente setzten. Inden stellte klar, dass die Bruderschaft beim Gründungsjahr 1316 bleiben wird. Es gebe trotz der jetzt dargelegten Fakten keinen Grund, das zu ändern. Sicher sei es "ein Versäumnis", dass das 1954 als Beleg angeführte Bruderschaftsbuch aus dem frühen 14. Jahrhundert nie vorgelegt wurde. "Aber wer sagt denn, dass ein solches Buch oder eine vergleichbare Urkunde nicht doch existieren?" Dem damaligen Ehrenpräsidenten Georg Spickhoff, der die Präsentation des Buches bei einer Versammlung lediglich angekündigt hatte, will Inden jedenfalls nicht unterstellen, das Ganze bloß erfunden zu haben.

Dagegen sagte Anna: "Man muss anerkennen, dass es kein Bruderschaftsbuch und keine Gründungsurkunde gibt, die 1316 belegen. Das behauptet aber auch niemand." Sie gehe nicht davon aus, dass ein solches Dokument tatsächlich noch auftauche. "Aber wir haben auch keine Geburtsurkunden von Christus oder von Shakespeare oder von syrischen Flüchtlingen, die bei uns Schutz suchen." Und selbst wenn Christi Geburt zweifelsfrei auf das Jahr sechs vor null rückdatiert werden könnte, "bliebe es doch bei unserer heutigen Zeitrechnung", meint Anna. Entscheidend sei, dass soziales Engagement von namentlich genannten Düsseldorfern tatsächlich in Urkunden aus dem Jahr 1316 belegt ist und dass die in der Ausstellung im Original gezeigten Statuten von 1435 den Satz enthalten "so wie in Vorzeiten".

(jj)
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