Musical im Capitol Sisi, der Kaiser und der Tod

Düsseldorf · Das Musical "Elisabeth" feierte im Capitol-Theater Premiere. Das Textbuch stammt aus der Feder von Michael Kunze, die Musik steuerte Sylvester Levay bei. Die Inszenierung besorgte Harry Kupfer.

 Annemieke van Dam als Elisabeth und Markus Pol als Kaiser Franz Josef in der „Elisabeth“-Aufführung.

Annemieke van Dam als Elisabeth und Markus Pol als Kaiser Franz Josef in der „Elisabeth“-Aufführung.

Foto: Herbert Schulze

Wenn es um die österreichische Kaiserin Elisabeth geht, dann wird kein Klischee ausgelassen: Sie war strahlend schön, sie war traurig, sie sah aus wie Romy Schneider und alle hatten sie lieb. Doch Fans der Sisi-Filme sollten ihre Träumereien vergessen, wenn sie das Musical "Elisabeth" besuchen, das im Capitol Theater Premiere feierte.

Autor Michael Kunze hat ein anderes Bild — laut Untertitel "die wahre Geschichte der Sisi" — gezeichnet, Sylvester Levay dazu die Musik geschrieben. Harry Kupfer, einer der großen Opernregisseure, hat das Musical neu inszeniert und die Tourneeproduktion überzeugend auf die Bühne gebracht.

Durch ein Videodesign reisen die Zuschauer in die Alpen und an den Wiener Hof. Die Drehbühne bietet überraschende Effekte: Da reitet der Hofstaat auf Plastikpferdchen, da fahren Caféhaustische über die Bühne, da kommen am Ende Elisabeth und Kaiser Franz Josef nicht mehr zusammen, weil sie sich wie Figuren in einem altmodischen Wetterhäuschen bewegen.

In der dreistündigen Aufführung, die nie langweilig ist, sind es die comic-haften, manchmal auch satirischen Szenen, die Spaß machen. Elisabeth begegnet ihrer Doppelgängerin im Irrenhaus. Die Hofdamen kommen mit Shampoos und Cremes angetanzt, als präsentierten sie ein Zehn-Gang-Menu. Aber die Bühneninszenierung lässt auch Bösartiges aus dem 20. Jahrhundert herüberschwappen, wenn das Ensemble in nazigleichen Uniformen einmarschiert, um die Egozentrik der Kaiserin zu charakterisieren.

Zwischendurch wird es wieder kitschig bis schnulzig. Aber dieser Kontrast macht das Ganze so reizvoll. Dazu noch ein wenig Poesie durch den Tod (Oliver Arno), der im schneeweißen Anzug auf der Bühne mit starrem Blick agiert. Er, der Tod, ist die eigentliche Liebe von Elisabeth (Annemieke van Dam), die in wunderschönen Roben über die Bühne schwebt. Auch wenn die 27-jährige Niederländerin musikalisch in den Höhen schwächelte, überzeugte ihre schauspielerische Leistung vom kleinen Mädchen zur alternden, egozentrischen, kränkelnden Kaiserin.

Sie spielt die Elisabeth als Mensch und Mutter, Kind und Kaiserin, Feministin und Frau. Sie ist geliebt und ungeliebt, verzweifelt und kann am Ende nicht mehr lieben. Das berührt die Zuschauer. Vor allem dann, wenn van Dam den wohl berühmtesten Song des Musicals singt: "Ich gehör nur mir" — mal lyrisch-leise, dann wieder kraftvoll.

Faszinierend aber auch die Arbeit hinter der Bühne. Allein Annemieke van Dam bekommt sieben Mal neue Frisuren. Dabei sind die Perücken bis zu drei Kilogramm schwer, denn die österreichische Kaiserin war berühmt für ihre lange Lockenpracht. 16 Mal wechselt die Künstlerin ihre Kleidung und altert während der Aufführung um 50 Jahre.

Gleiches geschieht mit Kaiser Franz Josef. Der Wiener Markus Pol setzt als Kaiser menschelnde Akzente in die Aufführung. Die meisten Sympathien gehören allerdings Elisabeths Sohn: Szenenapplaus für den zehnjährigen Tobias Falkenburg, der rührend den kleinen Rudolf spielt. Der erwachsene Kronprinz als malträtierter, vernachlässigter Sohn Sisis — ein gelungener Auftritt von Thomas Hohler. Und dann noch die böse Schwiegermutter. Brillant-biestig und charakterstark: Christa Wettstein als Erzherzogin Sophie. Hübscher Regieeinfall: Ausgerechnet Sisis Mörder Luigi Lucheni führt als pfiffiger Erzähler durch die Handlung. Bruno Grassini brilliert mal als Luftikus, mal als ironischer Beobachter in dieser Rolle.

"Elisabeth" ist ein nicht immer leicht zu verstehendes Musical, doch dank opulenter Bühnen- und Lichttechnik, aufwändig gestalteter Kostüme, hübscher Choreographien und bekannter Ohrwürmer bekommt jeder Besucher etwas von dem, was er erwartet. Und wenn Sisi zum Schluss stirbt, gibt es ein Happy-End, denn sie singt im Finale ein überwältigendes Duett mit dem Tod — fast opernhaft.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort