Test in Düsseldorf So war das Fasten

Düsseldorf · Sieben Wochen haben die RP-Redakteure Nicole Lange und Christian Herrendorf gefastet. Sie verzichtete auf Alkohol und alle Tierprodukte, er auf Fleisch und Süßigkeiten.

 Auberginen statt Fleisch, Rosinen statt Schokolade: Nicole Lange und Christian Herrendorf haben sieben Wochen lang auf vieles verzichtet.

Auberginen statt Fleisch, Rosinen statt Schokolade: Nicole Lange und Christian Herrendorf haben sieben Wochen lang auf vieles verzichtet.

Foto: Andreas Bretz

Nicole Lange:

Wie schwierig war das Fasten? Es war vor allem anders als gedacht. Der Verzicht auf Alkohol tat an einigen geselligen Abenden weh, an denen guter Wein getrunken wurde und ich mich ab der zweiten Rhabarberschorle etwas verloren fühlte. Aber es irgendwie auch gut fand, mit dem eigenen Auto nach Hause fahren zu können. Das vegane Leben ohne Milch, Käse, Eier und Fleisch fühlte sich sogar gut an.

Natürlich nicht beim Ausgehen! Da musste man vorher mühsam recherchieren, ob das Lokal etwas Passendes führt, oder ich habe zäh mit Kellnern verhandelt, welches Gericht man "veganisieren" kann. Parmesan obendrauf weglassen geht ja gut. Ist in einer Soße aber Sahne verarbeitet, lässt sich nichts machen. Am Ende habe ich mehrfach schlicht Pommes gegessen. Was ich übrigens prima fand.

Zuhause war das vegane Leben oft eine Bereicherung. Es gab leckere und reichhaltige Currys mit exotischen Gewürzen und Gemüse, mit Hülsenfrüchten und manchmal Tofu. Ich habe Pasta mit Gemüsesaucen zubereitet, bunte Eintöpfe und sogar Pizza. Mit pürierten Cashewkernen statt Käse, was weit besser schmeckt, als es klingt. Statt Wurst und Käse sind viele Avocados auf meinen belegten Broten gelandet, und meine veganen Waffeln waren, glaube ich, auch ganz prima. Fleisch hat mir eigentlich nie gefehlt, auf Käse habe ich mich zum Schluss aber doch wieder sehr gefreut. Und auf - endlich - wieder echte Milch im Kaffee!

Wie oft geschummelt? Tatsächlich so gut wie nie. Es gab diesen Nachmittag mit Freundinnen im Café, als ich sehr hungrig auf meinen veganen Schoko-Birnen-Kuchen (ein Traum!) wartete. Den Cappuccino mit Mandelmilch hatte ich da schon bekommen, mit einem Keks. Ich habe einfach zugegriffen und nicht gefragt, ob der nun auch ohne Kuhmilch und Butter ist.

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Foto: Shutterstock.com/ Spectral-Design

Und es gab diesen ohnehin eher kargen Salat, den ich in einem Restaurant als einziges Gericht bestellen konnte. Als er gebracht wurde, sah das Dressing (ich hatte zu fragen vergessen) verdächtig nach Sahne aus. Aber runterkratzen wäre wirklich nicht gegangen.

Was nehme ich als Fazit mit? Ich habe die Bedeutung vor allem von Fleisch und Eiern in meinem Speiseplan überschätzt: Es geht auch mal gut ohne - und aus ethischen Gründen (Tierwohl) ist es die Mühe wert. Wie weitgehend ich künftig verzichten möchte, muss ich in den nächsten Wochen sorgsam ausloten. Für die Ostertage ist jedenfalls erstmal ein Dessert mit Sahne und Quark geplant, aber ich habe mich beim Einkaufen ertappt, wie ich im Geiste das Rezept vegan abwandelte. Ach so: In den Kaffee kommt definitiv wieder echte Milch.

Christian Herrendorf:

Wie schwierig war das Fasten? Für den schwierigsten Moment hat meine Schwiegermutter gesorgt: Mitten in der Fastenzeit brachte sie frische Maultaschen vom Metzger Schäfer aus Remseck am Neckar mit.

Im Übrigen war der Verzicht auf Fleisch überraschend einfach. Als ich vor wenigen Jahren Fleisch gefastet habe, litt ich unter akuter kulinarischer Langeweile. Mittlerweile bieten viele Restaurants vegetarische Gerichte an, die nicht nur aus Tomaten und Mozzarella bestehen. Und auch die Kochbücher zum Thema sind deutlich spannender geworden.

Der Verzicht auf Süßigkeiten war hingegen die Hölle. In den ersten drei Wochen sendete mein Magen an jedem Nachmittag herzerweichende Hilferufe, ohne Zucker sei an Weiterarbeiten nicht zu denken, signalisierte er. Ich habe es mir allerdings auch extra schwergemacht und sogar Marmelade und limonadehaltige Getränke gestrichen. In der zweiten Hälfte der Fastenzeit zeigte sich dann ein anderes Phänomen. Meine Tochter öffnete mehrere Meter von mir entfernt eine winzige Tüte Gummibärchen, die ich riechen konnte, als hinge sie unter meiner Nase. Bei einem Pressegespräch stellte jemand netterweise Muffins auf den Tisch, deren Geruch ich kaum ertragen konnte. Vor der Fastenzeit hätte ich die Muffins mal eben eingeatmet.

Wie oft geschummelt? Drei Mal. Zu Beginn der Fastenzeit habe ich bei Freunden gedankenverloren mit Schokolade umhüllte Nüsschen gemümmelt, bis mir auffiel, was ich da tue. Einmal habe ich ebenso unbedacht einen Keks verputzt, der zum Kaffee serviert wurde. Und beim Grünkohlessen auf dem Carlsplatz habe ich die Speckstückchen nicht aus dem Gemüse geangelt.

Was nehme ich als Fazit mit? Ich habe auf Süßigkeiten und Fleisch verzichtet, um zu schauen, ob und wo ich Dinge im Überfluss konsumiere. Das traf auf beides zu, deshalb soll es nach der Fastenzeit nicht mehr so werden wie früher.

Von Zucker war ich offensichtlich regelrecht abhängig. Ich freue mich sehr auf die Rückkehr von Kuchen in mein Leben, hoffe aber, dass ich erkenne, wann ich aus Langeweile oder Sucht zu Süßkram greife, und dass ich es dann lasse.

Mit dem Fleisch möchte ich es künftig halten, wie ich es mit Fisch mache. Ich schätze, dass ich etwa drei bis fünf Mal im Monat Fisch esse: Sorten, die ich bewusst aussuche und die ich mit Hilfe eines Rezepts zubereite, das mindestens interessant klingt, oder Sorten, die ich auf Planken auf den Grill lege. Den Speck werde ich auch weiter im Grünkohl lassen. Und Schwiegermutter-Besuche werden statistisch nicht erfasst.

(RP)
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