Serie So Wohnt Düsseldorf Eine Insel mitten in Oberbilk

Düsseldorf · Die Siedlung "It's" wird von vier Seiten von Häusern umgeben. Die Gebäude wirken wie eine Lärmschutzwand - ein Wohnexperiment mit glücklichem Ausgang.

 Guido Glänz und Tatjana Filges schätzen die originellen Grundrisse der Häuser und Wohnungen in Oberbilk.

Guido Glänz und Tatjana Filges schätzen die originellen Grundrisse der Häuser und Wohnungen in Oberbilk.

Foto: Bernd Schaller

"Wir fühlen uns wie auf einer Insel", das sagt jeder Bewohner, den man nach seinem Lebensgefühl im "It's" fragt. Einerseits liegt diese Insel mitten in einem der quirligsten Stadtteile Düsseldorfs: Geschäfte, Kneipen, U-Bahn - alles ist nur wenige Minuten entfernt. Andererseits: Sehen und hören lässt sich der Großstadt-Alltag an diesem Ort nicht. Stattdessen ist Vogelgesang und Pappelrauschen zu hören. Diese Siedlung war ein planerisches Experiment: Sie entstand in der Mitte einer geschlossenen Bebauung, die von vier Straßen begrenzt wird.

Früher wurden auf diesem Gelände Autos verkauft, erst von Mercedes Brüggemann, später von BMW. Dann im Jahr 2000 sollte das fast 15 000 Quadratmeter große Areal zwischen Eller-, Krupp-, Linien- und Höhenstraße verkauft werden. "Eine seltene Gelegenheit, da haben wir sofort zugegriffen", erinnert sich Hans Burow, Geschäftsführer des Gentes Wohnen GmbH. Er sieht in Oberbilk ein Trendquartier, das er mit Prenzlauer Berg in Berlin vergleicht. "Dieser Stadtteil hat sich vom Industriestandort zum Dienstleistungszentrum entwickelt. Hier sind in den verganenen Jahren ganz neue Arbeitsplätze entstanden." Für Burow der ideale Ort, um neue Wohnformen zu realisieren.

Doch zunächst erschien die Idee, auf dem ehemaligen Autogelände eine Siedlung mit 82 Wohneinheiten zu bauen, als ein ziemlich kühner Plan. Zumal die gesamte Fläche versiegelt, der Boden kontaminiert war und komplett abgetragen werden musste, um das Pilotprojekt zu realisieren. Außerdem: Würde das funktionieren, eine Siedlung, die an vier Seiten von Häusern umgeben ist? Burow: "Mit den Anwohnern rundherum hat es während der intensiven Abrissarbeiten und auch während der Bauzeit keinen Ärger gegeben." Vielleicht weil ein Info-Center eingerichtet wurde und "immer offen kommuniziert wurde, was wir planen und wie lange das etwa dauern wird." Außerdem hat der Bauträger wegen der Bedenken aus der Nachbarschaft statt der erst geplanten vier Geschosse die Gebäude um ein Stockwerk reduziert.

Für die neue Siedlung erwies sich ihre Umgebung als Segen. "Die Blockbebauung rundum funktioniert wie eine riesige Lärmschutzwand", sagt Guido Glänz, der mit seiner Frau ursprünglich geplant hatte, nur ein paar Jahre im Obebrilker "It's" zu wohnen. "Aber von Umzug reden wir schon lange nicht mehr."

So geht es den meisten Bewohnern der Siedlung. Aber sie schätzen auch die originellen Grundrisse ihrer Häuser oder Wohnungen, die alle unterschiedlich sind. Familie Filges lebt mit zwei Töchtern auf drei Etagen. Sie sind durch eine Wendeltreppe verbunden. Im Erdgeschoss befinden sich eine große Wohnküche mit Esstisch und Kinderspielecke für die beiden Töchter und ein Raum fürs Alltagsleben. Im ersten Stock liegt das gemütliche Wohnzimmer mit Bücherwand und Fernsehen, darüber die beiden Schlafzimmer und ein Bad. Das Auto der Familie parkt direkt unter dem Haus, die Tiefgarage erreichen sie durch einen eigenen Zugang. Tatjana Filges: "So lassen sich auch bei Regenwetter die Einkäufe trocken bis in die Küche transportieren. Bequemer geht's nicht."

Nähern sich Besucher der Siedlung von der Linienstraße, überqueren sie auf einem schmalen Steg einen See, was den Inselcharakter verstärkt. An seinem Ufer sitzen die Bewohner an schönen Sommerabenden auf Terrassen, die direkt über der Wasserfläche zu schweben scheinen. Im Schilf brüten im Frühling Enten, im Spätsommer zaubern Seerosen Farbtupfer auf die Wasserfläche. Der erste Eindruck: Das könnte eine Feriensiedlung sein.

Rückgrat des Quartiers ist ein 120 Meter langer autofreier "Boulevard", Treffpunkt zum Feierabendplausch und Boulespielen. Außerdem können Kinder gefahrlos Fahrrad fahren. Neulich haben alle Bewohner Tische rausgeschleppt zum gemeinsamen Sommerfest. Über den zentralen Boulevard lassen sich drei Innenhöfe erreichen, in denen Bambus in den Himmel wächst. Eine Bewohnerin hat ihren Arbeitsplatz eingerichtet, dass sie ins Dickicht blickt und vom üppigen Grün inspiriert wird. Auch zu grundsätzlichen Gedanken: "Das ist der Ort, an dem ich alt werden möchte."

(RP)
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