Düsseldorf SPD stimmt gegen Freihandelsabkommen

Düsseldorf · Basis lehnt Antrag des Parteivorstands zu TTIP-Verhandlungen ab - linker Flügel und Juristen siegen.

So turbulent ist es seit langem nicht mehr auf einem Parteitag der Düsseldorfer SPD zugegangen. Und diesmal standen nicht Personaldebatten oder interne Streitigkeiten im Vordergrund, sondern eine echte inhaltliche Debatte, wie es sich die meisten Parteien wünschen: Auf der Tagesordnung standen die transatlantischen Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (Ceta), die derzeit hinter verschlossenen Türen und unter größter Geheimhaltung verhandelt werden beziehungsweise, im Fall Ceta, auf die Ratifizierung warten.

Es ist ein komplexes Thema, das offenbar nicht alle Genossen gleichermaßen interessiert. Denn in der Aula des Geschwister-Scholl-Gymnasiums waren nur etwa 120 stimmberechtigte Delegierte, bei anderen Parteitagen sind es schon mal fast 200. Doch es wurde ein langer, spannender Freitagabend. Mehr als vier Stunden wurde leidenschaftlich und kontrovers diskutiert, es gab viel Kritik am Kurs von Bundesparteichef Sigmar Gabriel, der sich starkmacht für TTIP und Ceta, sich dafür auch verbal mit parteiinternen Kritikern rauft - am Ende stand ein für manchen überraschendes Ergebnis: Denn der Antrag des Parteivorstands, der sich prinzipiell für die Freihandelsabkommen aussprach, wurde, wenn auch sehr knapp, abgelehnt. Die TTIP-kritischen Anträge des Arbeitnehmerflügels AfA und der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen (AsJ) wurden angenommen. So etwas passiert selbst bei der diskussionswütigen Düsseldorfer SPD selten.

Parteichef Andreas Rimkus betonte bei der Begründung des Vorstandsantrags, dass die "Besonderheiten bei uns in Deutschland wichtig" seien. Dies gelte vor allem bei der Daseinsvorsorge. In der Debatte um Investitionsschutz und Schiedsgerichte, die mit den Abkommen gelten sollen, stelle sich die Frage, ob solche Verträge zwischen rechtsstaatlichen Handelsblöcken notwendig seien. Der formulierte Antrag antwortete mit einem klaren "Ja, aber nicht um jeden Preis". Neben der Daseinsvorsorge müsse auch die kommunale Selbstverwaltung gewahrt, dürfe das demokratische Recht nicht ausgehebelt werden. Den Genossen ging das nicht weit genug. Sie lehnten ab.

Der AfA-Antrag kritisierte vor allem die Gefahren für die kommunale Daseinsvorsorge, der Antrag der Juristen setzte sich detailliert mit den Folgen auseinander - von Kulturförderung über Handelsströme, die zu Ungunsten von Entwicklungsländern verlaufen könnten, bis zu Sondergerichten außerhalb staatlicher Gerichte. Ihr Fazit: Verhandlungen und Ratifizierungen von TTIP und Ceta sollen abgebrochen, die Bürgerinitiative "Stopp TTIP" soll zugelassen werden. Nach einer Debatte, in der sich auch viele junge Mitglieder zu Wort meldeten, schloss sich eine Mehrheit an. SPD-Abgeordnete in den Parlamenten von Europa, Bund und Land sollen sich nun für den Stopp einsetzen. "Das war ein außergewöhnlicher Akt der Partei-Demokratie", so Parteigeschäftsführer Günter Freitag.

(RP)
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