Lokalsport Najafis nächstes Ziel: Europameister

Düsseldorf · Aria Najafi ist traurig. Der deutsche Box-Juniorenmeister im Halbmittelgewicht sollte den Vorkampf bei Klitschkos Weltmeisterschaftskampf in der Esprit-Arena bestreiten, erlitt aber einen Handbruch und wird nicht rechtzeitig fit.

Die Halle ist leer, die Luft riecht nach Schweiß und an einem Tisch in der Ecke sitzt Aria Najafi mit verbundener Hand. Der 23 Jahre alte Profi-Boxer ist vor drei Wochen deutscher Juniorenmeister geworden. Nach zehn Runden gegen den Essener Dominik Tietz war er einstimmiger Punktsieger. Das war ein wichtiger Karriere-Schritt. Der nächste aber ist geplatzt. Najafi sollte einen Vorkampf beim Boxabend mit Weltmeister Wladimir Klitschko in der Esprit-Arena bestreiten. Doch der Düsseldorfer hatte in der siebten Runde seines Titelkampfes einen Handbruch erlitten und muss acht Wochen pausieren. Der Traum vom Kampf vor 50.000 Zuschauern ist vorbei. Ein herber Schlag.

Davon will Trainer Stefan Freudenreich nichts wissen und grätscht sofort dazwischen: "Das wäre ein tolles Erlebnis gewesen, aber mehr nicht. Ein herber Schlag wäre es für Ari gewesen, wenn er den Titelkampf verloren hätte. Aber den hat er gewonnen, und das ist viel wichtiger." Aria Najafi nickt und ist wieder in der Spur, auf dem Weg nach oben in seiner noch jungen Karriere - auch wenn er am 28. November bei Klitschkos Titelverteidigung gegen Tyson Fury nur als Zuschauer am Ring sitzen wird.

Mehr als zehn Jahre ist es her, dass Aria Najafi mit dem Boxsport in Kontakt gekommen ist, aber er erinnert sich noch genau: "Es war auf der Oberkasseler Kirmes in der Boxbude. Da habe ich mich mit einem Freund reingeschlichen, weil wir keine sieben Euro für den Eintritt hatten. Da herrschte damals richtig gute Stimmung, wenn sich Leute vor den Kopf gehauen haben." Darüber kann er heute nur schmunzeln.

Starke Männer im Ring, johlende Kerle am Rande - diese Stimmung hat ihm zwar gefallen, beeindruckt hat ihn aber etwas anderes. "Ich hatte vorher schon andere Sportarten ausprobiert", sagt Aria Najafi. "Ich hatte bei Fortuna Fußball gespielt und beim ART Basketball. Aber beim Boxen hat mich gereizt, dass ich im Ring ganz auf mich allein gestellt bin. Eine Konzentrationsschwäche, und der Kampf ist vorbei. Das ist hart - nicht nur körperlich."

Aria Najafi, in Hamburg geboren, aber seit seinem zweiten Lebensjahr in Düsseldorf, hat sich als Zwölfjähriger für das Boxen entschieden. Er hat sich bei Bayer Leverkusen angemeldet. "Weil das der beste Verein war", sagt er. Er wollte die Sportart lernen, möglichst gut ausgebildet werden. Dafür hat er viel investiert. "Ich bin jeden Tag zum Training mit der S-Bahn nach Leverkusen gefahren. Bayer hat mir das Ticket bezahlt." Mit 14 Jahren hat er seinen ersten Kampf bestritten, an den er sich natürlich noch erinnert - im Südstadion. Natürlich hat er gewonnen. Er war Mittelrheinmeister und Westdeutscher Meister, den Kampf um die deutsche Amateurmeisterschaft der Junioren hat er aber verloren: "Gegen Olympiasieger Arthur Brill. Es war mein neunter Kampf, für ihn war es der 109."

Mit 15 Jahren hat er Bayer Leverkusen verlassen, weil er dort erst mit 24 Jahren Profi werden sollte, und ist zu Stefan Freudenreich gewechselt. Der ist nicht nur Trainer, sondern betreibt die Trainingshalle in Derendorf an der Duisburger Straße. "Fitnessboxen. Mehr als nur stumpfes Eindreschen", lautet ein Slogan, mit dem er Sportler beiden Geschlechts und unterschiedlichster Disziplinen anspricht. So bereiten sich u.a. die Eishockeyspieler der DEG in der Sommerpause bei ihm vor.

Freudenreich hat Najafi unter seine Fittiche genommen und ihn weitergebildet. "Er hat Talent und Technik und erreicht dadurch vieles, was sich andere durch Kraft erarbeiten müssen." 2012 hat Najafi seinen ersten Profikampf absolviert. "Natürlich sollte niemand mit zwölf Jahren Kämpfe bestreiten, dann ist er mit 18 verheizt. Es reicht, wenn einer mit 18 damit anfängt", sagt der Coach.

Freudenreich ist für Najafi aber mehr als nur ein Trainer. "Er ist für mich wie ein Vater, Bruder, Freund. Ich hatte schon viele Angebote; andere hätten direkt unterschrieben, ich würde vorher immer mit Stefan sprechen", sagt Najafi, der in Köln Sport und Gesundheitswesen studiert. Sein Vater lebt in den USA, wo er oft und gerne hinfliegt. Dort hatte er ein Erlebnis der besonderen Art: "Ich wollte einen Kampf von Mayweather live sehen und habe mir die billigste Karte gekauft. 530 Dollar hat sie gekostet. Ich saß oben unter dem Dach, und in der zweiten Runde war der Kampf vorbei."

Freudenreich und Najafi bilden ein Team, das einen Plan und klare Ziele hat. Der nächste Kampf soll am 11. März im Stahlwerk steigen, bis zum Sommer sollen zwei weitere folgen. "Im nächsten Jahr streben wir einen Kampf um die Europameisterschaft an", sagt Stefan Freudenreich. "Dazu muss Ari in der Rangliste aber noch etwas hochklettern. Mit dem Stahlwerk als Location im Rücken ist das möglich."

800 Zuschauer im Stahlwerk waren jüngst beim Titelgewinn begeistert. Doch als seine Freunde anschließend mit Najafi feiern wollten, büchste er aus: "Meine Mama ist nicht dagegen, kommt aber nicht zu meinen Kämpfen. Anschließend will sie mich aber sehen und checkt mich. Also bin ich erst mit dem Gürtel nach Hause, sonst hätte meine Mama nicht schlafen können, und dann bin ich zur Feier."

(ths)
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