Lokalsport Segler entsetzt: Fäkalien und tote Ratten

Düsseldorf · Gut fünf Monate vor Beginn der Olympischen Spiele in Rio ist die hygienische Situation in der Segelbucht unverändert katastrophal. Die Organisatoren scheinen der Verschmutzung weiterhin nicht Herr zu werden.

 Die Guanabara-Bucht gleicht weiterhin einer Kloake: Eine Puppe, Schuhe und reichlich Müll liegen im verschmutzten Wasser.

Die Guanabara-Bucht gleicht weiterhin einer Kloake: Eine Puppe, Schuhe und reichlich Müll liegen im verschmutzten Wasser.

Foto: AP

Hausmüll, Fäkalien, tote Ratten, Präservative - Heiko Kröger ist entsetzt. Was Deutschlands Segler des Jahres fünf Monate vor Beginn der Olympischen Spiele (5. bis 21. August) in den Gewässern vor Rio de Janeiro erlebte, nährt die schlimmsten Befürchtungen. Die Guanabara-Bucht gleicht noch immer einer Kloake, die Wettkämpfe könnten für die Athleten zu einem unkalkulierbaren Gesundheitsrisiko werden.

"Es würde viele gute Gründe für einen Boykott geben, aber den müsste der DOSB beschließen", sagte der 49-Jährige dem NDR nach seinen Testfahrten im Februar. Trotz aller angekündigten Maßnahmen zur Säuberung scheinen die Organisatoren der schweren Verschmutzung weiter nicht Herr zu werden. Er sei "maßlos enttäuscht von den Weltsportverbänden" und dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC), sagte Kröger, der bei den Paralympics vom 7. bis 18. September eine Medaille in der 2.4mR-Klasse anstrebt.

Die von der Stadt Rio unter dem Titel "Clean Guanabara" angekündigten zwölf Schritte zur Säuberung der Bucht verfehlen das Ziel einer angemessenen Wasserqualität bislang. Unter anderem sollen spezielle Boote und Säuberungsstellen an Zuflüssen zu einer erheblichen Verbesserung des Status quo beitragen. Doch die kurzfristigen Bemühungen können die Umweltverfehlungen aus vielen Jahrzehnten nicht im Handumdrehen neutralisieren.

Dass IOC-Präsident Thomas Bach kürzlich lobende Worte für den Baufortschritt der brasilianischen Organisatoren fand, erstaunt Kröger. "Also entweder hat sich Herr Bach ganz böse aus dem Fenster gelehnt oder er hat die Segler nicht gemeint", sagte der Paralympics-Sieger von Sydney 2000: "Der Hafen für die Segler sollte letztes Jahr fertig sein. Dann hieß es spätestens im Januar, jetzt ist die Rede von März." Auch die Wasserqualität sollte "längst in einem erträglichen Zustand sein", so der Segler: "Da kann ich nur mit dem Kopf schütteln."

Welche Konsequenzen die Verschmutzung für die Sportler haben kann, erfuhr die deutsche Olympia-Hoffnung Erik Heil bereits am eigenen Leib. Bei den Testregatten im olympischen Gewässer im vergangenen August infizierte sich der 49er-Europameister mit multiresistenten Keimen. Mehrere Stellen an seinen Beinen und der Hüfte mussten im Krankenhaus ausgeschabt werden, Heils Immunsystem machte schlapp. Kröger hat sich vor der Reise nach Rio nun "gegen alles impfen lassen, was möglich ist". Zudem versuchte er, während des Trainings so wenig Wasser wie möglich in den Mund zu bekommen. "Ich denke, dass das Risiko zu erkranken relativ hoch ist", sagte der Athlet des Kieler Yacht-Clubs. Aber er gehe davon aus, dass die Chance, die Wettkämpfe gesund über die Bühne zu bringen, dennoch höher sei.

Deutlich entspannter als die Segler blicken die Langstreckenschwimmer und Triathleten den Wettkämpfen vor der brasilianischen Millionenmetropole entgegen. Sie kämpfen nahe der Copacabana und nicht in der Guanabara-Bucht um Edelmetall. "Ganz sauber ist es dort auch nicht. Aber das war es im Hyde Park 2012 in London ja auch nicht", sagte ein Sprecher der Deutschen Triathlon Union (DTU).

"Es ist absolut unproblematisch", sagte Stefan Lurz, Bundestrainer der Langstreckenschwimmer: "Das Wasser hat eine ordentliche Qualität und ich habe in den fünf, sechs Jahren, als wir da waren, noch nie ein Problem gesehen."

Ganz im Gegensatz zu Kröger.

Das Eishockeyspiel zwischen der DEG und Augsburg war beim Druck dieser Ausgabe noch nicht beendet.

(sid)
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