Düsseldorf Stadt der Leckerschmecker

Düsseldorf · Kochen, Essen und Genießen - für viele Düsseldorfer ist die Küche Lebensmittelpunkt. Gastronomie und Handel profitieren davon.

 Genuss als Lebensgefühl: Beatrix Ketteler und Stefan Evening genießen die Atmosphäre beim Einkaufen und Verkosten.

Genuss als Lebensgefühl: Beatrix Ketteler und Stefan Evening genießen die Atmosphäre beim Einkaufen und Verkosten.

Foto: Hans Jürgen Bauer

Das Pling ist ein aussterbendens Geräusch in Düsseldorfer Wohnungen. Zumindest, wenn man Hüseyin Kaya glaubt. Seit 15 Jahren verkauft und plant Kaya beim Möbelhaus Schaffrath Küchen. Mikrowellen, die eben jenes charakteristische Geräusch erzeugen, werden von seinen Kunden in letzter Zeit kaum noch gefragt. "Heute wollen die Leute Dampfgarer", sagt Kaya, an dessen Planungen sich sehr gut ablesen lässt, wie sehr das Thema Kochen, Essen und Genuss inzwischen in den Köpfen der Menschen verankert ist.

Düsseldorf ist die Stadt der Leckerschmecker. Veranstaltungen für Gourmets und rund ums Essen finden das ganze Jahr über statt. Gleichzeitig laufen Gastro-Aktionen wie "Tour de menu gusto", "Düsseldorfer Spitzenköche" und "So geil isst Düsseldorf", in mehr als fünf Kochschulen büffeln derweil die ambitionierten Hobbyköche der Landeshauptstadt in lange Zeit vorher ausgebuchten Kursen wie "Saucen selbst gemacht" oder "Kreative Fischküche Teil II" das kleine und große Einmaleins am Herd.

Handel und Gastronomie profitieren von dem Boom und natürlich die Stadt selbst, die durch Feinkost- und Fachgeschäfte ihren Ruf als Klein-Paris weiter festigt. Denn die Küchen, die Kaya plant, werden nicht nur teurer und größer ("50.000 bis 100.000 Euro sind keine Seltenheit"), sie müssen auch dementsprechend benutzt und bestückt werden.

Etwa mit einer Reibe von Microplane, die "jeder professionelle Koch in seinem Koffer hat", wie Frank Kappenstein, Geschäftsführer des Küchenausstatters "Butch" in der Tussmannstraße weiß. "Helden am Herd" lautet der Slogan seines Unternehmens, das seit fünf Jahren mit Töpfen, Pfannen, Messern, Schalen und Schneebesen stetig steigende Umsätze verzeichnet. Dabei gilt: Was für den Sternekoch gut ist, kann für den Düsseldorfer Hobbykoch nicht schlecht sein. So landen, wenn es dann doch mal schnell gehen soll, die Fischstäbchen für die Kinder nicht selten in einer 32 Zentimeter-Kupferpfanne der Edelmarke de Buyer, die Kappenstein für 532 Euro im Sortiment hat. "Der Wunsch nach vernünftigem Werkzeug ist groß", sagt Kappenstein, alles rund um die Küche nehme bei den Düsseldorfern einen großen Stellenwert ein.

Ähnlich sieht es in den Kaufhäusern der Stadt aus. "Küchengeräte werden immer mehr zu Prestigeobjekten, und die Nachfrage ist dementsprechend sehr hoch", sagt Jan Schnatmann, Geschäftsführer der Galeria Kaufhof an der Königsallee. Inzwischen können die Kunden auch hier Edelmarken wie Kitchen Aid, Smeg, Le Creuset, Dibbern und Villeroy & Boch kaufen. Das Kaufhaus hat damit auf die Nachfrage reagiert. Angepasst hat es auch sein Sortiment bei den Lebensmitteln. "Auch hier nehmen wir einen steigenden Qualitätsanspruch wahr. Der Genuss von Lebensmitteln wird bewusster. Die Menschen beschäftigen sich damit, was sie essen und wo es hergestellt wurde", sagt Schnatmann, der erlesene Olivenöle und exotische Salzsorten zu den Rennern seines Sortiments zählt. Wie hoch die Umsätze in Düsseldorf im Genuss-, Feinkost- und Küchenbereich sind, weiß man nicht. Der Einzelhandelsverband ist sich jedoch sicher, dass sie stetig größer werden. "Die Vorweihnachtszeit ist immer ein Gradmesser für uns, weil hier besonders hochwertig eingekauft wird", sagt Sprecherin Anne Linnenbrügger-Schauer. 2013 sei der Zuwachs in dem Warensegment zum ersten Mal sehr groß gewesen, und er habe sich seitdem stetig in der Vorweihnachtszeit gesteigert. "Viele Kunden nutzen das Kochen als Ausgleich zum Alltag", die Vielfalt der angebotenen und gekauften Lebensmittel spiegele diesen Trend wieder.

Das neue Lebensgefühl um die Lebensmittel zeigt sich nicht zuletzt im Straßenbild der Stadt. Spezialitätenläden, Kaffeeröstereien, Weinhandlungen entstehen selbst außerhalb der Innenstadt. Der Biomarkt um die Ecke gehört inzwischen ebenso zum Düsseldorfer Straßenbild, besonders in den Gründerzeitgebieten und Neubauvierteln innerhalb des S-Bahnrings, wo das sogenannte neue Bürgertum sich eingerichtet hat, gut gebildet, gut verdienend und dementsprechend qualitätsbewusst. Nicht zuletzt profitiert eine alteingesessene Institution wie der Carlsplatz von der Qualitätsoffensive, auch wenn die Konkurrenz größer wird. Das prominenteste Beispiel ist hier wohl das entstehende Zurheide-Center im ehemaligen Kaufhof an der Berliner Allee, das mit Food-Ständen, Livecooking und einem 600 Quadratmeter großen Bio- und Vegan-Markt die Düsseldorfer für sich gewinnen will.

Nicht zuletzt profitiert auch die Stadt selbst. So schwärmen die Messegäste wenn sie aus ihnen empfohlenen Neueröffnungen wie dem L'arte in Cucina, am Gerricusplatz, dem Naniwa an der Oststraße oder dem Kytaro an der Grafenberger Allee kommen. Gault Millau-Chefredakteurin Patricia Bröhm sieht Düsseldorf in der Spitzengastronomie deutschlandweit zwar nur auf dem sechsten Rang. Das liege aber daran, dass "Geselligkeit für den Düsseldorfer einen höheren Stellenwert als Kochkunst" habe.

(RP)
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