Andrea Pufke "Stadt hat die Pflicht, Denkmäler zu erhalten"

Düsseldorf · Geht es um Denkmäler in NRW, wird die Landeskonservatorin Andrea Pufke aktiv - so war es vor dem Abriss des Tausendfüßlers, so ist es jetzt beim Schauspielhaus.

 Landeskonservatorin Andrea Pufke kritisiert die "radikalen Ansätze" von Oberbürgermeister Geisel beim denkmalgeschützten Schauspielhaus.

Landeskonservatorin Andrea Pufke kritisiert die "radikalen Ansätze" von Oberbürgermeister Geisel beim denkmalgeschützten Schauspielhaus.

Foto: Evers

Das denkmalgeschützte Schauspielhaus ist in der Diskussion. OB Thomas Geisel zieht einen neuen Standort in Erwägung, brachte sogar einen Abriss ins Spiel. Wie finden Sie das?

Pufke Es ist ein radikaler Vorstoß, der nicht förderlich ist und mich überrascht, aber nicht erschüttert.

Warum?

Pufke Weil es solche radikalen Ansätze immer wieder gibt. Das war so bei den Mauern am Rande des Gründgens-Platzes, die Teil des Denkmals sind, das ist beim geplanten Abriss des Kassenhäuschens ähnlich. Insofern sind die Gedanken des Oberbürgermeisters logisch. Allerdings finde ich es bei einer solchen Architektur-Ikone kurios, zumal wir gerade am Beginn der Gespräche zur Sanierung sind.

Erleben Sie oft Radikales?

Pufke Solche Vorstöße gibt es häufiger. Das ist klassisch bei Kommunen, die bei knappem Haushalt Schwerpunkte setzen müssen. Meist wurden die Gebäude jahrelang vernachlässigt, dann wird es teurer als erwartet und dem Denkmal angelastet. Deshalb empfehlen wir, kontinuierlich Rückstellungen zu machen und die Gebäude zu unterhalten. Beim Schauspielhaus wissen wir allerdings noch gar nicht, ob und wie stark die Fassade überhaupt saniert werden muss. Wir haben mehrfach die Beratung durch unsere Fachleute angeboten.

 Die Fassade des Schauspielhauses

Die Fassade des Schauspielhauses

Foto: RPD_CenterTV

Stattdessen wurde Christoph Ingenhoven damit beauftragt, der auch die Randbebauung des Gründgens-Platzes entworfen hat und den Kassenbereich des Theaters durch einen Glasbau ersetzen will. Ist das üblich?

Pufke Es ist nicht unüblich, dass Architekturbüros das machen. Wir werden das Gutachten beurteilen, sobald es bei uns vorliegt. Wirklich bemerkenswert finde ich aber, dass Herr Ingenhoven den Bau seines Kollegen Bernhard Pfau schlechtmacht. Ein Denkmal darf sich auch verändern. Es stört mich aber sehr, wenn der planende Architekt erst einmal etwas schlechtredet - das verstößt gegen das Berufsethos.

Oberbürgermeister Geisel redet auch nicht gut über das Gebäude ...

Pufke Dabei ist er als Chef der Unteren Denkmalbehörde in der gesetzlichen Pflicht, Denkmäler zu erhalten. Das heißt, er muss alles tun, um das Denkmal zu erhalten. Wenn man direkt beim Ergebnis anfängt, haben wir gar keine Chance, unsere Sachkompetenz einzubringen.

Das Beispiel der Hochstraße Tausendfüßler hat gezeigt, dass der Abriss eines Denkmals möglich ist. Wie läuft so ein Verfahren?

Pufke Die Stadt muss das Schadensbild beschreiben, die Kosten berechnen und darlegen, warum die Erhaltung technisch nicht möglich ist. Bei seinem Entscheid zum Tausendfüßler hat der damalige Minister argumentiert, dass das Bauwerk als Denkmal nicht zu erhalten sei, weil mehr als 50 Prozent der Substanz hätten ausgetauscht werden müssen. Ein Kriterium ist auch die wirtschaftliche Zumutbarkeit, die aber bei Bauten im öffentlichen Eigentum wegen der Vorbildrolle der öffentlichen Hand schwerer nachzuweisen ist. Das Schauspielhaus ist eine Ikone der Moderne, da gibt es Stiftungen und Bundesmittel, die die Stadt bemühen kann. All das muss in die Abwägung einbezogen werden.

Geisel hat auch einen Wiederaufbau nach Original-Plänen nachgedacht. Wäre das eine Lösung?

Pufke Eine Rekonstruktion ist ein Neubau, also kein Denkmal mehr.

Und eine angedachte andere Nutzung des Gebäudes?

Pufke Umnutzungen, etwa von Kirchen, Schulen oder Schwimmbädern, gehören zu unserem täglichen Geschäft. Das ist möglich, muss aber auch von uns begleitet werden.

Welches Druckmittel haben Sie?

Pufke Wir als Fachamt treffen keine Entscheidungen, stellen aber unser Wissen zur Verfügung, unter anderem, um Denkmäler als besondere Orte und nicht als Verhinderer der Stadtentwicklung zu sehen.

Denisa Richters führte das Interview.

(RP)
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