Wohnraum in Düsseldorf "Stadt soll günstiges Bauland bieten"

Düsseldorf · Die Düsseldorfer Politik streitet weiter über die Möglichkeiten im sozialen Wohnungsbau. Wir sprachen mit Wolfgang Döring, Düsseldorfer Architekt und emeritierter Professor für Architektur an der RWTH Aachen, über die Alternativen.

 Architektur-Professor Wolfgang Döring: "Von einer festen Quote für sozialen Wohnungsbau halte ich gar nichts. Wer soll diese festlegen. Wir leben ja nicht in einer Diktatur."

Architektur-Professor Wolfgang Döring: "Von einer festen Quote für sozialen Wohnungsbau halte ich gar nichts. Wer soll diese festlegen. Wir leben ja nicht in einer Diktatur."

Foto: Ulli Dackweiler

Herr Döring, die SPD und der Präsident der Architektenkammer NRW, Hartmut Miksch, fordern unisono, bei Neubauvorhaben eine feste Quote für sozialen Wohnungsbau festzulegen, um den Wohnungsmangel im unteren Segment zu lindern. Was halten Sie von der Forderung?

Döring Von einer festen Quote halte ich gar nichts. Wer soll diese festlegen? Wir leben ja nicht in einer Diktatur.

Aber die Stadt München meldet große Erfolge mit dieser Regelung...

Döring Ich weiß nicht im Detail, wie das in München gelöst wird, aber ich halte nichts von solch rigiden staatlichen Eingriffen in den Wohnungsmarkt. Solche Maßnahmen könnten den freien Markt beeinträchtigen.

Gibt es eine freiwillige Lösung?

Döring Da wären die Verkäufer von Grundstücken ja wohl sehr naiv. Wer verkauft ein Grundstück für 300 Euro je Quadratmeter, wenn er 1000 Euro bekommen kann. Das müsste schon ein sehr sozial veranlagter Mensch sein.

Heißt das, preiswerte Wohnungen sind in Düsseldorf nicht möglich?

Döring Oh doch. Ich sehe die Stadt in der Pflicht. Sie sollte freie Grundstücke kaufen und dann als preiswerten Baugrund zur Verfügung stellen. Das ist eine Möglichkeit, den Wohnungsmangel im preiswerten Segment in Düsseldorf zu beheben.

Aber das kann teuer werden.

Döring Da gebe ich Ihnen recht. Das könnte teuer werden, aber das muss sich Düsseldorf leisten. Es ist die praktikabelste Lösung verglichen mit einem unverhältnismäßigen Eingriff in den Markt, wie etwa eine Quotenregelung.

Manche Politiker stehen auf dem Standpunkt, Düsseldorf sei immer teuer gewesen, und es gebe nun einmal kaum preiswerten Wohnraum. Die Alternative ist es, Zuzügler in das preiswertere Umland zu verweisen.

Döring Das kann nicht allen Ernstes die Alternative sein. Schauen Sie sich die täglichen Pendlerströme an, die morgens in die Großstadt drängen und sich abends wieder rausschieben. Das darf nicht noch weiter verstärkt werden. Wir müssen es schaffen, dass man auch in Düsseldorf selbst preiswert wohnen kann.

Welche Möglichkeiten bieten sich?

Döring Eine Alternative ist es, mit Wohngeld zu arbeiten. Wer in Düsseldorf keine günstige Wohnung findet, erhält einen öffentlichen Zuschuss. Damit hat man auch das Problem gelöst, dass es irgendwo zu einer Ballung von Sozialwohnungen kommt.

CDU-Bürgermeister Friedrich Conzen hat Bedenken geäußert, dass es zu sozialen Brennpunkten kommen könnte, wenn zu viele Sozialwohnungen ein einem bestimmten Areal sind. Teilen Sie die Sorge?

Döring Nein, das halte ich für Quatsch. Das angesprochene Grafental und das benachbarte Flingern, das sind ja keine Problemviertel. Das sind heute bürgerliche Gegenden. Da wird ein Bild gezeichnet, das man vielleicht im Hamburger Stadtteil St. Georg findet. Wir haben keine vergleichbaren Ghettos in Düsseldorf. Sozialer Wohnungsbau zieht ja nicht irgendwelche finsteren Gestalten an, vor denen man sich fürchten müsste. Es geht hier um Wohnungen für ganz normale Durchschnittsverdiener, Bahnschaffner, Polizisten, Kindergärtnerinnen, und nicht zu vergessen die vielen Studenten — es ist die Mittelschicht, die dringend Wohnungen braucht

Sie sprachen preiswerte Grundstücke an — aber die Bebauung kostet ja dann doch immer gleich viel.

Döring Keineswegs. Es gibt durchaus Wege, günstiger zu bauen. Man muss keine drei Meter Deckenhöhe haben und irgendwelchen Schnick-Schnack. Ich fahre jeden Tag an den entstehenden Heine-Gärten vorbei. Das ist hochpreisig, aber bei genauerer Betrachtung ist das ein verschnörkelter Plattenbau. Es gibt dutzende Möglichkeiten, preiswerter und trotzdem schön zu bauen. So kann man Wohnungen mit Miet-Quadratmeterpreisen zu sieben oder acht Euro schaffen.

Thorsten Breitkopf führte das Gespräch

(RP/jco)
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